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Wie man im digitalen Zeitalter richtig aufblueht

Wie man im digitalen Zeitalter richtig aufblueht

Titel: Wie man im digitalen Zeitalter richtig aufblueht
Autoren: Tom Chatfield
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Errungenschaften und Potenziale immer noch in der geistigen Sphäre liegen; und dass jede Meisterschaft in diesem Bereich eng mit unserer Vernunft und Tugendhaftigkeit verknüpft ist.
    Dass wir das einzige Maß für unseren eigenen Erfolg sind, kann man auch anders auffassen, nämlich, dass wir uns gegenseitig das einzige Maß für unseren Erfolg sind. Ähnlich wie jede sprachliche Äußerung hat unsere jeweilige Identität ohne einen entsprechenden Kontext kaum eine Bedeutung. Wir gleichen uns daher permanent mit unserem Umfeld ab.
    In den wechselnden Kollektiven der digitalen Welt gewinnt dieser Prozess eine völlig neue Gestalt. Vernunft – eines jener Attribute, die Aristoteles ausschließlich dem Menschen zuschrieb – ist heute auch eine Begabung unserer Werkzeuge: von uns geschaffene Maschinen von stetig wachsender Komplexität, die uns im Gegenzug dabei helfen, uns neu zu definieren. Doch muss uns dieser Vorgang nicht zwangsläufig reduzieren. Vielmehr sollte er uns dazu anregen, immer weiter zu fragen, was uns so einzigartig menschlich macht und uns miteinander verbindet.
    Der amerikanische Autor Brian Christian – der sich mit Aristoteles bestens auskennt – schrieb in seinem 2010 erschienenen Buch The Most Human Human : »Wenn es etwas gibt, dessen sich die menschliche Rasse seit langer Zeit – wenigstens seit der Antike – schuldig macht, dann ist das eine gewisse Selbstgefälligkeit, eine Art Anspruchsdenken.« 7 Dieses Anspruchsdenken ist in erster Linie intellektueller Natur: Wir glauben, dass unser Geist einzigartig ist und im Universum eine unbestrittene Sonderstellung einnimmt.
    Heute wird dieses Selbstbild stärker in Frage gestellt als je zuvor: durch die blitzschnelle Logik und die unendlichen Kapazitäten von Maschinen; durch die digitale Präsenz mehrerer Milliarden von Mitmenschen; durch eine nochmals milliardenfach größere Menge Daten; und schließlich durch die Folgen all dessen für unser Bewusstsein von Einzigartigkeit und unser Handlungsvermögen. Auf der anderen Seite stehen uns Möglichkeiten des Handelns und der Erkenntnis offen, die in der Geschichte ohne Beispiel sind.
    Gedeihen und Gelingen bedeutet, diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Sind wir der Aufgabe gewachsen? Sicherlich nicht alle, und niemand wohl immer. Heute, in einem Zeitalter zunehmender und nie da gewesener Vernetzung, sind sowohl die Gewinnchancen als auch der Preis eines Versagens höher als je zuvor. Deshalb müssen wir in erster Linie beginnen, gemeinsam zu erforschen, was wir werden können. Frei nach Timothy Leary: Turn on, boot up, and tune in.
    7 The Most Human Human , Brian Christian (Random House/Viking UK 2010).

Hausaufgaben
    Die digitale Technologie verändert sich so rasant, dass schwer herauszufinden ist, wo man nach verlässlichen Erkenntnissen suchen soll. Die nachstehenden Autoren und Quellen bilden zusammen einen Großteil des intellektuellen Inputs dieses Buches – und ich hoffe, dass sie auch Sie zum Nachdenken anregen werden.
    Einleitung
    »The Machine Stops«, eine Kurzgeschichte von E.M. Forster von 1909, ist eine der bewegendsten Darstellungen, was künftige Technologien für die Menschheit bedeuten könnten ( Collected Stories , Penguin 2001; dt. Ausgabe: »Die Maschine stoppt«, in: Die besten klassischen Science Fiction Geschichten , Diogenes 1983).
    Das erstmals im Jahre 1934 veröffentlichte Technics and Civilization von Lewis Mumford (University of Chicago 2010) war das erste technikphilosophische Werk und bleibt ein historisch wichtiger Meilenstein in der Frage, wie die Nutzung von Technologien uns verändert.
    What Technology Wants von Kevin Kelly (Viking 2010) ist ein weit gefasstes, provokatives Buch, das sich mit der Grundfrage beschäftigt, was eine personifizierte Technologie von uns »erwartet«.
    Wenn man wissen möchte, wie sich Technikfreaks die Zukunft gerne vorstellen, sollte man einen Blick in deren Hochglanzbibel technologischer Modernität werfen, die Zeitschrift Wired .
    Die fleischgewordene Vision einer digitalen Zukunft lässt sich in den strahlenden Gesichtern der Menschen erkennen, die in den Apple Stores unserer Metropolen einkaufen.
    1 Von der Vergangenheit zur Gegenwart
    David Leavitts Biographie von Alan Turing, The Man Who Knew Too Much (Phoenix 2007), liefert eine gute Darstellung des Gründungsgenies der Computertechnologie und des historischen Kontextes seiner Arbeit – und der entsetzlichen Traurigkeit, die Turings späteres Leben
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