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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss
Autoren: Patricia Schroeder
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mal!« Paula schüttelte den Kopf. »Ich dachte eigentlich, dass man spätestens in der Oberstufe gelernt hat, wie man sich ausdrückt.«
    »Ach, Ma, musst du es denn immer so genau nehmen?« Jolin ließ sich auf einen der drei Stühle sinken, die um einen kleinen ovalen Holztisch herumstanden. Sie stützte den Kopf in die Hände und schloss die Augen. Erst jetzt merkte sie, wie erschöpft sie war. Aber das würde sich geben, wenn sie erst einmal etwas gegessen und ein wenig ausgespannt hatte.
    »Das tust du doch auch«, erwiderte Paula Johansson überrascht. »Du bist das korrekteste Wesen, das ich kenne. Ich dachte immer, du hättest das von mir«, fügte sie ironisch lächelnd hinzu.
    »Du ärgerst dich ja bloß darüber, dass ich deine Kochkünste nicht ausreichend gewürdigt habe«, sagte Jolin matt.
    Ihre Mutter nickte. »Stimmt.« Immer noch umspielte das ironische Lächeln ihre Mundwinkel.
    »Was ist mit Pa?«, fragte Jolin. »Schafft er es zum Essen?«
    Paula hob lachend die Hand. »Wo denkst du hin!«, rief sie. »Für Gunnar schiebe ich das ganze Zeug nachher nochmal in die Mikrowelle.«
    Jetzt lächelte Jolin auch.
    »Könntest du vielleicht schon mal den Tisch decken?«, fragte Paula. »Oder bist du zu müde?«
    »Eigentlich schon«, sagte Jolin. »Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Vielleicht liegt es am Wetter.«
    »Am Mond, meinst du wohl«, erwiderte ihre Mutter.
    »Aber er ist doch gar nicht voll«, sagte Jolin.
    »Im Gegenteil, er nimmt gerade ab«, entgegnete Paula. »In dieser Phase kann man sich schon mal ein wenig energielos fühlen.«
    »Seit wann interessierst du dich denn für so etwas?«, fragte Jolin erstaunt. Sie fischte die gelben Platzsets von der Küchenanrichte, rollte sie auseinander und legte sie auf den Tisch. Dann erhob sie sich von ihrem Stuhl und öffnete die Tür des Hängeschranks, um zwei Teller herauszunehmen.
    »Ich bin eben mit Leib und Seele Hausfrau«, sagte Paula. »Diese Spezies ist heutzutage selten genug. Außerdem wird sie immer noch unterschätzt.«
    »Und ziemlich schlecht bezahlt«, fügte Jolin hinzu. Sie zog die Tischschublade heraus, in der sich das Besteck befand. »Brauchen wir Messer?«
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Nur Gabeln.« Sie seufzte leise, was Jolin als Bestätigung ihrer Bemerkung
    zur finanziellen Würdigung einer Hausfrau wertete, und fuhr dann fort: »Um mir die Arbeit zu erleichtern, richte ich mich nach den Mondphasen.«
    »Ts.« Jolin konnte es nicht fassen. »Und daran glaubst du?«
    »Zuerst natürlich nicht«, erwiderte Paula. »Du kennst mich ja. Ich bin in solchen Dingen genauso nüchtern wie du. Aber ich habe festgestellt, dass tatsächlich was dran ist. Und wenn man sich eine Weile damit beschäftigt hat, leuchtet es auch ein. Wenn der Mond das Meer beherrscht, Ebbe und Flut hervorruft, ist es doch nur konsequent, davon auszugehen, dass er auch Einfluss auf den Wasserhaushalt unseres Körpers hat.«
    »Und auf den deines Putzeimers ebenfalls?«, fragte Jolin grinsend. Sie hatte inzwischen zwei Gabeln hervor-gekramt und die Schublade wieder geschlossen.
    »Ja, ja, spotte du nur«, sagte Paula, die nun den Wok vom Herd auf den Tisch hinüberhievte und anschließend die beiden Töpfe danebenstellte. »Im Übrigen ist es mir völlig egal, wie du darüber denkst.«
    »Jetzt schwindelst du«, erwiderte Jolin. Sie nahm ihrer Mutter die Reiskelle aus der Hand und gab ihnen beiden auf. »Dir ist es außerordentlich wichtig, dass ich dich ernst nehme.«
    »Nein«, sagte Paula.
    »Wie bitte?« Einen Augenblick lang wusste Jolin nicht, ob sie lachen oder wütend sein sollte, bis sie den amüsierten Ausdruck im Gesicht ihrer Mutter bemerkte. Sie ließ sich auf ihren Stuhl zurücksinken und atmete geräuschvoll aus. »Was willst du mir damit sagen?«
    »Die Wahrheit«, erwiderte Paula. »Im Großen und Ganzen zumindest. Im Detail heißt das, dass ich natürlich nach wie vor großen Wert auf deine Meinung lege. Es bedeutet jedoch nicht, dass ich mich davon im negativen Sinne beeinflussen lasse.«
    »Aber Ma, ich würde doch nie ...«
    Paula Johansson ließ ihre Tochter nicht ausreden. »Natürlich würdest du das«, hielt sie sofort dagegen. »Jeder Mensch macht das. Es ist völlig normal und geschieht zu mindestens fünfzig Prozent absolut unabsichtlich.«
    »Woher weißt du das? Etwa auch aus deiner Mondlektüre?« Jolin konnte den Spott einfach nicht aus ihrer Stimme heraushalten.
    Paula lachte. »Nein, das ist ein ganz
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