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Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)

Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)

Titel: Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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1. Tore und Steine
     
    Ich lehnte mich zufrieden in meinen Stuhl zurück. Eberhard, der Wirt des Gasthofs Zum Hammerkopf , hatte sich in der Küche selbst übertroffen, und ich fühlte mich angenehm gesättigt. Es war gemütlich in der Gaststube und warm genug, um einen kühlen Schluck Fiorenzer Wein zu genießen. Vielleicht war es sogar etwas zu warm, aber ich bezweifelte, dass sich jemand beschweren würde.
    Vor drei Wochen hatte hier, am Fuß des Donnerpasses, ein magischer Eissturm gewütet und uns mit seiner Kälte zu erdrücken gedroht. Nur durch das Opfer tapferer Männer und Frauen war es gelungen, den Verursacher des Sturms zu besiegen und seine Macht zu brechen. Nie wieder wollte ich diese Kälte spüren. Oder mich beschweren, wenn es mir zu warm war.
    Der Sturm war also vorbei, doch der Winter ganz gewiss nicht, und so blieben wir eingeschneit. Aber jetzt erschien mir der Winter, obwohl klirrend kalt, als mild.
    Eberhard besaß ein großes Lager mit ausreichend Proviant und Brennholz, die Gesellschaft war – mit wenigen Ausnahmen – angenehm, und der Frühling würde irgendwann kommen. Ich hatte es nicht eilig.
    Was konnte einem Mann besseres passieren, als mit einer bezaubernden Frau eingeschneit zu sein?
    Ich stellte den Wein ab, erlaubte mir ein dezentes Gähnen und ergriff mein Schnitzmesser und das Stück Holz, aus dem die Königin werden sollte. Dem Holz Figuren zu entlocken war weniger eine Kunst als eine Gabe, die Gabe, im Holz das zu sehen, was es werden wollte … In diesem Fall hatte ich lange nach dem passenden Stück gesucht.
    In der Maserung des Holzes konnte ich sie bereits sehen, die weiße Königin. Auch das war keine große Kunst, hatte ich doch noch am Morgen ihr schlafendes Gesicht in aller Ruhe studieren können.
    Leandra, Maestra de Girancourt.
    »Ich sage euch, er führt etwas im Schilde! Wundert ihr euch denn nicht, dass er erst ankam, nachdem alles vorbei war?«
    Irritiert sah ich auf. Diese quengelnde Stimme gehörte Holgar, einem Händler aus Losaar. Er war einer der weniger angenehmen Zeitgenossen hier im Raum. Ich wusste nicht, wie oft er schon erzählt hatte, dass er nun ruiniert sei, dass jener Sturm ihn seine Existenz gekostet habe, der Pass vor der Zeit geschlossen worden sei und dass es nur recht und billig wäre, gestände man auch ihm einen Teil des Schatzes zu, den wir unter dem alten Gasthof gefunden hatten.
    Die Blicke, die er auf diesen Vorschlag hin erhalten hatte, brachten ihn wohl dazu, seine Taktik zu ändern. Ich fragte mich insgeheim, wie lange es wohl noch dauern mochte, bis ihn jemand draußen vor dem Tor im Schnee fand. Tiefgefroren.
    Astarte lehrt uns, dass es nicht weise ist, einem anderen Menschen Unglück zu wünschen, aber Holgar, so fand ich, konnte die Geduld eines Heiligen strapazieren. Heilige indes waren schwer zu finden – und schon gar nicht im Hammerkopf .
    Jetzt versuchte er schon seit einiger Zeit, Misstrauen gegen den einzigen Gast zu schüren, der diesen verheerenden Eissturm nicht erlebt hatte. Er sprach von Kennard, einem Mann mittleren Alters, Geschichtsgelehrtem und Geschichtenerzähler. Was Holgar ihm zum Vorwurf machte, war, dass er, kurz nachdem der Sturm abgeflaut war, hier erschienen war. Und dass er, nach Holgars gelehrter Meinung, zu viel über das Alte Reich wusste.
    »Warum fragt ihn niemand, woher er kommt? Und vor allem, wie er es durch den Sturm geschafft hat. Du, Maria, ich will noch einen Wein!«
    Mit einem Seufzer legte ich das Schnitzmesser zur Seite. Ich wollte nicht riskieren, dass sich mein Ärger im Holz niederschlug.
    Maria, eine der Töchter des Wirts, warf ihm einen halb geduldigen, halb amüsierten Blick zu. Ich bewunderte sie ob ihrer Ruhe, als sie gemessenen Schritts zu seinem Tisch ging und ihm Wein nachschenkte. Mit verkniffener Miene nahm er einen Schluck und sah sich zornig um. Es schien, als ob er keine Anhänger finden würde, denn niemand saß mehr an seinem Tisch, selbst jene nicht, die ihm zuvor als Wächter gedient hatten. Also führte er, vom Wein beflügelt, ein Gespräch über die Tische hinweg, während die anderen sich redlich bemühten, ihn zu ignorieren.
    Als ich zu ihm hinübersah, bemerkte er es wohl, denn sein Blick fiel nun auf mich.
    »Ha! Ein Held wollt Ihr sein … Doch Ihr lasst Euch an der Nase herumführen wie eine Sau! Aber das ist ja wohl passend, nicht wahr, Schweinehirte?«
    Ich stand auf. Im Lauf eines langen Lebens hatte ich etwas Geduld gelernt. Etwas, nicht viel. Vielleicht
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