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Wie viel kann eine Frau ertragen

Wie viel kann eine Frau ertragen

Titel: Wie viel kann eine Frau ertragen
Autoren: Anni Schwarz
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Meine Herkunft und meine Familie
     
     
    Ich bin im Mai 1960 in Mittelasien in eine Großfamilie reingeboren worden. Wir waren sechs Kinder, drei Brüder und drei Schwestern, ich war das fünfte Kind. Mein Vater war sehr streng, es gab keine Gespräche, es gab immer nur ein „Machtwort“ von ihm. Wir wurden so erzogen, dass unsere Eltern nicht mit „Du“, sondern mit „Sie“ angesprochen wurden. Obwohl in dem Dorf die Kinder zu ihren Eltern auch „Du“ sagten.
     
    Uns mangelte es zu der Zeit an gar nichts. Mein Vater war neben seiner Arbeit ein Lebemann und dazu noch ein Arbeitstier. Er hatte sehr viel mit seiner harten Disziplin erreicht. Er hat sich, aber auch seine Frau und seine Kinder nicht verschont. Wir mussten sehr früh anfangen mitzuarbeiten. Das einzige Positive, was unser Vater uns mitgegeben und beigebracht hat, ist das Arbeiten .
    Er konnte sich ein Auto, ein Motorrad mit Seitenwagen und viele andere Wertsachen leisten und das im Jahre 1968. Dafür hat er sehr schwer gearbeitet. Unsere Nachbarn im Dorf haben schon meine Eltern beziehungsweise unsere Familie beneidet, weil solches Vermögen kaum einer im Dorf hatte. Was hinter den Kulissen sich versteckte, ahnte keiner. Dass es auch auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wurde, war den anderen nicht bekannt.
    Meine Eltern, meine verstorbene Mama und mein Vater, hatten ein wunderschönes Haus gebaut mit einer separaten „Sommerküche“. Im Sommer haben wir da gegessen und es wurde in diesen Räumen Marmelade, Kompott eingekocht, Gurken, Wassermelonen, Tomaten eingelegt. Wir hatten sehr viele Weintrauben im Garten und so wurde auch Wein gemacht. Wenn meine Eltern ein Schwein geschlachtet hatten, wurde es auch in diesen Räumen verarbeitet, zerlegt und verkauft.
    Unser Grundstück hatte einen sehr großen Garten mit verschiedenen Apfel-, Birnen-, Zwetschgen-, Pfirsichbäumen. Außerdem waren da sehr viele Erdbeeren gepflanzt, mehrere lange Reihen dunkle und helle Weintrauben, Kartoffeln, Zwiebeln und viel Gemüse. Neben einem großen Garten hatten wir noch Schweine, Kühe, Gänse, Enten, Hühner, Hunde und Katzen. Es musste alles gepflegt und versorgt werden. Das war Aufgabe unserer Mutter, die noch dazu im Kindergarten halbtags gearbeitet hat, und uns Kindern. Unser Vater war den ganzen Tag arbeiten.
    In unserem Dorf wurde das Wasser für den Garten zugeteilt, und wenn jemand dann dran war, auch nachts, musste seinen Garten gießen. In ihrem Zustand, meine Mutter war damals schwanger, ist sie dann auch noch nachts aus dem Bett aufgestanden, um unseren Garten zu gießen.
     
    Die Ehe meiner Eltern war unglücklich. Mein Vater war ein „Lebemann“, er hat meine Mutter nach Strich und Faden betrogen. In den siebzehn Jahren ihrer Ehe war meine Mutter neun Mal schwanger, das erste Mal sogar mit Zwillingen, die sie durch eine Fehlgeburt verloren hat. Der durchschnittliche Altersunterschied zwischen uns Kindern war eineinhalb Jahre.
     
    Soviel ich mich erinnern kann, war meine Mutter eine sehr liebe Person. Sie hat uns ein Zuhause voller Liebe, Geborgenheit, Anerkennung, Streicheleinheiten, Nähe, ihre Zeit, die sie noch zur Verfügung hatte, gegeben. Im Grunde hat sie uns alles, was eine liebe Mutter ihren Kindern geben kann, geschenkt.
    Einmal war jemand da, der bei ihr Schröpfen auf dem Rücken gemacht hat. Sie wollte, dass ich, damals war ich wohl fünf, sechs Jahre, es auch machen sollte. Ich wehrte mich dagegen und sie bot mir Geld an, danach habe ich es mit mir machen lassen. Sie liebte ihre Kinder, das hat sie uns bzw. mir gezeigt. Sie hat mit mir nie geschimpft oder mich geschlagen. Sie hat mich und meinen jüngeren Bruder überallhin mitgenommen.
    Einmal, weiß ich, hat unser Vater uns, meine Mutter, meinen jüngeren Bruder und mich, von meiner Tante Anni und Onkel Rudolf mit dem Auto abgeholt. Da war ich wohl sechs Jahre. Ich bin im Auto auf dem Rücksitz eingeschlafen. Als ich wach wurde, sprach mein Vater mit mir sehr zärtlich. Es war das erste und das letzte Mal, dass er so mit mir gesprochen hat, woran ich mich noch gut erinnern kann.
    Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, dass ich als kleines Mädchen etwas angestellt hatte und dann weggelaufen bin. Und meine schwangere Mutter ist hinter mir hergelaufen. Irgendwann hatte sie mich eingeholt und auch zurückgebracht, aber geschimpft hat sie mit mir nicht. Als sie mich zu meinem Vater brachte, wurde ich in die Ecke geschickt. Ich musste meine Strafe in der Ecke
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