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Passionsfrüchtchen

Passionsfrüchtchen

Titel: Passionsfrüchtchen
Autoren: Annabel Rose
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Januar
    Die graue Welt dieses ersten Januarmorgens wurde von ein paar leise fallenden Schneeflocken zugedeckt, als Nina mit einer impulsiven Handbewegung das Sektglas vom Tisch fegte, sodass es klirrend auf dem Küchenboden zersprang. Anstatt jedoch zu schimpfen, fing sie an zu lachen. Wenn das kein gutes Omen war! Zu den Klängen des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker holte Nina die Kehrschaufel und den Handfeger aus dem Wandschrank, fegte die Scherben vom Boden auf, ließ die Überreste des Sektglases in den Mülleimer rutschen und ging ins Wohnzimmer.
    Noch vor einem Jahr hätte sie nicht geglaubt, dass sie sich in ihrer kleinen Wohnung jemals so wohlfühlen würde. Als sie aus der gemeinsamen Wohnung mit Thomas ausgezogen war, war ihr neues Zuhause ihr klein vorgekommen, aber inzwischen gefiel ihr das kuschelige Nest, das sie sich geschaffen hatte. Die warmen Erdtöne strahlten Ruhe und Geborgenheit aus.
    Nina blickte aus dem Fenster. Es schneite noch immer. Auf dem kleinen Balkon hatte sich schon eine zentimeterdicke Schicht gebildet. Vor dem Fenster stand auf einer Ablage ein Miniaturweihnachtsbaum in einem Plastikübertopf, den Nina mit ein bisschen Geschenkpapier verkleidet hatte; ein kümmerliches Exemplar seiner Gattung, wenn sie an den prächtigen Baum dachte, den sie letztes Jahr noch mit Thomas aufgestellt hatte. Und eigentlich war es gar keine Ablage, auf der der Baum stand, sondern ein Tisch. Er konnte bei Bedarf zu einem Esstisch für sechs Personen aufgeklappt werden. Nina hatte gedacht, es sei eine praktische Anschaffung, aber in dem ganzen vergangenen Jahr hatte sie ihn nicht ein einziges Mal benutzt. Sie saß meistens viel lieber mit Sandra, ihrer besten Freundin, in der Küche an dem kleinen Küchentisch.
    Energisch warf sie ihre braune Lockenmähne nach hinten, griff nach der obenliegenden Zeitschrift auf dem Wohnzimmertisch und las noch einmal ihr Horoskop:
    Ihr Jahr 2009 wird spannend. Nichts bleibt so, wie es war. Die kosmischen Tendenzen gehen klar in Richtung Neuorientierung, auch beruflich. Gerade das erste Halbjahr ist gut dafür geeignet, das Leben zu verändern. Ihr Liebesleben gestaltet sich bis Anfang Juni sehr abwechslungsreich: Von intensiven Gesprächen über gemeinsame Unternehmungen bis hin zum aufregenden Sexleben ist alles dabei. Danach wird es ein wenig ruhiger, doch keineswegs langweilig. Der Jahresausklang gestaltet sich dank Mars dafür sehr leidenschaftlich. Sie gehen richtig aus sich heraus – und das tut Ihnen gut. Singles haben beste Chancen auf vielversprechende neue Kontakte
.
    Das hörte sich verheißungsvoll an: Berufliche Veränderungen, neue Kontakte, aus denen mehr werden kann und Leidenschaft. Nina war voller Enthusiasmus. Sie brannte schon darauf, Sandra davon zu erzählen.
    Eigentlich war sie kein schüchterner Typ. Und hässlich war sie auch nicht. Ihre dunkle Lockenpracht umrahmte ein ovales Gesicht, aus dem zwei grüne Augen hervorblitzten. Ihre kleine, wohlgeformte Nase wurde in der linken Gesichtshälfte von einem runden Schönheitsfleck verziert, und darunter befanden sich volle, anmutig geschwungene Lippen mit einem ausgeprägten Armorbogen, die geradezu zum Küssen aufforderten. Jetzt aber öffnete sich der Mund weit zu einem Gähnen. Nina hatte mit Sandra bis in die Morgenstunden gefeiert und war trotz guter Laune noch ein wenig angeschlagen von der langen Nacht. Sie streckte und räkelte sich auf dem großen Sofa in dem weiten Sweatshirt und der bequemen Jogginghose. Normalerweise kleidete sie sich gerne figurbetont. Schließlich brauchte sie ihren Körper nicht zu verstecken. Ihre 64 Kilo verteilten sich auf 175 Zentimetern zu einem sinnlich, femininen Gesamtbild, das an eine Sanduhr erinnerte. Eine Sanduhr mit Körbchengröße D und einem leicht, durchaus fraulich gewölbten Bäuchlein oberhalb der Scham. Dazu zwei lange, wohlgeformte Beine und ein apfelrunder, kleiner Stehhintern.
    Nein, verstecken musste Nina sich nicht. Aber wenn ein Mann in der Nähe war, den sie attraktiv fand, ließ ihr Gehirn sie mitunter im Stich. Oft fehlten ihr die rechten Worte. Oder sie platzte vorschnell mit ihren Gedanken heraus, sodass sie sich oft wie ein Tollpatsch vorkam und vor Verlegenheit rot anlief. Das war ihr so peinlich, dass sie manchmal glaubte, zu glühen wie ein Hochofen.
    Sie wünschte, sie könnte auch so cool sein, wie ihre beste Freundin. Wenn Sandra einen Mann haben wollte, schaffte sie es immer, ihn zu verführen. Dabei wollte Sandra im
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