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Vier Morde und ein Hochzeitsfest

Vier Morde und ein Hochzeitsfest

Titel: Vier Morde und ein Hochzeitsfest
Autoren: Janet Evanovich
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Einnahmequellen.
    Ich schaute mir das beigefügte Foto von Briggs an. Er sah gar nicht so schlecht aus. Über vierzig, schlank, angehende Glatze, weiße Hautfarbe. Bei der Rubrik Beruf stand selbstständiger Computerprogrammierer.
    Ich seufzte resigniert und steckte den Hefter in meine Umhängetasche. »Ich werd mal mit ihm reden.«
    »Wahrscheinlich hat er es bloß vergessen«, sagte Connie. »Ein Kinderspiel für dich.«
    Ich warf ihr meinen üblichen Blick zu: ›Von wegen Kinderspiel!‹, und ging. Es war Montagmorgen und vor Vinnies Ladenbüro brauste der Verkehr. Der Oktoberhimmel war blau, blauer geht’s nicht in New Jersey, und die Luft draußen war knackig frisch und kohlenwasserstoffarm. Mal ganz schön zur Abwechslung, obwohl es einem den ganzen Spaß beim Atmen wieder verdarb.
    Ein neuer roter Firebird glitt hinter meinem 53er Buick an den Straßenrand. Lula stieg aus, stemmte die Fäuste in die Hüften und schüttelte den Kopf. »Mädchen, Mädchen! Fährst du immer noch diese alte Zuhälterkarre?«
    Lula machte die Aktenablage bei Vinnie und kannte sich bestens mit Zuhälterkarren aus, da sie früher mal auf den Strich gegangen war. Mit ihrem Gewicht von zwei Zentnern, einer Körpergröße von einem Meter sechzig, Muskelpaketen statt Schwabbel, gilt sie als das, was im Gewerbe beschönigend als »starke Frau« bezeichnet wird. Für diese Woche hatte sie sich ihre Haare orange gefärbt, was, zusammen mit ihrer dunkelbraunen Hautfarbe, sehr herbstlich wirkte.
    »Der Wagen ist ein Klassiker«, sagte ich zu Lula. Dabei wussten wir beide, dass mich Klassikermodelle nicht die Bohne interessierten. Ich fuhr den Schlitten, weil mein alter Honda Feuer gefangen hatte und zu einem Haufen Asche verbrannt war und mir das Geld für ein neues Auto fehlte. So hatte ich leihweise auf das benzinschluckende Ungetüm von Onkel Zandor zurückgegriffen – nicht zum ersten Mal.
    »Du lebst nicht gemäß deinen Verdienstmöglichkeiten, das ist dein Problem«, stellte Lula fest. »Wir kriegen in letzter Zeit nur Kleinkram rein. Du brauchst einen richtigen Serienkiller oder einen Vergewaltiger und Mörder auf Kautionsflucht. Diese Typen bringen wenigstens anständig Geld in die Kasse.«
    »Ich hätte nur zu gerne so einen Fall.« Das war eine faustdicke Lüge. Sollte mir Vinnie jemals den Auftrag erteilen, einen Vergewaltiger und Mörder aufzuspüren, würde ich kündigen und mir einen Job als Schuhverkäuferin suchen.
    l.ula stapfte ins Büro, und ich setzte mich hinters Steuer und las mir noch mal die Akte von Briggs durch. Briggs hatte unter den Rubriken ›privat‹ und ›beruflich‹ dieselbe Adresse angegeben, Cloverleaf Apartments, Grand Avenue. Es war nicht weit von unserem Büro entfernt, ungefähr anderthalb Kilometer. Ich fädelte mich in den Verkehr ein, machte an der nächsten Kreuzung verbotenerweise eine Kehrtwendung und fuhr die Hamilton hinunter bis zur Grand Avenue.
    Die Cloverleaf Apartments befanden sich zwei Straßen weiter. Ein rotes Backsteingebäude, streng und zweckmäßig, drei Geschosse, Vorder- und ein Hintereingang, im Hof ein kleiner Parkplatz. Schmucklos. Aluminiumfenster, in den Fünfzigerjahren sehr beliebt, jetzt heruntergekommen.
    Ich stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab und betrat die kleine Eingangshalle. Auf der einen Seite befand sich ein Aufzug, auf der anderen eine Treppe. Der Aufzug machte einen Klaustrophobie fördernden, unzuverlässigen Eindruck, deswegen stieg ich die Treppe hoch in den ersten Stock. Randy Briggs Apartment hatte die Nummer 26. Ich blieb für einen Moment vor der Wohnungstür stehen und lauschte. Es drang kein Geräusch nach draußen, kein Fernseher, keine Unterhaltung. Ich drückte auf den Klingelknopf und trat zur Seite, damit man mich nicht durch den Spion sehen konnte.
    Briggs öffnete und steckte den Kopf durch den Spalt. »Ja?«
    Er sah haargenau so aus wie auf dem Foto: strohblondes, ordentlich gekämmtes, kurz geschnittenes Haar; ohne Bart und auch sonst makellos; saubere Kakihose und Button-down-Hemd. Genauso wie ich ihn mir anhand der Akte vorgestellt hatte… außer, dass er bloß knapp einen Meter groß war. Randy Briggs war kleinwüchsig.
    »Oh, Scheiße«, entfuhr es mir, auf ihn hinabschauend.
    »Was ist los?«, fragte er. »Noch nie einen kleinen Menschen gesehen?«
    »Nur im Fernsehen.«
    »Dann ist heute wohl ihr Glückstag.«
    Ich reichte ihm meine Visitenkarte. »Ich komme vom Büro Vincent Plum, Kautionsbürgschaften. Sie haben Ihren
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