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Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet

Titel: Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet
Autoren: Mark Brandis
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ineinander verschachtelter, miteinander durch blinkende Schienenstränge verbundener Komplex von Türmen, Kuppeln und endlosen Lagerhallen. Mittelpunkt der Fabrik war ein hoher kubischer Bau, zu dem aus drei Himmelsrichtungen - vom Norden, vom Westen und von Osten - je ein mächtiger Energiestrang führte. Es bedurfte keiner Phantasie, um zu erraten, daß der Kubus das maschinelle Herz der Fabrik darstellte.
    Zwischen den Gebäuden herrschte lebhaftes Treiben. Ich blickte auf rangierende Güterzüge. Hier und da rollte, wie von unsichtbarer Hand bewegt, eine Gruppe von Waggons in eine Halle ein, um bereits Sekunden später wieder zum Vorschein zu kommen und sich zu neuen Formationen zusammenzuschließen. All das erfolgte offenbar automatisch; auf jeden Fall war nirgends ein Mensch zu sehen.
    Mein Blick folgte einem der Züge, der sich gerade anschickte, das Tal zu verlassen. Der Schienenstrang führte auf einen wohl sechs oder sieben Meter hohen Zaun zu. Bei der Annäherung des Zuges tat sich im Zaun ein Tor auf, und der Zug fuhr hindurch. Das Tor klappte wieder zu. Ich glaubte, darauf eine Aufschrift zu sehen, und griff nach dem Glas. Ich hatte mich nicht getäuscht. Über dem Tor prangte eine Anzahl metallener Lettern. Die Schrift ähnelte der gotischen; die Buchstabengruppen ließen sich entziffern als:
    REICH - SATT - GLÜCKLICH
    Lieutenant Stroganow hatte bereits die Kamera darauf gerichtet.
    „Nun", sagte er sarkastisch, „all das trifft auf mich nicht zu, Sir. Zu Reichtum habe ich es nicht gebracht, mein Magen knurrt - und glücklich werde ich erst wieder sein, wenn diese verdammte Reise ein Ende hat."
    Es hatte ein Scherz sein sollen, aber es hörte sich bitter an. Weder Lieutenant Torrente noch ich lachten. Ich glaube, in diesem Augenblick dachten wir alle drei das gleiche: daß uns kein Spiegelplanet die Erde ersetzen konnte, unsere Erde, von der uns nach wie vor Gott weiß wie viele leere Unendlichkeiten trennten.
    Ich war im Begriff, das Dingi zu wenden, als Lieutenant Torrente mich anstieß. Seine stets wachen Indianeraugen hatten etwas erspäht, was meiner Aufmerksamkeit entgangen war.
    „Sir, rechts voraus ... gleich neben dem Zaun..."
    Ich blickte in die Richtung, in die Lieutenant Torrente wies.
    Etwa einen halben Kilometer westlich des Tores mit der verwirrenden Überschrift waren zwei uniformierte, bewaffnete Gestalten damit beschäftigt, den Reifen eines Fahrzeuges zu wechseln, das aussah wie eines jener Automobile, die noch im vergangenen Jahrhundert die Erdatmosphäre mit ihren stinkenden Abgasen verpestet hatten.
    Es waren die ersten Menschen, die ich auf dem Spiegelplaneten zu Gesicht bekam - und aus irgendeinem Grund flößte mir ihr Anblick Unbehagen ein. Mit ihren Uniformen und Gewehren machten sie alles andere als einen friedfertigen Eindruck.
    Die Haube des Wagens war mit sieben weißen Buchstaben versehen, die sich auch auf die Entfernung hin ohne Glas mühelos entziffern ließen:
    POLIZEI
    Die Polizisten waren in ihre Arbeit vertieft und sahen nicht auf. Ich beeilte mich, das Dingi vor die Sonne zu manövrieren, bevor sie es entdeckten. Sie selbst stellten keine Gefahr dar; andererseits mochte sie das Auftauchen eines unbekannten Flugobjekts dazu veranlassen, Alarm zu geben; und ebendies galt es im Interesse einer ausführlicheren Erkundung zu vermeiden.
    „Die einzigen Menschen weit und breit - zwei Polizisten!" Lieutenant Stroganow schüttelte unmutig den Kopf. „Was halten Sie davon, Sir?"
    Das Dingi übersprang den bewaldeten Höhenzug, hinter dem die Stadt lag.
    „Mit etwas Glück, Lieutenant", erwiderte ich, „sollten wir auf diese Frage eine Antwort finden."
    Ich drosselte das Triebwerk, und mein Blick wanderte über die Stadt, in der, wie ich hoffte, auf diese und auf alle unsere anderen Fragen die Antwort enthalten war; er wanderte über die Metropole einer menschlichen Zivilisation, die der unseren auf der anderen Seite des glühenden Sonnenballs so eng verwandt war, daß ich sogar ihre Schrift zu lesen vermochte.
    Mein Eindruck, zurückgefallen zu sein in ein vergangenes Jahrhundert und das alte New York unter mir zu sehen - ein New York, wie es festgehalten war auf vergilbenden Fotografien und verflimmerten Filmen - verstärkte sich. Es war das gleiche städtebauliche Konzept: Glas, Beton und Wolkenkratzer. Dazwischen gähnten wie schwarze Einkerbungen die Straßenschluchten mit ihrem ameisenhaften Gewühl. Hier und da öffneten sich die Schluchten zu
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