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Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Titel: Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast
Autoren: Jess Rothenberg
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seiner Zeitschrift umblätterte.
    Klick-klack, klick-klack.
    Ich verdrehte die Augen.
    Ihr gegenüber saß ein kleiner Junge in einem Harvard-Sweatshirt, der nur ein paar Jahre jünger zu sein schien als Jack. Sein mit Sommersprossen übersätes Gesicht war gebannt auf ein Nintendo DS gerichtet, und er war in einer Art virtueller Trance gefangen. Ich empfand Mitleid mit ihm, als ich sah, wie seine Daumen in rasender Geschwindigkeit über die Tastatur huschten. Mit fünf oder sechs Jahren war er viel zu jung, um mutterseelenallein an einem Ort wie diesem zu enden.
    Allerdings war ich das auch mit fünfzehn.
    In einer anderen Ecke des Raums saß ein Mädchen mit einem Blumenhut, in einen kitschigen Liebesroman vertieft, und drei Tische neben ihm unterhielt sich ein Junge in Quarterback-Montur mit einem Mädchen mit knalllila Haaren, einem Nietenhalsband und schwarz geschminkten Lippen.
    Seltsame Gestalten hier.
    Keines der Gesichter kam mir bekannt vor, obwohl ich mein Leben lang Stammgast im Slice gewesen war. Es war ein seltsames Gefühl, einen Raum voller Fremder zu betreten, zumal keiner Notiz von mir nahm. Ich ging zu einer kleinen Ecksitznische hinüber, wo jemand einen Magic-8-Ball, eine dieser Wahrsagerkugeln, hatte liegen lassen. Ich lächelte.
    Zumindest manche Dinge ändern sich nie.
    Die Familie, die das Lokal betrieb, hatte eine Vorliebe für das Sammeln aller möglichen Dinge – Lampen, Aschenbecher, Kaugummiautomaten, merkwürdige Gemälde, Kaninchenköpfe mit aufgesetzten Hirschgeweihen und sonstigen Krempel. So war das Slice über die Jahre zu einem Schrein für altes Zeug geworden, das niemand wirklich wollte, aber auch nie wegwerfen würde. Ziemlich cool, eigentlich.
    Ich untersuchte den Magic-8-Ball und stellte mir die Frage, die mir die ganze Zeit im Kopf herumging.
    Kann ich schon nach Hause?
    Dann nahm ich den Ball in die Hand, schüttelte ihn vorsichtig und sah zu, wie das kleine Plastikprisma in die schäumende blaue Flüssigkeit flippte. Kurz darauf erschien die Antwort auf dem transparenten Fenster.
    VERGISS ES.
    Ich legte den Magic-8-Ball auf den Tisch zurück. Diesmal weniger sanft.
    Was soll’s. Magic- 8 -Bälle sind dumm.
    Mit einem Mal fühlte ich mich wie unsichtbar. Völlig vergessen. Als hätte mir das Universum einen gemeinen Streich gespielt, obwohl ich nie etwas getan hatte, womit ich das verdient hätte. Ich kniff die Augen zusammen und betete inständig, es möge jemand – irgendjemand – zu dieser Tür hereinkommen, mich nach Hause bringen und diesem fürchterlichen Albtraum ein Ende bereiten.
    »Lass mich zu Hause sein. Lass mich bei Sadie sein. Lass mich den fiesesten Algebra-II-Test aller Zeiten schreiben. Aber bring mich weg von hier«, flehte ich still das Universum an. »Bitte.«
    Doch als ich meine Augen wieder öffnete, spielte der kleine Junge immer noch sein Videospiel, die Armreifen klapperten weiter, und der Quarterback versuchte immer noch, bei Lady Gothic zu landen.
    Ich hatte das Gefühl, der Boden würde unter mir wegbrechen.
    Tatsächlich wünschte ich mir, er würde es tun.
    Das Rauschen eines schlechten Fernsehempfangs katapultierte mich aus meinem Selbstmitleid, und ich sah hinüber zu dem riesigen Stapel Pizzakartons im hinteren Teil des Restaurants, von wo das Rauschen hergekommen war.
    Dort in der Ecke saß ein ungefähr siebzehnjähriger Junge, seine abgewetzten Armeestiefel auf einem kleinen schachbrettartig gemusterten Tisch, und drückte auf einer alten Fernbedienung herum, um einen Sender hereinzubekommen.
    Unsere Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde, und ich spürte, wie mir ein Schauer winziger Nadelstiche über die Schultern lief, als hinge ich in einer elektrostatischen Wolke. Seine Augen waren dunkel – nicht richtig braun und nicht richtig grün – als hätten sie sich nicht entscheiden können. Er hatte eine perfekte kalifornische Sonnenbräune, wie man sie nur nach ein paar Sommern Surfen am Strand von Mavericks bekommen kann. Sein dunkles kastanienbraunes Haar war kurz geschnitten, die Frisur eine Kombination aus Bürstenschnitt und dem Typen aus Twilight. (Der Werwolf, nicht der Vampir.)
    Ich musterte ihn eine Weile und fragte mich, warum er mir so bekannt vorkam. Armeestiefel. Verwaschene Jeans, ausgebleichtes graues T-Shirt. Eine Fliegersonnenbrille, die am Kragen seines T-Shirts hing. Aber am beeindruckendsten von allem: seine Jacke. Altes braunes Leder, Cargotaschen, Strickbund an den Ärmeln – und sogar ein
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