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Geliebte Suenderin

Geliebte Suenderin

Titel: Geliebte Suenderin
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PROLOG
    Ein heftiger Nordostwind, Regen und Hagel vor sich herpeit-schend, begrüßte die frühmorgendlichen Beobachter auf dem Hügel, deren umhangverhüllte Gestalten sich vergeblich zum Schutz vor der kalten, durchdringenden Nässe aneinander-drängten. Ein Stück weiter den Moorhügel hinunter kauerte eine einsame Gestalt tief im Heidekraut.
    Sabrina Verrick zog ihren Umhang fester um sich und starrte entsetzt und fasziniert zugleich auf die Szene, die sich vor ihr abspielte. Das Schlachtfeld bildete den einzigen bunten Farbfleck auf dem weiten grauen Moor: blaue, gelbe und grüne Standarten wehten über den scharlachrot uniformierten Batail-lonen der Armee des englischen Königs, die Unionsflagge flatterte kühn am schottischen Himmel. Sabrina hob den Kopf und spürte den eisigen Regen auf ihrem Gesicht. In der Ferne hörte sie die monotonen Klänge der Trommeln, die den Gleichschritt der englischen Soldaten regelten und sie zu den bunten Tartans der schottischen Clans geleiteten. Unter sich sah Sabrina ihren Clan, geführt von der eisernen Hand ihres imposanten Groß-
    vaters. Seine mit Adlerfedern besetzte Kappe saß keß über seinem wettergegerbten Gesicht. Seine blau-rote Tartanjacke und sein Kilt waren vom Regen nachgedunkelt, aber die silberne Brosche mit den Halbedelsteinen, die sein Plaid an der Schulter zusammenhielt, funkelte im fahlen Licht des Morgens. Er hatte sein Breitschwert gezogen und schwang die doppelt geschliffene Klinge drohend durch die Luft. Seine Männer warteten auf das Signal zum Angriff. Ein verbranntes Holzkreuz, mit einem Stück blutgetränktem Leinen zusammengebunden, steckte schief im Boden - schweigend jetzt, nachdem dem Ruf zu den Waffen Folge geleistet worden war.
    Die unheimlichen Klänge der Dudelsäcke hallten durch die Luft, als die Schotten dem Feind entgegenzogen, mit geschwungenen Schwertern, die sich tapfer den blitzenden Bajonetten der Engländer stellten.
    Aber nur wenige erreichten die englischen Linien, wurden von den dröhnenden Kanonen niedergemäht, die Schneisen in die Clans schossen und verstümmelte Leichenteile hinterließen, wo noch vor kurzem kühne Männer standen.
    Sabrina schrie vor Entsetzen auf, als sie sah, wie ihr halber Clan von einer einzigen Kanonenbreitseite ausgelöscht wurde.
    Diejenigen, die dem Sperrfeuer zu entkommen versuchten, wurden von den unaufhörlichen Musketensalven, die in regelmäßigen Abständen Wogen von Tod und Zerstörung brachten, nie-dergemetzelt. Sabrina wurde übel beim Anblick dieses Massa-kers. Rot war die einzige Farbe, die ihr benebelter Verstand noch registrierte: scharlachrote Jacken, blutige Schwerter und rotge-tränktes Heidekraut unter all den sterbenden Schotten und Engländern. In dem Kampfgetümmel war es jetzt unmöglich, die beiden Gegner auseinanderzuhalten. Sie bildeten nur noch eine wogende Masse von Gewalt.
    Sabrina kniff die Augen zusammen und suchte angestrengt nach ihrem Großvater zwischen den Männern dort unten. Sie betete, daß er sich nicht unter den zahllosen Toten befand. Wo war er? Wo war ihr Clan?
    Plötzlich ertönten Schreie hinter ihr. Sie drehte sich um und sah entsetzt, wie englische Soldaten sich langsam den Hügel hocharbeiteten und die Gruppen von Zuschauern mit dem Bajonett niederstachen. Voller Panik liefen die Menschen auseinander. Sie rannten um ihr Leben, während die Soldaten gnadenlos alle niedermähten, die ihnen über den Weg kamen. Sabrina bewegte sich nicht und hoffte voller Angst, nicht entdeckt zu werden. Stumm starrte sie auf das Schlachtfeld hinunter und sah plötzlich, wie eine kleine schottische Soldatentruppe das Feld ihrer katastrophalen Niederlage floh. Drei Männer trugen ihren Großvater, gefolgt vom Rest des Clans.
    Sie waren nicht die einzigen, die das Moor fluchtartig verlie-
    ßen. Die Schlacht war verloren. Die Mitglieder der Clans fanden sich zu Gruppen zusammen und flohen in versteckte Glens und Lochs in den zerklüfteten Bergen und Tälern des harten, kargen Landes.
    Sabrina schlich sich vorsichtig aus ihrem Versteck und folgte ihnen. Sie rannte wie vom Teufel gehetzt, bis sie nur noch keuchte und ihre Beine sich wie Blei anfühlten. Sie folgte ihnen zu einem schmalen Bergdurchgang hinauf, von wo aus das Blut-bad auf dem Moor nicht mehr zu sehen war. Sie kletterte mit dröhnend leerem Kopf weiter, bis sie eine kleine Hütte aus Torf und Stein ein Stückchen weiter sah.
    »Laß mich vorbei«, sagte sie zu dem Wächter, der mit gezogenem blutigen Schwert
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