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Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Titel: Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken
Autoren: Lene Kaaberbol
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verschlafenes »Au!« von sich gab. Wir mussten beide lachen. Und dann mussten wir uns noch mal umarmen, dieses Mal ein bisschen vorsichtiger.
    »Wir haben euch seit Stunden gesucht«, sagte Oscar. »Isa meinte, ihr wärt in der Nähe des Strands, aber wir konnten euch einfach nicht finden.«
    »Nein«, sagte ich. »Wir waren in einer Höhle. Einer … einer unterirdischen Grotte. Es … es war schwierig den Ausgang zu finden.« Ich merkte plötzlich, wie meine Beine zitterten, und ich musste mich in die Hocke gleiten lassen, um nicht hinzufallen.
    »Bist du okay?«, fragte Oscar und sah mich besorgt an.
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich zögernd, denn es gab so vieles, was mich innerlich aufwühlte. Die Viridian-Stimme war für den Moment verstummt, aber ich erinnerte mich genau, wie es gewesen war, mich selbst mit ihren Augen zu sehen und ein kleines unwissendes, unausgebildetes Kind zu sehen. Nicht schön. Und ich hatte das beängstigende Gefühl, im Innern zu bluten, nicht im Magen oder der Lunge oder so, sondern in dem Innern , aus dem der Wildsinn, die Blutkunst und all diese Dinge kamen. Mag sein, dass ich keinen Messerstich und auch keinen Haivogelbiss davongetragen und dabei jede Menge Blut verloren hatte, aber verletzt war ich trotzdem. Nur an einer anderen Stelle. Ich hatte keine Ahnung, wie man solche Wunden heilen konnte, aber vielleicht wusste Tante Isa es.
    All das konnte ich Oscar nicht erklären, jedenfalls nicht hier und jetzt. Ich sagte das, was am einfachsten war.
    »Ich friere. Ich spüre meine Beine schon fast nicht mehr.«
    »Komm«, sagte Oscar. »Da hinten ist eine Art Treppe. Und ich glaube, Shanaia hat den Kamin angefeuert.«
    Kater streckte sich, gähnte und versetzte mir einen Hieb mit seiner breiten Pfote. Worauf warten wir noch?
    Es war nicht der Kamin im Wohnzimmer, wie sich herausstellte – vermutlich hatten sie alle drei von diesem Zimmer die Nase voll –, sondern der hohe, weiße Kachelofen in einem Raum, den Shanaia Gartenzimmer nannte, obwohl es eindeutig mehr Zimmer als Garten war. Die einzigen Blumen waren die auf der Tapete. Aber hier konnte man plötzlich erkennen, dass dies ein Wildhexenhaus war. An den Wänden hingen Bilder von Tieren und Vögeln, in den Regalen standen Bücher über Tiere und Vögel, es gab verstaubte Gläser und Krüge mit total vertrockneten Kräutern, Nistkästen und Hundekörbchen (Luffe beschlagnahmte auf der Stelle das kuscheligste für sich) und Pappschachteln, die mit Watte und alten Zeitungen ausgestopft waren, genau wie die Igelkisten bei Tante Isa.
    »Hier«, sagte Tante Isa und reichte mir eine Tasse mit irgendeinem brühend heißen Hexengebräu. »Trink das so heiß wie möglich, aber verbrenn dir nicht die Zunge.«
    Ich saß auf einem Bambussofa mit verblasstem Blümchenbezug, die Beine hochgezogen und in drei Decken gewickelt. Nichts lag immer noch auf meinem Bauch und schlief, aber sie hatte angefangen, hin und wieder zu schnarchen und ein bisschen zu niesen. Ich hatte ihnen, so gut es ging, erzählt, was sich in der Grotte zugetragen hatte, aber es gab viel, was ich nicht ordentlich erklären konnte. Zum Beispiel, wie Chimära ihre Flügel verloren hatte.
    »Du hast sie ihr abgeschnitten?«, fragte Oscar verwirrt. »Wie denn? Mit einem Messer? Hat das nicht sehr geblutet?«
    »Nicht mit einem Messer«, sagte ich. »Es war eher so ein … es kam von hier …« Ich zeigte auf den unteren Teil meines Brustkorbs. »Ich weiß nicht …«
    »Magie?«, fragte er aufgeregt. »Hast du Magie angewendet?«
    »Ja … das … habe ich wohl.« Aber das klang auch nicht richtig. Magie, das war so was mit Zauberstab und Feuerkugeln und magischen Worten. Ich hatte noch nie von einer Magie gehört, die sich ihren Weg aus der Brust schnitt, sodass dieses seltsame Innere anfing zu bluten.
    Ich spürte Tante Isas Blick, aber ich starrte nur nach unten auf meine Teetasse.
    »Clara. Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich hätte es besser wissen müssen. Ich hätte nicht … nicht zur Blutkunst greifen dürfen.«
    »Blutkunst?«, fragte Oscar neugierig. »Was ist das?«
    »Das, was ich mit dem Rad versucht habe. Erde, Wasser, Luft und Feuer, dazu das Blut, das alles miteinander verbindet, weil Blut das alles ist: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Ich konnte spüren, dass der Vergessensfluch auf diese Weise geschaffen worden war, und deshalb kann man ihn auch nur auf diese Weise brechen. Aber stattdessen …« Sie breitete hilflos die Arme aus. »Blut hat seinen
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