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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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Katzendreckgestank verheizter Braunkohle in die Nase. Eklig diese Suppe! Aber an diesem Abend war sie ein Segen: Die Dunstglocke legte sich wie ein Filter vor sämtliche Lichtquellen und ließ selbst auf geringe Entfernung die Konturen verschwimmen. Irgendwo hier in der Nähe mussten die beiden Fahrzeuge stehen, die sie und ihren Chauffeur observieren sollten. Schlechte Karten für Pavel! Wenn die Burschen sich nicht ganz blöde anstellten, sollte er eigentlich nichts merken.
    Warum er sich im Wagen so schweigsam gab, konnte sie nur ahnen: Es kam ihm wohl nicht ganz koscher vor, dass sie erst in Doubrava stiften gegangen war und jetzt wieder die Nähe Wolskis suchte. Außerdem durfte er eigentlich niemanden zu seinem Chef bringen, ohne vorher dessen Zustimmung eingeholt zu haben.
    In Asch nahm er nicht den Weg in die Innenstadt, sondern bog nach links in die Ringstraße ein, eine Umgehung, die in den Norden der Stadt, aber auch zum Grenzübergang führte. Dass sie Pospíšil nach Deutschland bringen würde, schloss sie aus. Blieben eigentlich nur wenige Ziele: das »Blue Moon«, dann eine Kneipe, in der er ab und zu verkehrte, und das Casino. Könnte passen, denn Michail war ein leidenschaftlicher Black-Jack-Spieler, allerdings bevorzugte er normalerweise das »Casino Estor« in Eger.
    Als sie den vor der Tosta liegenden Park erreichten, holte der Fahrer sein Handy aus der Hemdtasche. Hätte ich dir gleich sagen können, du Trottel, dass du nichts erreichst, dachte sie, bemühte sich aber um besorgte Anteilnahme, als er das Telefon fluchend unter seinem Parka verschwinden ließ: »Wieder nicht? Das ist doch nicht normal!«
    Seine Antwort war seltsam unterkühlt: »Da magst du Recht haben. Hier ist einiges nicht normal.« Er bremste ab und brachte den Wagen am Straßenrand zum Stehen. Dann griff er nach dem Mikrophon seines Funkgeräts und stellte Kontakt zu einem »Petr« her, wahrscheinlich einer seiner Mitarbeiter, und beauftragte ihn, Kontakt mit Wolski im »Casino Royal« aufzunehmen, um zu erfahren, ob er »die Straková« zu sich bestellt habe.
    Gar nicht schlecht getippt! Nun war sie aber da, die Panne! Sie hatte zwar geahnt, dass da irgendetwas schieflaufen würde, aber doch nicht damit gerechnet, dass der Kerl ein paar hundert Meter vor dem Ziel solche Mätzchen machen würde! Langsam und unauffällig schob sie ihre linke Hand an den Verschluss des Sicherheitsgurtes.
    »Was soll denn das jetzt?«, fragte Pospíšil, der gerade dabei war, sich eine Zigarette anzuzünden.
    »Was?«
    »Lass das!«
    »Was soll ich lassen?«
    »Schnall dich wieder an!«
    Mist, das leise Klicken konnte er doch gar nicht gehört haben! Jetzt blickte er nach rechts und sah ihr in die Augen. Unaufgeregt und eher beiläufig meinte er: »Du bleibst hier neben mir sitzen, bis Michail sein O.K. gegeben hat! Ende der Ansage!«
    Wut stieg in ihr hoch: »Du kleiner Scheißkerl hast mir gar nichts zu sagen, ich gehe jetzt.« Mit der rechten Hand tastete sie nach dem Türöffner.
    Seine Stimme bekam einen schneidenden Ton: »Du bleibst!« Ihr Blick fiel sofort auf die silbrig glänzende Waffe, die er auf sie richtete. So viel wusste sie: Wolskis Männer konnten nicht nur mit einer Waffe umgehen, sie hatten auch keine Skrupel, sie zu benutzen. Nur würde er es wagen, auf sie zu schießen? Schließlich war sie für ihn immer noch die Geliebte des Chefs.
    Egal und noch mal egal! Alles hatte seinen Preis. Und sie hatte schon in Doubrava beschlossen, nichts schuldig zu bleiben. Raus, nichts wie raus! Links klicken, rechts am Türöffner ziehen, dann sofort ein leichter Druck und die Tür öffnete sich. Mit den Knien landete sie auf dem Fußweg. Warum schoss er nicht? Sie rappelte sich hoch und rannte in Richtung »Tosta«. Sie trug zwar Lederstiefel, aber ihre Füße schmerzten wie bei der Flucht auf dem Schotterweg.
    Der Ruf erreichte sie, als sie gerade mal zehn Meter geschafft hatte: »Bleib stehen oder ich schieße!«
    Egal! Weiter!
    Ein Schuss peitschte und der Park linker Hand sorgte für einen donnernden Nachhall. Wenn der Scheißkerl treffen will, dann trifft er! Weiter!
    Die Scheinwerfer kamen direkt auf sie zu, das Licht zunächst milchig-verwaschen, dann immer klarer. Sie wollte ausweichen und stürzte zu Boden.
    Die beiden Männer atmeten heftig. »Keine Angst, Polizei!«, rief der eine. Dann wurde sie unsanft auf den Rücksitz des Polizeiautos geschoben. »Sitzen bleiben! Wir kommen gleich zurück«, hörte sie noch, dann wurde die
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