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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe
Autoren: Jude Deveraux
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1. Kapitel
    London 1883
    Miss Claire Willoughby verliebte sich auf den ersten Blick in Harry, den Elften Herzog von MacArran - was auch für alle anderen Frauen galt, die sich mit ihr im Salon befanden. Doch es war nicht die unglaubliche Schönheit dieses Mannes, die ihr den Kopf verdrehte. Es waren auch nicht seine Schultern, die so breit waren, wie der Stiel ihrer Gartenhacke in der Länge maß, oder sein dichtes blondes Haar und seine glänzenden blauen Augen. Noch waren es seine vom jahrelangen Zureiten temperamentvoller Rassepferde bemerkenswert muskulösen Beine, die unter dem leuchtend grünen Kilt besonders gut zur Geltung kamen. Nein - nicht was sie sah, eroberte ihr Herz, sondern was sie hörte.
    Beim Anblick des Kilts und der mit Silberschmuck verzierten Ledertasche, die an seiner Hüfte baumelte, des Elfenbeingriffs seines Dolchs, der aus seinem dicken Kniestrumpf ragte, und des Tartans, der mit einer das Wappen des Grundherrn tragenden Spange am Hals befestigt war, hörte sie einen einsamen Mann auf dem Dudelsack spielen. Sie hörte den Wind über die Heide des schottischen Hochlands streichen und das Dröhnen der Baßpfeifen. Sie hörte den Donner der Kanonen von Culloden und das Weinen der Witwen, die um ihre gefallenen Männer trauerten. Sie hörte den Jubel der Sieger und das erschütterte Schweigen der Besiegten. Sie hörte die Hoffnungsseufzer, als sich Bonnie Prince Charlie gegen die englische Krone erhob, und die Verzweiflung, als er geschlagen wurde. Sie hörte den Verrat der Campbells und die Klagen und Schmerzensschreie der Schotten in ihrem jahrhundertelangen Ringen mit England.
    All das hallte in ihrem Kopf wider, als sie Harry, den Nachkommen vieler Generationen von MacArrans-Grundherrn durch den Raum schreiten sah. Die anderen Frauen sahen nur einen blendend aussehenden jungen Mann, aber Claire blickte darüber hinaus und sah, was sie hörte. Sie konnte sich diesen blonden Hünen am Kopfende eines schweren Eichentisches vorstellen, einen Silberbecher in der Hand, den Schein des flackernden Herdfeuers auf seinem Gesicht, während er seinen Männern zurief, ihm zu folgen. Er war eine Führernatur.
    Harry sah eine zierliche, vollbusige junge Amerikanerin, die zweifellos hübsch war. Doch was sie fast zu einer Schönheit machte, war der Ausdruck ihres Gesichts - eine Begeisterungsfähigkeit, ein waches Interesse für alles und jedermann. Als sie Harry anblickte, hatte er das Gefühl, als wäre er der einzige Mann auf der Welt, dem es zuzuhören lohnte. Wißbegierde und Intelligenz sprachen aus ihren großen braunen Augen, und ihre kleine Gestalt bewegte sich rasch und mit einer Zielstrebigkeit, die man bei Frauen selten fand.
    Harry fand rasch Gefallen an Claires Tatendrang. Sie konnte nicht eine Sekunde stillsitzen und wollte ständig irgend etwas besichtigen. Claire schlug Ausflugsziele vor und bestellte das Mittagessen, und alles, was Harry und seine Freunde zu tun hatten, war, sich dort rechtzeitig einzufinden. Sie war unterhaltsam und brachte ihn zum Lachen. Zuweilen redete sie etwas zuviel über die schottische Geschichte, aber er fand es sehr amüsant, daß sie der Bericht einer Schlacht, die vor mehr als hundert Jahren stattgefunden hatte, zu Tränen rührte. Sie schien hundert tote Männer für heroische Gestalten zu halten, die ein bedeutendes Leben geführt und große Tapferkeit bewiesen hatten. Wenn sie von diesen Männer sprach, nahmen ihre Augen einen verklärten und entrückten Ausdruck an, während Harry diese Pausen dazu nützte, ihren reizenden Busen zu betrachten.
    Erst als sie erwähnte, daß sein toter Bruder zu ihren Helden zählte, verschluckte Harry den Stein einer Cocktailkirsche und erstickte fast daran. Miss Claire, immer rasch zur Hand, wenn es galt zu handeln, warf ihn geistesgegenwärtig gegen einen Sessel, daß er mit dem Bauch über dessen Rückenlehne hing, und schlug ihn so heftig zwischen die Schulterblätter, daß der Stein durch das ganze Wohnzimmer flog und in einer Punschterrine landete.
    Diese Aktion überzeugte Harry davon, daß Claire die Richtige für die Aufgabe war. Bramley House brauchte eine Herrin, die schnell denken und reagieren konnte ... alle Häuser, die Harry besaß, brauchten eine Herrin, die so reich war wie Claire.
    Was Claire anlangte, so war sie zutiefst beeindruckt, daß ein schottischer Herzog ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. Sie konnte in Harrys Gegenwart kaum atmen. Sie hörte ihm zu, betrachtete ihn und lächelte ihn an. Sie
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