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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Andrea Camilleri
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Zeitpunkt getötet hatte, als der Mann noch keine Gelegenheit hatte, seinen Mut unter Beweis
    zu stellen.
    »Ein hübsches Beispiel von Blutvergießen, Fremde. Willkommen in New York.«
    Sie drehten sich um. Eine Sektion der Wand war verschwunden, und an ihrer Stelle stand eine hagere Gestalt, deren überlanger Schädel mit einer roten Maske bedeckt war. Zwei Augen blitzten humorvoll durch die beiden Schlitze in dem Material.
    Arflane hob instinktiv seinen abgebrochenen Speer. »Dies ist nicht New York! Dies ist ein Platz des Unheils!«
    Die Gestalt lachte leise. »Doch, es ist New York, obwohl nicht die ursprüngliche Stadt Ihrer Legenden. Sie wurde vor fast zweitausend Jahren von einer einzigen Bombe zerstört. Aber diese Stadt steht in der Nähe der alten Stadt. In vielerlei Hinsichten ist die neue Stadt der alten überlegen. Sie haben sich bereits von einem ihrer Vorteile überzeugen können.« Arflane spürte, daß ihm der Schweiß über das Gesicht lief. Er lockerte die Schlaufen seines Mantels. »Wer sind Sie?« fragte er.
    »Wenn Sie es wirklich wissen wollen, werde ich es Ihnen sagen«, erwiderte der Mann. »Folgen Sie mir.«

    25

    Arflane hatte die Wahrheit wissen wollen und war deshalb mit Pyotr Rorsefnes Plan einverstanden gewesen; aber als er jetzt in der hellen Kammer herumblickte, Ulricas Hand auf seinem Arm, spürte er, daß die Wahrheit mehr war als das, was er erwartet hatte. Die rotmaskierte Gestalt verließ den Raum. Die Wände wurden blendend hell, und am Ende der Kammer wurde eine sitzende Gestalt sichtbar. Der Mann trug die gleiche rote Kleidung, aber er war fast ein Zwerg, und eine Schulter
    war höher als die andere.
    »Ich bin Peter Ballantine«, sagte er freundlich. Er sprach sehr präzise, so als habe er die Worte vor noch nicht langer Zeit gelernt. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Arflane und Ulrica nahmen vorsichtig auf der breiten Polsterbank Platz. Sie erschraken, als der Sessel, auf dem der Mann saß, vorwärtsglitt, bis er nur noch einen halben Schritt von ihnen entfernt war. »Ich will alles erklären«, sagte der Mann. »Stellen Sie mir Ihre Fragen, wenn ich fertig bin.« Er erzählte ihnen, daß ein Nuklearkrieg stattgefunden habe. Als er vorüber war, war die menschliche Rasse so gut wie vernichtet. Die Mehrzahl aller Überlebenden hielt sich in Gebieten auf, die von einem Direktangriff verschont geblieben waren, den Polarbasen der antarktischen internationalen Zone. Dort lebten russische, amerikanische, britische und skandinavische Forschungsteams. Im Norden gab es Camp Century, jene Stadt, die die Amerikaner unter dem Eis Grönlands gebaut hatten. Infolge des Nuklearkrieges war die Natur aus dem Gleichgewicht geraten und hatte begonnen, die Erde mit einer dicken Eisschicht zu überziehen. Die Menschen in den beiden Polarcamps hatten sich einige Zeit mittels Funk verständigt, aber die radioaktive Strahlung war zu groß, als daß man persönlich hätte Verbindung aufnehmen können. Aus diesen und jenen Gründen hatten sich beide Gruppen, durch die Umstände getrennt, individuell dem Eis angepaßt. Sie hatten Schiffe gebaut, die, unabhängig von jeder Art Treibstoff, über die Eisoberfläche segeln konnten. Sie hatten Unterkünfte geschaffen, in denen man ohne Heizanlage auskam. Als das Eis die ganze Erde bedeckt hatte, verließen Bewohner der Antarktis diese und zogen in Richtung des Äquators, bis sie das Plateau des Mato Grosso erreicht hatten, auf dem sie sich niederließen. In dem Bemühen, sich den neuen Lebensverhältnissen anzupassen, vernachlässigten sie ihr Wissen und hatten nach einigen hundert Jahren die Legende von der Mutter des Eises geschaffen. Sie vernachlässigten dadurch die Naturwissenschaften, wußten nichts von den Ergebnissen früherer Forschungen. Sie glaubten instinktiv, daß nur das Eis in fernerer Zukunft das Wesen aller Dinge sei. Vielleicht war die Anpassung der Antarktianer eine gesündere Reaktion als die der Arktianer, die sich tiefer und tiefer unter die Eisoberfläche verkrochen und nach wissenschaftlichen Mitteln suchten, das Leben, das sie gewohnt waren, zu erhalten.
    Die letzte Nachricht, die die Arktianer den Antarktianern übermittelten, war, daß sie in der Lage seien, ihren Stadtkomplex weiter nach Süden zu verlagern. Sie wollten nach New York. Nun boten sie den Antarktianern ihre Hilfe an, aber diese Leute lehnten ab und verwendeten die Einzelteile ihrer Funkanlage für andere Zwecke, weil sie sich an ihr Leben gewöhnt hatten und damit
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