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Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet

Titel: Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet
Autoren: Mark Brandis
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um uns im Unterholz zu verbergen, als das düstere Schauspiel begann.
    Ich nenne es Schauspiel, weil es sich abspielte wie eine Tragödie auf einer Bühne. Der Flüchtling und die beiden Polizisten waren die Akteure, ich und meine beiden Männer stellten unfreiwillig die Zuschauer.
    Der Flüchtling war ein Mann im mittleren Alter, ländlich einfach gekleidet, mit einem von Wind und Sonne gegerbten und gebräunten Gesicht. Er mochte ein Bauer, ein Viehtreiber oder ein Forstarbeiter sein. Hinter einer Birkengruppe, die ihn bis zu diesem Zeitpunkt meinen Blicken entzogen hatte, kam er plötzlich hervor, blieb kurz stehen und blickte zurück. Dann, in der Art eines gehetzten Wildes, das den Verfolger wittert, setzte er sich wieder in Bewegung und rannte, so rasch ihn seine Füße trugen, auf den Waldrand zu -offensichtlich mit der Absicht, zwischen den Bäumen unterzutauchen. In der stillen Luft waren das Stampfen seiner Füße und sein keuchender Atem deutlich zu hören. Der Mann war am Ende seiner Kraft. Vielleicht wurde er schon seit Stunden gehetzt. Seine Schritte wurden zusehends langsamer und taumelnder. Keine hundert Meter von unserem Versteck entfernt, unmittelbar vor dem Waldrand, brach er in die Knie.
    „Sir, um Himmels willen
    Lieutenant Stroganow wollte aufspringen. Ich ahnte, was in ihm vorging. Unter seiner rauhen Schale verbarg sich ein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit. Der alte Sibiriak war, wenn es um grundsätzliche Entscheidungen ging, noch nie ein Diplomat gewesen. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte ihn zurück in die Deckung. „Wir halten uns 'raus!"
    Der Navigator wälzte sich auf die Seite und drehte mir sein empörtes Gesicht zu. „Sir - es ist ein Mensch!" Mittlerweile war einer der Verfolger zum Vorschein gekommen: ein stämmiger junger Bursche in der mir bereits bekannten grünen Uniform. Während er auf den zusammengebrochenen Flüchtling zurannte , nahm er den Karabiner von der Schulter.
    Ich hielt den Atem an.
    Lieutenant Stroganow bäumte sich auf.
    Mein Entschluß , jegliche Einmischung zu vermeiden, kam mich hart an, dennoch sprach ich ihn aus - in der festen Gewißheit , daß er der richtige war:
    „Lieutenant Stroganow, verhalten Sie sich still! Das ist ein Befehl!"
    Der Flüchtling hatte sich angesichts des nahenden Polizisten wieder aufgerafft und taumelte nun auf das schützende Dickicht zu.
    Es war zu spät.
    Der zweite Polizist, ein flaumbärtiger Jüngling, hatte den Flüchtling umgangen. Er tauchte plötzlich dicht vor unserem Versteck auf, und ich konnte sehen und hören, wie er den Karabiner - ein noch auf Pulverbasis beruhendes Modell - hochriß und schoß .
    Der Flüchtling warf die Arme in die Luft und brach zusammen.
    Die Kugel, so sah es aus, hatte ihn mitten ins Herz getroffen.
    Es war kaltblütiger Mord.
    Ich zwang mich zur Ruhe und beobachtete weiter.
    Vor der Leiche des Flüchtlings trafen die beiden Polizisten zusammen. Sie sicherten und schulterten ihre Waffen und steckten sich Zigaretten zwischen die Lippen.
    Der Stämmige sagte mit mildem Vorwurf:
    „Du hättest ihn ja gleich gehabt. Mußtest du ihn unbedingt erschießen?"
    Zum ersten Mal vernahm ich die Sprache dieser Menschen. Sie hatte Ähnlichkeit mit der Art, wie die Texaner das Metro sprachen: schleppend und näselnd. Aber es war ein vertrautes Sprechen. Ich verstand jedes Wort genau.
    Der Flaumbärtige atmete genußvoll den Rauch aus.
    „Hielt er sich vor der Stadt auf oder nicht? Er versuchte zu entkommen. Keiner kann mir erzählen, daß er die einschlägigen Gesetze nicht kannte."
    Der Stämmige musterte das Opfer.
    „Ein ehemaliger Bauer - viel zu beschränkt, um ein Saboteur zu sein. Für Leute wie ihn wurde die Amnestie erlassen."
    Der Flaumbärtige blieb ungerührt.
    „Der Weg in die Amnestie ist der in die Stadt. Der Kerl lief in die andere Richtung. Sollte ich ihn entkommen lassen? Wenn man nicht hart durchgreift, würden sich in den Wäldern bald ganze Banden von diesen Arbeitswilligen und Selbstversorgern sammeln. Und von der Bandenbildung bis zur Sabotage wär's dann nur noch ein kleiner Schritt. Besser, man beugt vor." Der Flaumbärtige warf die Zigarette fort. „Also, faß schon an!"
    Die beiden Polizisten bückten sich, hoben den Toten auf und trugen ihn davon.
    Die Lieutenants und ich warteten stumm in unserem Versteck, bis die Polizisten nicht mehr zu sehen und zu hören waren. In einiger Entfernung war der Motor eines Automobils angesprungen.
    Als wir uns
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