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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss
Autoren: Patricia Schroeder
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Jolin. »Meintest du das?«
    »Er redet weniger als nur keinen Schwachsinn«, sagte Anna. »Man kann sich überhaupt nicht mit ihm unterhalten. Er scheint sich für nichts zu interessieren.«
    »Nicht mal für Klarisse«, sagte Jolin. Sie hatte es sich einfach nicht verkneifen können.
    »Das werden wir ja sehen«, entgegnete Anna.
    »Also, ich finde ihn in Ordnung so.«
    »Ja, du! Du interessierst dich ja auch für nichts ...« »Du weißt genau, dass das nicht stimmt«, sagte Jolin. Sie spürte eine feine Welle heißer Wut in sich aufsteigen. Plötzlich hatte sie keine Lust mehr, sich mit Anna zu unterhalten. Sie sprang auf und ging zur Mitteltür. Anna folgte ihr auf dem Fuß. »Was soll denn das?«
    »Ich mag es nicht, wenn du so über Rouben redest«, sagte Jolin. »Du kennst ihn doch gar nicht.«
    »Du etwa?«
    »Hab ich das behauptet?«
    »Wieso verteidigst du ihn dann?«, erwiderte Anna. Sie wirkte zornig, aber offensichtlich wollte sie das Gespräch nicht einfach abbrechen. »Du hast dich doch nicht etwa ...?« Ihre Stimme wurde sanfter.
    »Was?«, fragte Jolin ungeduldig.
    »Na, in ihn verguckt.«
    »Du bist ja bekloppt.«
    Anna grinste verblüfft. »Das hast du noch nie gesagt. Bekloppt ...« Ihr Grinsen wurde noch breiter. »Warum denn plötzlich so heftig?«
    »Vielleicht kennst du mich einfach nicht gut genug«, entgegnete Jolin. Die Wut in ihr drohte überzukochen, und sie überlegte, ob sie noch weiter nach vorn bis zur nächsten Tür gehen sollte, entschied dann jedoch, dass es albern wäre.
    »Vielleicht hast du dich aber ganz einfach doch in ihn verguckt«, sagte Anna hartnäckig.
    »Denk, was du willst.« Jolin wandte den Kopf ab, versuchte sogar den Blickkontakt mit Annas Spiegelbild in den Fensterscheiben zu vermeiden. Sie hörte sie leise seufzen. Anna schien mit sich zu kämpfen, dann sagte sie schließlich: »Ich wollte ja bloß wissen, ob er dir gegenüber auch so knochig ist.«
    »Ja, ist er«, erwiderte Jolin. »Können wir jetzt vielleicht über was anderes reden?«
    Anna schwieg. Sie blieb noch einen Augenblick neben Jolin stehen, schließlich ging sie ohne ein weiteres Wort zu ihrem Platz zurück.
    Dann eben nicht, dachte Jolin. Obwohl sie es nicht wollte, fühlte sie sich gekränkt. Plötzlich ärgerte sie sich darüber, dass sie nicht entspannter mit der Situation umgegangen war. Warum hatte sie nicht einfach freundlicher zu Anna sein können? Es wäre doch eine gute Gelegenheit gewesen, endlich mal wieder mit ihr zu plaudern. Auch wenn Anna sie eigentlich nur wegen Rouben ausfragen wollte! Jolin schüttelte den Kopf. Wie kam Anna nur darauf, dass sie ihm gegenüber irgendwelche Verliebtheitsgefühle haben könnte? Nach nicht einmal einem halben Tag!
    Liebe war für Jolin etwas Großes, etwas, das nicht einfach so über Nacht kam, sondern sich wie eine Blume aus einem Samenkorn langsam entwickelte und sich erst dann wirklich zu erkennen gab, wenn die Blüte sich vollends geöffnet hatte.
    Jolin lächelte bitter. Klarisse würde eine solche Vorstellung wahrscheinlich als puren Kitsch bezeichnen oder bestenfalls in der Kategorie hoffnungslos unzeitgemäß romantisch unterbringen und damit als absolut unpassend zu Jolins angeblich so kopfgesteuertem Wesen erachten. Klar, sie selbst mochte es lieber schnell und leidenschaftlich. Verlieben, einander aussaugen und verglühen, nein, das war nicht Jolins Sache. So wollte sie es nicht.
     
    »Und? Wie war dein Tag?«, fragte Paula Johansson, nachdem Jolin in den Flur getreten war und ihre Sachen an die Garderobe gehängt hatte. Ein verführerischer Duft nach Ingwer, gelbem Curry und anderen exotischen Gewürzen strömte ihr aus der Küche entgegen.
    »Gut«, sagte Jolin und hauchte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. »Was kochst du denn da schon wieder Verrücktes?« Neugierig hob sie die Deckel der beiden Töpfe auf den hinteren Herdplatten an und hielt schnuppernd ihre Nase darüber.
    »Gar nichts Verrücktes«, erwiderte Paula lachend. Sie schüttelte den gusseisernen Wok, in dem eine Mischung aus Hühnchenfleisch, Möhren und Porree in heißem Ol dünstete, mit leichter Hand hin und her. »Es handelt sich um ein ganz normales ayurvedisches Gericht. Aber für dich ist ja alles exotisch, was nicht aus Kartoffeln, Bohnen oder Schnitzeln besteht.«
    »Ma, so ist es ja nun auch wieder nicht«, protestierte Jolin. »Aber ich liebe deine Salzkartoffeln und deine Schnitzel ebenso sehr wie all das andere internationale Zeug.«
    »Zeug! Na, hör
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