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Wie viel kann eine Frau ertragen

Wie viel kann eine Frau ertragen

Titel: Wie viel kann eine Frau ertragen
Autoren: Anni Schwarz
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Später hat er auch meinen Namen abgelegt.
    Meine Anwältin war nicht zum Scheidungstermin erschienen, und wieder hatte ich dieses Gefühl, alleine zu sein, wie im Wohnzimmer, als meine Mutter starb, nur dass ich jetzt erwachsen war. Die Anwältin von meinem Mann beantragte dann die Scheidung. Innerhalb von fünf Minuten war ich geschieden. Auch meine zweite Ehe war jetzt kaputt. Nach dem Urteil bin ich mit Tränen in den Augen zu meinem Auto gelaufen, ich wollte nur noch nach Hause.
    Zu Hause aber warteten meine Kinder auf mich, wir wollten frühstücken und loslegen mit dem Umzug. Als ich dann zu Hause war, wollte ich nur alleine sein, aber es ging nicht. Wir mussten weitermachen. Ja, und so hatte ich keine Zeit zum Nachdenken, was da passiert war. Es war sehr viel Arbeit und auch sehr stressig. Meine Knie wollten seit Wochen nicht mehr so richtig. Ich wusste, dass ich mit beiden Knien zur OP müsste, aber dann erst mal nach dem Umzug. Diesen Tag habe ich nur mit Ibu-800-Tabletten überstanden.
    Sehr spät abends waren wir dann doch in unserer Wohnung. Langsam, aber sicher haben wir mithilfe meiner Kinder unsere Wohnung eingerichtet.
    Meine Kleine hatte ihre Schule gewechselt, ich ging weiter zu meiner Weiterbildung.
    Das Gehen fiel mir sehr schwer, ich überstand meinen Tag nur mit Tabletten. An einem Tag bin ich dann zum Orthopäden und er hat mich auch zur OP geschickt. Bis dahin war ich krankgeschrieben. Zur OP am 18. November, da wurde mein linkes Knie gemacht, hat mich mein Sohn weggebracht und abgeholt. Es wurde ambulant operiert. Bis Weihnachten 2008 war ich zu Hause und lief auf meinen Gehstützen. Auch diese Zeit habe ich mit meinen Kindern überstanden.
     
    Der nächste Termin zur OP am 22. Januar 2009 stand auch schon fest. An diesem Tag bekam ich mein Magenband. Dadurch, dass ich sehr dick wurde (am 22. Januar wog ich fast 111 kg bei einer Größe von 161 cm), wollte ich endlich mal was für mich tun. Dieses Gefühl, dass ich etwas für mich tat, war und ist schon ganz schön. Ich wollte diese Wörter nicht mehr hören: „Du bist eine fette Sau!“ Durch mein Magenband und strenge Disziplin habe ich in zwölf Monaten 27 kg verloren. Als Nächstes steht eine OP an, wo meine überschüssige Fettschürze entfernt wird. Dann bin ich endlich an meinem Ziel. Jetzt kann ich lernen, mich zu lieben. Ich darf die Achtung vor mir nicht verlieren und mein Selbstwertgefühl wird mit der Zeit steigen.
     
    Das rechte Knie war auch mal dran, und zwar am 3. März 2009. Auch hier wurde es ambulant gemacht. Diese OP war nicht so schlimm wie bei meinem linken Knie.
    Ich erholte mich langsam von allen OPs. Das Schönste war natürlich, dass ich mein Gewicht zusehends verlor. Auch nach Rücksprache mit meinen Ärzten beantragte ich eine Reha-Maßnahme. Nach circa fünf Wochen wurde diese Maßnahme genehmigt. Bettina kam natürlich mit, weil ich alleinerziehend bin.
    Aber die Weiterbildung wurde von der Seite des Rentenversicherungsträgers abgebrochen, weil ich durch diese Operationen sehr viel Zeit gefehlt habe.
    Dadurch, dass ich jetzt die Weiterbildung nicht mehr machen konnte und auch meine psychische Situation sich nicht änderte, bin ich seit dem 4. Mai noch immer krank.
     
    Die Reha war für mich sehr schwer. Die drei Jahre, die ich nur gelähmt war vor Traurigkeit, keinen Hass auf meinen zweiten Exmann hatte, waren lang genug. In der Reha, wo ich war, hat man mir vor Augen geführt, dass ich mit dieser Traurigkeit nicht leben kann. Mit diesem lähmenden Gefühl kann ich nicht leben, da bleibe ich auf der Strecke.
     
    Der ausschlaggebende Anstoß für meine Biografie kam von unserer Gruppentherapeutin. Ich bin ihr sehr dankbar dafür. Es war ein langer Weg bis zum Ziel. Der mit vielen Tränen, Fragen, Aggressionen, sehr vielen Situationen, die ich im Laufe der Zeit gelernt habe zu verstehen, gepflastert war.
     
    Eins ist mir beim Schreiben klar geworden: Die Männer unterdrücken immer nur starke Frauen, die sich wehren. Bei schwachen Frauen ist es nicht nötig.
     
    Mit meiner Lebensgeschichte möchte ich Mädchen und Frauen vor der Gewalt in der Ehe warnen. Wenn es dazu kommen sollte, wartet nicht so lange wie ich. Denkt immer daran, die Leidtragenden sind fast immer die Kinder. Es gibt in diesem Land so viele Möglichkeiten und auch Unterstützungen für die Frauen mit Kindern. Nehmt sie in Anspruch, es lohnt sich auf jeden Fall.
     
    08.02.2010 18:25 Uhr
 
 
 
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