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Wie viel kann eine Frau ertragen

Wie viel kann eine Frau ertragen

Titel: Wie viel kann eine Frau ertragen
Autoren: Anni Schwarz
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nachdem alles rauskam, war die Zeit, die ich ihm geben sollte, und das wollte ich nicht. Er spielte jetzt auf Zeit, weil sein Antrag auf deutsche Staatsangehörigkeit lief.
     
     
     

Jetzt wird mir manches klar
     
     
    Nach dem Wochenende war es sehr ungewohnt, ohne einen Mann zu leben. Es war irgendwie leer im Haus, obwohl Kinder da waren. Ich war es nicht gewohnt, ohne Mann zu leben, es war eine ganz neue Situation für mich, die mich sehr belastete. Das Gefühl, an diesem Desaster schuld zu sein, ließ mich nicht mehr los. Zu so einer Lebenssituation gehörten immer zwei, vielleicht sogar die ganze Familie meines Mannes. Er war in einer anderen Kultur aufgewachsen, hatte eine andere Erziehung genossen, nicht so eine wie ich. Er hatte auch einen anderen Glauben, nach seinen Erzählungen kann ein Mann bis zu vier Frauen haben, wenn er alle gleich behandelt. In dieser Zeit??? Für mich war es so wie Sodom und Gomorrha, und das in diesem Jahrhundert! Was ein Mann sich alles erlauben konnte! Es war für mich wie ein Kaninchenstall.
    Jetzt, wo ich alleine mit meinen Kindern lebte, hatte ich genug Zeit, über meine Ehe mit diesem Mann nachzudenken. Was vorher für mich nicht ausschlaggebend war, war zu diesem Zeitpunkt sehr präsent. Ich wusste jetzt auch, dass unsere, vielleicht auch nur meine Liebe, gar keine Chance hatte zu leben. Dafür waren wir zu verschieden und auch unsere Kulturen sehr unterschiedlich. Das, was am Anfang unserer Beziehung für mich gar nicht so große Bedeutung hatte, wurde jetzt ausschlaggebend für das Ende unserer Beziehung.
     
    Mehmed kam noch immer zu uns, fragte nach, ob ich ihm bei seinen Problemen, wie die Anträge auszufüllen, helfen könnte. Auch da war ich noch immer für ihn da, klar habe ich es gemacht. Ich liebte ihn ja noch immer, sah aber nicht, dass er mich weiter für seine Zwecke ausgenutzt hatte. Ich war so von ihm abhängig, dass ich mich nach diesen schlimmen Verletzungen noch immer habe aus- und benutzen lassen.
     
    Meine Depressionen waren jetzt noch schlimmer. Am liebsten hätte ich mich umgebracht, wenn nicht die Kinder da gewesen wären. An einem Wochenende bin ich alleine zu meiner Freundin Richtung Hamburg gefahren. Wir hatten uns über alles unterhalten, viel geweint, aber auch einen sehr schönen langen Spaziergang gemacht. Es war für mich doch etwas anderes. Aber als ich im Auto saß, liefen meine Tränen, bis ich nach Hause kam. In diesen anderthalb Stunden, die ich gefahren bin, dachte ich an nichts anderes, als den erstbesten Baum zu nehmen und mit meinem Auto da reinzufahren. Ich war ganz einfach nicht mehr imstande zu denken, zu überlegen, mein Leben hatte keinen Sinn mehr. Dieser Mann war mein Leben, er war auch meine Luft zum Atmen, er war für mich alles, was ein Mensch zum Leben brauchte. Ich war so was von verzweifelt, wie ich weiterleben sollte ohne diesen Mann, ich wusste es nicht. Die Kinder hatten auch ihren Platz, aber es war nicht der erste. Dass meine Depressionen immer stärker wurden, merkte ich auch. In solchen Momenten hatte ich keinen Stolz und auch kein Selbstwertgefühl, was mich hat noch tiefer sinken lassen.
    Als ich dann endlich zu Hause war, rief ich meinen Mann an und bettelte, dass er nach Hause kommt und dass wir es noch mal versuchen sollten. Natürlich schob ich meine Tochter vor, dass sie ihren Papi vermissen würde. Dass es mir sehr schlecht ging, merkte er auch am Telefon. Ich bettelte und weinte am laufenden Band. Es schmeichelte ihm wohl sehr, dass ich jetzt, nach allem, was er mir angetan hatte, auch noch vor ihm auf den Knien gerutscht bin. Dass ich geweint, gebettelt hatte und alles für ihn tun würde, wusste er, blieb aber trotz allem sehr hart.
    Aus diesem Dilemma hat mein Mann mich auch selbst rausgeholt. Als ich ihn fragte: „Wollen wir es nicht noch mal versuchen, Bettina vermisst dich sehr!“ Seine Worte waren für mich ernüchternd und auch sehr schmerzhaft. „Es hat keinen Sinn, es ist vorbei!“ Da wusste ich komischerweise auf einmal, dass es jetzt doch vorbei war, und auch ein befreiendes Gefühl war in mir auf einmal da.
    Nach diesem Gespräch mit meinem Mann konnte ich doch mein Leben langsam organisieren. Es ging jetzt um meine Rentenanwartschaften, unser Haus. Ich besprach mit Mehmed, dass ich einen Ehevertrag wünsche und da alles aufgenommen werden sollte, was mir wichtig war. Er war mit allem einverstanden, weil er seine deutsche Staatsangehörigkeit haben wollte. Ja, so nahm alles seinen
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