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Wachkoma

Wachkoma

Titel: Wachkoma
Autoren: Jasmin P. Meranius
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würde. Bis nichts zurückbliebe.
    Wie unterschiedlich man technischen Fortschritt und Innovation doch wahrnehmen konnte, dachte Beata damals, als sie den Bericht gesehen hatte.
    Doch jetzt, wo sie so dalag, irgendwo im Norden, wusste sie nicht, ob sie das noch immer so sehen wollte.
    Sie nahm den letzten Zug ihrer Zigarette und drückte sie schließlich im Aschenbecher aus.
    ***

Am nächsten Morgen fühlte sich Beata nicht besonders. Ihr Rücken schmerzte, irgendwie musste sie sich verlegen haben. Es war wieder einmal so ein Morgen, an dem sie geradezu neben sich stand und gleich zwei Koffeintabletten auf einmal hätte vertragen können.
    Die Tabletten fehlten ihr zweifellos.
    Es blieb ihr also nichts anderes übrig, als nach dem Frühstück hinaus in den Garten zu laufen, um ein wenig frische Luft zu schnappen – als kleine Ersatzdroge.
    Sie rauchte die letzte Zigarette aus ihrem Päckchen und lief ein Stück durch das parkähnliche Anwesen.
    Zum Schutz gegen den starken Herbstwind stellte sie den Kragen ihrer Fleecejacke auf, denn die Blätter wirbelten wie Seiltänzer durch die Luft. Der Himmel war dabei so bewölkt wie Beatas Stimmung. Der Wind störte sie zunehmend und so beschloss sie, ihre Runde doch zu verkürzen und wieder ins Haus zu gehen.
    Auf dem Rückweg sah sie, wie jemand einen schwarzen Drachen steigen ließ und sich wohl sehr am Wind erfreute.
    Beata wollte den Blick schon wieder abwenden, als sie wie von einer inneren Stimme getrieben genauer hinschaute. Die Person kam bereits näher – um genau zu sein, direkt auf sie zu.
    „Der kleine Komet liebt unsere Erde bedingungslos. Auch den Wind. Er weiß um seine Stärken und sein Können“, rief man ihr zu und Beata traute ihren Augen kaum: es war die Dürre, die nur wenige Meter von ihr entfernt stehen geblieben war.
    Automatisch lief sie ein paar Schritte auf die Dürre zu und rief: „Was hast du da gesagt?“
    Doch die Dürre hatte sich längst weggedreht und lief wieder in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war.
    „Was, verdammt noch mal, hast du da gesagt?“, rief ihr Beata erneut lauter und energischer hinterher, erhielt aber keine Antwort.
    Was sollte diese Nummer mit dem schwarzen Drachen?
    Woher wusste die Dürre von dem kleinen Kometen, einer ausgedachten Geschichte ihres Vaters?
    War etwa jemand hier, den sie kannte?
    Ein wenig hektisch blickte sich Beata auf dem Anwesen um. Der Wind wehte noch immer und ließ die Blätter der großen Bäume laut rascheln.
    Wie war das möglich?
    Beata fing an zu rennen. Zurück zum Haus. Ohne zu wissen, weshalb.
    Sie lief so schnell, dass ihr Herz wie wild zu klopfen begann.
    Erst nach ein paar Sekunden reduzierte sie ihr Tempo wieder, bis sie schließlich nur noch ging.
    Auf ihrem Zimmer angekommen, verschloss sie die Tür hinter sich.
    Noch immer sehr angespannt, ließ sie sich in den kleinen Sessel vor dem Erkerfenster fallen und starrte aus dem Fenster, in der Hoffnung, die Dürre noch einmal mit dem Drachen zu sehen.
    Ihre Art und Weise, auf den Zwischenfall zu reagieren, hätte Beata wahrscheinlich schon ein paar Stunden später als neurotisch eingestuft. In diesem Moment jedoch wusste sie überhaupt nichts mehr richtig einzustufen.
    Ihre Nerven mussten ein wenig blank liegen.
    Und als ob das nicht schon genug wäre, fühlte sie sich plötzlich auch noch wie in ihre Kindheit zurückversetzt, als sie ihren Vater vor ihrem inneren Auge sah.
    „Ein kleiner Komet wird vom Himmel verbannt und verliebt sich in die Erde“, so lautete der Beginn einer ausgedachten Geschichte, die Beatas Vater ihr als kleines Mädchen vor dem Einschlafen oft erzählt hatte.
    Abend für Abend wünschte sie sich die Geschichte vom kleinen Kometen, der, aus dem Universum verbannt, auf die Erde geschickt wurde.
    Wie sich im Laufe der Geschichte herausstellte, war es aber für den kleinen Kometen überhaupt keine Strafe, hier zu sein, denn es gab viele wunderbare Dinge zu sehen und zu erleben.
    Am liebsten mochte Beata es, wenn sich der kleine Komet in den Wind verliebte und mit ihm durch die Lüfte flog.
    Beata erinnerte sich plötzlich wieder, wie sie als kleines Mädchen auch so gerne fliegen wollte – den Wind liebte, der so stark war wie kein anderer und unaufhaltsam immer seine Ziele verfolgte.
    Aber sie hatte nie jemandem davon erzählt.
    Wie um Himmels Willen konnte die Dürre davon wissen? Hatte man sich gegen sie verschworen?
    Steckte ihre Mutter dahinter oder sollte es tatsächlich ein Zufall
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