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Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet

Titel: Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet
Autoren: Mark Brandis
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Mark Brandis
    Der Spiegelplanet
    Erkundung im Weltraum
    Auszug aus dem Lehrbuch „Geschichte der Astronautik" von Charles Herman Baldwin, überarbeitete und vervollständigte Auflage, VEGA- Verlag, Metropolis, 2091.
    Zu den besonders hervorzuhebenden Kapiteln der Raumfahrt zählt auch der im Jahre 2080 unternommene Testflug der Kronos, über den ein ausführlicher Bericht des Schiffsführers, Commander Mark Brandis, vorliegt. Infolge einer kosmischen Explosion aus der Bahn geworfen, geriet die Kronos als erstes Raumschiff irdischer Herkunft auf die erdabgewandte Seite der Sonne. Dort traf sie auf die PILGRIM 2000 (s. d.), einen bereits im Jahre 1991 gestarteten Raumflugkörper.
    Auf PILGRIM 2000 war zum Zeitpunkt der Begegnung die Zivilisation (ursprünglich 25000 Einwohner) praktisch erloschen. Commander Brandis mußte seine rettenden Maßnahmen darauf beschränken, eine Handvoll Pilger, Nachfahren zivilisations- und kriegsmüder Quäker, an Bord der Kronos zu nehmen. PILGRIM 2000, von Ratten verseucht, wurde aufgegeben.
    Ein Mann der Kronos-Besatzung, Lieutenant Konstantin Simopulos , bezahlte den Einsatz mit dem Leben.
    Auf dem Rückflug zur Erde entdeckte die Kronos, immer noch auf der erdabgewandten Seite der Sonne, den dort seit langem vermuteten Zwillingsplaneten der Erde ...
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    1.
    Der 2. Juni 2080 sollte in die Geschichte der Raumfahrt als ein denkwürdiger Tag eingehen.
    Die Heimkehr zur Erde gestaltete sich schwieriger als gedacht. Die Kronos war genötigt, einen weiten Bogen um die Sonne zu schlagen, das kostete Zeit und ging zu Lasten des ohnehin knapp bemessenen Proviants.
    Nie zuvor war ein Raumschiff der Sonne so nahe gekommen wie das unsere. Obwohl die Klimaanlage unablässig eisige Raumkälte in das Schiff pumpte, stieg die Temperatur in den Räumen bis zu äquatorialen Hitzegraden. Dazu kam, um uns das Leben vollends schwer und sauer zu machen, das durch die Eruptionen auf der Sonne immer wieder auswuchernde Schwerefeld. Es gab Tage, an denen mir die Kronos vorkam wie eine Büroklammer im Anziehungsbereich eines Magneten. Eine Vielzahl komplizierter und oft genug waghalsiger Manöver war erforderlich, um das Schiff nach und nach aus dem unmittelbaren Schwerefeld herauszuführen.
    Zum Glück war Captain Romens Schulterwunde unter der Einwirkung heilender Strahlen fast ausgeheilt, so daß ich mich mit ihm im Cockpit ablösen konnte.
    Dazwischen gab es Tage, an denen alles glatt lief und keinerlei Schwierigkeit sich abzeichnete, langweilige Tage wie dieser Junitag, dessen größte Aufregung höchstens darin bestehen konnte, ein Blatt des Kalenders abzureißen.
    Am Nachmittag hatte ich mir das Bordbuch vorgenommen. Die letzte Eintragung, die ich darin vornahm, glich einem befreiten Aufatmen:
    15.00 Metropolis-Zeit. Seit sieben Stunden hält die Kronos normale Reisegeschwindigkeit. An Bord alles wohlauf.
    Anschließend unternahm ich den üblichen Rundgang durch das Schiff.
    Im Cockpit empfing mich eine wehmütige Melodie. Captain Romen, der Pilot, hatte die Schiffsführung der Automatik überlassen. Er selbst lag mit zurückgeschlagener Lehne im Sessel, die Beine auf das Schaltpult gelegt, und blies die Mundharmonika. Als ich mich zu ihm gesellte, brach die Melodie ab. Captain Romen ließ die Mundharmonika sinken und wandte mir fragend sein braunhäutiges Zigeunergesicht zu. Ich begrüßte ihn mit einem knappen Nicken.
    „Lassen Sie sich nicht stören, Captain."
    Captain Romen schüttelte die Mundharmonika aus und verwahrte sie in der Brusttasche.
    „Sie kommen mir gerade recht, Sir, um mich von meinem Weltschmerz zu erlösen." Er deutete zur Scheibe. „Verdammt fremde Sterne - nicht wahr?"
    Ich blickte hinaus zu den Sternbildern, für die es keine Namen gab: fremde, geheimnisvolle Welten, deren feierliche Stille noch nie durch ein ziehendes Schiff gestört worden war.
    „Ja", erwiderte ich, „verdammt fremde Sterne." Captain Romen schüttelte ein wenig den Kopf.
    „Unter solchen Sternen sollte man keine Musik machen. Es kommt nichts Gutes dabei heraus. Gibt es ein Wort für diese Krankheit?"
    Ich zwang mich zu einem aufmunternden Lächeln. „Heimweh."
    „Das ist es!" sagte Captain Romen. „Sie sind ein hervorragender Diagnostiker. Ich habe Heimweh nach meiner Frau, Heimweh nach meinem Bett, Heimweh nach einem saftigen Steak - und überhaupt habe ich Heimweh nach der Erde. Wissen Sie, was ich daheim als erstes tun werde?"
    Ich dachte an Ko Ai, Captain Romens mandeläugige, bezaubernde
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