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Ein Ami in Tirol

Ein Ami in Tirol

Titel: Ein Ami in Tirol
Autoren: Peter Steingruber
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Aus dem Inhalt:
    In den frühen siebziger Jahren wird auch das kleine Tiroler Dörfchen Beißlwang nicht vom Touristenboom verschont. Auf dem Palauerhof rüstet man sich. Und dann trifft der erste Gast ein: Ein echter Amerikaner! Das hat es noch nie in Beißlwang gegeben. Alles steht kopf. Nicht nur die Paulauer-Töchter sind durcheinander, nein auch die gewichtige Metzgerswitwe gerät in Wallung. Jeder versucht den hohen Gast zu verwöhnen, der alle durcheinanderbringt und am Ende für eine Überraschung sorgt …
     
    *
     
     
    Eva Palauer trat an den Gartenzaun. Sie strich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn und betrachtete den kraftvollen Mann im Nachbarsgarten. Mit weit ausholenden Schwüngen hackte er Holz und schien die hübsche Nachbarin nicht zu bemerken.
    »Na, allweil so fleißig, Christian?«, rief Eva schließlich über den Zaun.
    »Wie du siehst«, brummte Christian Brüggler. Ein paar Augenblicke hielt er inne und wischte sich über die gebräunte Stirn. Dann legte er ungerührt den nächsten Holzklotz auf den Hackstock und schlug ihn entzwei.
    »Bist aber heute wieder recht charmant, Christian«, meinte die junge Hoftochter ein wenig spöttisch und gleichzeitig etwas vorwurfsvoll.
    »Ich bin kein Weiberleut, das sich an den Zaun stellen und ratschen kann«, entgegnete der junge Mann herb. »Siehst ja, dass ich Besseres zu tun habe, oder etwa nicht?«
    »Als ob von ein paar Minuten die Seligkeit abhinge«, meinte Eva lächelnd. »Wenn's darum geht, im Ochsen am Stammtisch zu hocken, fehlt dir auch nicht die Zeit.«
    »Freilich nicht, denn dann hab' ich schließlich Feierabend«, gab er zurück. Dann hielt er inne, legte die Axt weg und kam ein paar Schritte heran. Er fuhr sich mit der Hand über das dunkle, gewellte Haar. »Überhaupt«, begann er zu fragen. »Was geht dich das eigentlich an?«
    »Ich mein halt nur.«
    »Behalt deine Meinung für dich. Ich mach eh, was ich will.«
    »Das merk ich gut«, stellte die junge Frau ungerührt lächelnd fest. »Warum bist du denn so grantig?«
    »Grantig? Ich? Das bin ich nicht. Ich bin nur keine Ratschkathl, das ist alles. Schließlich bin ich bei meinem Bruder Florian so ähnlich wie angestellt. Da muss ich fürs Geld etwas bringen.«
    »Geh weiter«, spöttelte Eva Palauer. »Den Deppen gibst du ihm ab, weiter nichts.«
    Es war seltsam, doch gegen diesen Vorwurf setzte sich der Bruder des Brügglerbauern nicht zur Wehr. Er senkte den Kopf. Gab er damit zu verstehen, dass Eva recht hatte? Er äußerte sich nicht dazu, und es trat eine kleine Weile des Schweigens ein.
    »Am Samstag ist doch Schütztanz beim Ochsenwirt«, erinnerte Eva nun. »Ich hab' dich fragen wollen, ob du auch hingehst?«
    »Wieso auch? Gehst du denn hin?«
    »Ja, zusammen mit meiner Schwester Linda«, erklärte sie. »Auch wir haben die ganze Woche über viel Arbeit und wollen uns ein bissel Vergnügen gönnen.«
    »Na, dann viel Spaß!«
    »Du bist mir eine Antwort schuldig«, erinnerte Eva etwas verschmitzt. Sie sah ihn gern. Schon seit Langem. Wenn er nur nicht so unzugänglich gewesen wäre. Wie ein Weiberfeind kam er ihr manchmal vor. Und dann aber gab es Augenblicke, in denen er sehr nett sein konnte. Man kannte sich bei Christian Brüggler nicht aus.
    »Na, ob du auch zum Schützenball gehst«, half sie ihm auf die Sprünge.
    »Weiß ich noch nicht«, brummelte er daraufhin. »Ich hab's nicht so mit der Tanzerei, das weißt du doch, oder nicht?«
    »Man kann sich auch zusammensetzen und nett miteinander plaudern«, meinte sie.
    »Plaudern? Über was denn?«
    »Menschenskind, da wird einem doch etwas einfallen!«
    »Übers Wetter vielleicht?« fragte er mit schiefem Lächeln.
    »Kindskopf«, scherzte Eva.
    »Na ja, wir werden sehen«, stellte er in Aussicht. »Jetzt aber muss ich wirklich weitermachen, sonst werd ich mit dem verflixten Holz nicht fertig. Und heut nachmittag jagt mich der Florian nach Telfs hinauf. Ich sag's dir.«
    Er war gesprächiger geworden und wirkte heiterer als vorhin.
    In diesem Augenblick trat ein etwas untersetzter Mann vor die Haustür. Er hatte ein recht hübsches Gesicht und beschattete nun mit der Hand die Augen.
    »Das hab' ich gern!«, rief Florian Brüggler. »Am Zaun stehen und mit den Weiberleuten ratschen!«
    »Du, pass auf, Florian!« rief Eva im Scherzton zurück. »Erstens steh ich allein hier und zweitens bin ich kein Weiberleut. Und drittens muss sich dein Bruder nicht zu deinem Sklaven machen lassen.«
    »Ja, ja, mach ihn nur wieder
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