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Wachkoma

Wachkoma

Titel: Wachkoma
Autoren: Jasmin P. Meranius
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sein?
    Beata schaute noch immer ungläubig aus dem Fenster, als hoffte sie, dort draußen irgendwo die Antwort zu finden.
    Was bezweckte diese Dürre? Und wieso häuften sich diese Vorfälle?
    Langsam wurde es Beata unheimlich, sie fühlte sich beobachtet und bemerkte gar nicht, dass ihr ein leichter Schauer über den Rücken lief.
    Sie zog schließlich die Gardinen zu, als wollte sie ausblenden, was dort draußen vorgefallen war, und legte sich für einen Moment hin. Ihr Kopf schmerzte nämlich plötzlich, als würden Presslufthammer versuchen, ihren Schädel zu durchbohren. Sie schlief sofort ein.
    Und wenn sie groß sei, sagte ihr Vater immer, wünsche er ihr eine genauso innige Liebe wie die zwischen dem kleinen Kometen und der Erde.
    Und Beata hätte sich sicher daran erinnert, dass auch sie sich das einmal gewünscht hatte, wenn sie genauer darüber nachgedacht hätte. Natur besaß einmal eine Bedeutung. Auch für sie. Und sie hatte es wirklich so gut wie vergessen.
    ***

Beatas Schläfchen zeigte wahre Wunder, denn als sie wieder aufwachte, war der dröhnende Kopfschmerz vergessen. Jedoch nicht das kleine Mädchen, das die Natur mit den Augen eines Kindes gesehen hatte.
    Sie zog ihre Bettdecke wieder glatt, die schweren Gardinen auf und ließ sich im Sessel vor dem Fenster nieder.
    In der Ferne sah sie ihn schon wieder: den schwarzen Drachen.
    Als Erwachsene sah sie nur das Prozesshafte der Natur und setzte sie mit einem Produktlebenszyklus aus der Wirtschaft gleich. Ohne die Magie zu sehen, wie es der kleine Komet tat.
    Der Produktlebenszyklus eines neuen Handys entsteht schließlich auch, wächst, reift und vergeht am Ende, bis ein neuer Zyklus entsteht.
    Durch ein neueres Modell, das auf den Markt kommt, oder die Konkurrenz, die überholt. So sterben Produkte manchmal sogar schon im Wachstum, wenn die Konkurrenz stärker ist.
    Wie in der Natur.
    Doch wann wurde die Natur zu einem simplen Prozess?, fragte sich Beata schließlich und ließ ihren Blick wieder aus dem Fenster, über die herbstlichen Farben dieses beeindruckenden Anwesens, schweifen.
    Wann wurde die Natur zu einem Werkzeug, das sie benutzte, statt sie zu verehren, wie einst der kleine Komet? Sie einfach gebrauchte, statt sie zu behüten? Ohne etwas zurückzugeben. Ohne Nachhaltigkeit, wie es die Politiker in ihren Reden immer forderten.
    „Wann hatten die Menschen damit begonnen, die Erde zu kaufen und auszubeuten?“, schoss es ihr durch den Kopf.
    Sie erinnerte sich an die Grußkarte, die sie geschrieben hatte und die besagte:
    „Der Gegenwartsmensch wird das Gefühl haben, dass er von der Natur nicht nur empfangen darf, dass er ihr auch geben muss.“
    Friedrich Rittelmeyer (1872-1938)
    Beata hatte verstanden, dass Einseitigkeit nicht richtig sein konnte, und fasste einen Entschluss: Sie wollte nicht länger Rücksicht auf dieses verwirrte Mädchen nehmen, das sich wohl zum Ziel gesetzt hatte, Verwirrung bei anderen zu stiften.
    Konfliktsituationen waren ihr schließlich so vertraut wie der regelmäßige Gang zum Friseur. Auch der war ab und an einmal nötig, wenn sich die Situation unübersehbar zuspitzte, auch wenn man die Zeit hätte besser nutzen können.
    Und Beata ging von Anfang an durch eine harte Schule, was sie nahezu unschlagbar werden ließ.
    Missstände waren wie ein brodelnder Vulkan, der vor seinem tatsächlichen Ausbruch kleine Vorboten schickte.
    Diese Vorboten lernte sie im Laufe der Jahre zu interpretieren und auszulöschen, noch bevor der Vulkan ausgebrochen war.
    Die Verhältnisse waren geklärt – und das meist zu ihren Gunsten.
    Beata hatte ihr Zimmer bereits wieder verlassen und war auf dem Weg nach draußen, zur Dürren. Sie überquerte die Rasenfläche, bevor sie erneut stoppte.
    Da war er wieder, dieser starke Herzschlag. Und sie war nicht einmal gerannt. Beata traute ihren Augen kaum, und das schon zum zweiten Mal an diesem Tag.
    Ein Mann mit demselben schwarzen Drachen stand vor ihr, als habe er den ganzen Tag nichts anderes getan, als diesen Drachen steigen zu lassen.
    Wollte sie jemand hinters Licht führen?
    Hatte die Dürre gewusst, dass sie zur Rede gestellt würde? Den Drachen zur Täuschung weitergegeben? Oder sollte ihr das Gedächtnis einen so großen Streich spielen, dass sie sich alles bloß eingebildet hatte?
    Etwas stimmte nicht.
    Die war verrückt.
    Die Dürre war total verrückt.
    ***

Bereits kurze Zeit später hatten die großen Ahornbäume ihr Blätterkleid ganz abgelegt.
    Beata schmunzelte
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