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Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Titel: Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)
Autoren: Frau Freitag
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dem Klassenlehrer und seinen Eltern sprechen. Aber nicht jetzt. Beim dicken Dirk kleckert Farbe auf die Hose: »Scheiße, Frau Freitag, geht die wieder raus? War 80 Euro, die Hose!«
    »Ja, ja, das geht wieder raus.«
    Dann das Klingeln. Zack, und schon sind alle weg. Die Wand sieht so schlimm aus, dass ich dem Klassenlehrer einen Brief auf dem Pult hinterlasse, dass wir da noch mal drübergehen müssen. Dann mache ich mich alleine ans Aufräumen. Es ist 14.30 Uhr. Der Stuhl, auf dem die Farbe stand, ist total eingesaut. Den schleppe ich durch das ganze Schulhaus zu einem Waschbecken. Dann die bekleckste Zeitung entsorgen und mich notdürftig säubern. Völlig verschwitzt schleiche ich irgendwann ins Wochenende zu Fräulein Krise, die mir freudig von ihrem perfekten Tag erzählt. Ich fühle mich wie lebendig begraben.
    Mein System ist king
    Jetzt hab ich den Salat. Meine ganzen Vorsichtsmaßnahmen in Sachen Krankheitsprävention waren für die Katz. Dabei habe ich in den letzten Wochen sicher sieben Meter Abstand von den schniefenden Kollegen gehalten, wenn ich mit ihnen redete. Falls sie mir am Vertretungsplan von hinten oder seitlich mit ihrem kontaminierten Tröpfchenmist zu nahe kamen, habe ich demonstrativ meinen Hefter zwischen sie und mich gehalten und wütend gefaucht: »Du bist ja immer noch krank.« Die Kollegin lächelt leicht schuldbewusst, aber ich erkenne auch diesen Märtyrer-mäßigen Ich-komme-trotzdem-auch-wenn-ich-krank-bin-Blick. Auf ein Lob von mir können die lange warten. »Mann, bleib doch zu Hause, verdammt. Du steckst uns doch alle an. Willst du mich anstecken? Ich will nicht krank werden!« Die kranken Kollegen sind dann echt verwirrt.
    Jedenfalls hat meine Anmecker nichts genutzt. Seit gestern habe ich Halsschmerzen. Ich versuche, sie in Tee und Kaffee zu ertränken und mit Zigaretten auszuräuchern. Mal sehen, ob das gelingt.
    Fräulein Krise sagt, es seien gar nicht die Viren, die rumfliegen und mich angreifen, das hätte vielmehr mit meinem Immunsystem zu tun. Einen Dreck hat das mit meinem System zu tun. Mein System ist king!
    Aber die sollen nur warten, diese kranken, in die Schule kommenden Kollegen, wenn die wieder ganz gesund sind, dann komme ich krank zur Arbeit – sehr krank – und sehr ansteckend und klebe mich an sie, fasse alles an, was ihnen gehört, spucke auf ihre Kaffeetassen, begrapsche ihre Stifte, lecke den Griff ihrer Schultasche und die Klinken in ihren Klassenräumen an. Und dann können sie mal sehen. Und das mache ich direkt VOR DEN FERIEN!
    Schantalle
    Ich habe dann heute doch gar nichts angeleckt. Weder Türklinken noch Lichtschalter, es gab auch keine Zungenküsse mit den noch nicht erkrankten Kollegen. Ich bin schön pflichtbewusst zur Schule, mit Mundschutz und zehn Meter Sicherheitsabstand zu jedem Kollegen schlich ich durchs Lehrerzimmer. Ich habe noch nicht einmal erwähnt, dass es mir gestern und vorgestern nicht gutging.
    Mein Plan war ja ursprünglich, bis kurz vor der Mittagspause zu warten und mich dann röchelnd ins Schulleiterbüro zu schleppen und mit letzter Kraft zu verkünden, dass ich nicht mehr kann, kurz vorm Exitus stehe und jetzt sofort nach Hause und ins Bett muss. Und selbstverständlich kann ich morgen nicht kommen.
    Und was habe ich getan? Gar nichts. Schön den vorbereiteten Unterricht abgehalten, in meinen Freistunden dies und das organisiert und dann wieder Unterricht, Test schreiben lassen – von dem mal wieder nur ich wusste –, einen Spickzettel und ein Handy abgenommen. Der Typi hatte doch echt nur faul die Arbeitsblätter fotografiert und sich dann schön das Handy neben das Aufgabenblatt gelegt: Täuschungsversuch – null Punkte.
    Meine ganz spezielle Freundin in dieser Klasse, Schantalle, versuchte, mich vorher noch zu überreden, den Test erst nächste Woche zu schreiben.
    Schantalle kommt vom Gymnasium und ist bei uns toootal unterfordert. In meinem popligen Kunstunterricht stöhnt sie seit Stunden, wie pillepalle-einfach das doch alles sei.
    »Warum müssen wir denn die Fragen abschreiben? Ich kann doch auch gleich die Antworten auf das Blatt schreiben.«
    Oder: »Was Perspektive ist, weiß ich doch. Hallo?! Ich will später in den Leistungskurs – das ist hier alles ein Witz …«
    Jedenfalls geht mir die Madame gehörig auf die Ketten und ich ihr wahrscheinlich auch.
    In der Pause kommt sie zu mir: »Frau Freitag, wir sollen doch heute einen Test schreiben …«
    »Ja.«
    »Können wir den denn nicht nächste Woche
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