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Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)

Titel: Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)
Autoren: Frau Freitag
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»Yo, yo, yo, Liebe, Baby, Max hier, Max da … rap rap rap.« Alle sind begeistert, klatschen und unterschreiben die Karte.
    Dann geht es zum Unterricht bei Herrn Schwarz. Ich begleite meine Schüler.
    Herr Schwarz kommt rein. Die frisch gewählten Klassensprecher, Bilal und Marina, stehen vorne und bitten ihn, sich erst mal hinten hinzusetzen, denn die Klasse hätte eine Überraschung für ihn. Dann trägt Emre seinen Rap und Funda den Text von der Karte vor. Danach erzählt Herr Schwarz von der Geburt. Alles ist rührend und toll. Ich bin stolz auf meine Klasse und auf mich. Dann guckt Herr Schwarz zu mir, grinst und sagt: »Aber das Baby heißt Moritz.«
    Und unter wüstem: »Frau Freiiiiiiitaaag, oh Maaann, Sie sind schuld. Sie haben voll verkackt!«, schleiche ich mich geduckt aus dem Raum.
    Ich werde Diseinerin
    Zum Elternabend kommt genau ein Elternteil. Die Mutter von Funda. Sonst NIEMAND. Ich hatte den Schülern vor einer Woche die Einladungen mitgegeben. Ich bekam drei Rückmeldungen. Ich sagte ihnen, dass es um Berufsberatung gehen und ich die unterschiedlichen Schulabschlüsse erklären würde. Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen. Berufsberatung, Schulabschlüsse … vielleicht sind das schlimme Tabuworte. Vielleicht ist es zu hart, von den Schülern und den Eltern zu verlangen, sich damit auseinanderzusetzen. Eine Zumutung, sich mit der eigenen Zukunft zu beschäftigen. Läuft doch alles. Sie gehen zur Schule, und das Geld kommt schon irgendwie aufs Konto. Selber Geld verdienen – am Ende noch einen Beruf erlernen … wo kommen wir denn da hin, chill mal, Frau Freitag! Sie stressen!
    Und wenn sich meine Schüler irgendeine Tätigkeit vorstellen können – na, dann muss die aber gleich mit 10.000 Euro entlohnt werden. Die haben so gar keine Ahnung von der Welt.
    Heute habe ich ihnen gesagt, dass sie sich dieses Jahr bewerben müssen. Eigentlich schon im ersten Halbjahr. Sie wurden ganz still und starrten mich nur entsetzt an, als hätte ich gesagt, sie würden in der kommenden Stunde hingerichtet werden. Abdul sagt, er will zur Polizei, und Bilal will zur Feuerwehr. Fehlt nur noch, dass einer Pilot oder Lokomotivführer werden will. Die Polizei wird Abdul nicht wollen. Auch wenn sie ihn immer wieder vorlädt. Und die Mädchen? Fatma will »Diseinerin« werden. Und Emre möchte einen Puff leiten. So einen gibt es in jeder Klasse. Wie viele Puffbesitzer braucht Deutschland eigentlich? Und wer soll da arbeiten? Hure habe ich als Berufswunsch noch nie gehört.
    Zuckerfest
    Zuckerfest – muslimischer Feiertag. Meine Klasse ist dezimiert auf vier Kinder, die sich an mich rankuscheln – im übertragenen Sinne –, sie sitzen einfach mal in der ersten und zweiten Reihe und plaudern über ihr Leben. Handzahm fressen sie alles, was ich ihnen hinwerfe, und die Stunde verfliegt wie im Nu. (Wo ist das Nu eigentlich sonst? In den Doppelstunden in der 7. Klasse, da bräuchte ich das Nu, das zieht sich immer so zäh hin.)
    »Frau Freitag, Erol und Karim haben es gut. Die tanzen sooo geil, und die verdienen ein Schweinegeld damit«, sagt Marcella voller Bewunderung. Und recht hat sie. Erol und Karim sind Hip-Hop-Götter.
    »Wie verdienen die denn damit Geld? Geben die Unterricht? Oder treten sie irgendwo auf?«
    »Die haben auch Auftritte mit ihrer Gruppe. Aber die gehen einfach immer vors Center und tanzen da, da kriegen die übertrieben viel Kohle.«
    »Na, Marcella, die haben ja auch richtig viel geübt dafür.«
    »Ja, ich weiß. Die haben es gut. Die machen was, was ihnen Spaß macht, das können sie auch noch voll gut, und dann bekommen sie dafür noch Geld.«
    »Na, das kannst du doch auch machen.«
    »Ja, da müsste ich schon fürs Schlafen bezahlt werden. Das ist das Einzige, was ich gut kann.« Marcella sieht super aus, aber mir fällt auch keine spezielle Fähigkeit ein, die sie auszeichnen würde. Und für ständiges Zuspätkommen wird sie wahrscheinlich auch niemand entlohnen.
    »Die haben wahrscheinlich die ganze Zeit Tanzen geübt, während du geschlafen hast.«
    »Frau Freitag, haben Sie gehört, dass da welche den Koran verbrennen wollen?«, fragt Marina.
    »Ja, hab ich gehört. Was haltet ihr denn davon?«
    »Ist mir egal, aber haben Sie auf YouTube das Video gesehen von dem Mädchen, das überfahren wurde, weil zwei Jungs sie erschreckt haben?«
    »Habt ihr auch von der Sarrazin-Debatte gehört?«, frage ich.
    »Ist das der, der so viel Scheiße labert?«, fragt Marcella. »Der dieses Buch
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