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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Andrea Camilleri
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entgegen.
    Als sie den großen Metall- und Glaswald erreicht hatten, spürten sie, daß etwas noch Unnatürlicheres als die Wärme von der Stadt ausströmte.
    Die Pranken von Arflanes Reittier glitten aus, und er rief erstaunt: »Dies ist kein Eis!«
    Die Fläche hatte eine täuschende Ähnlichkeit mit Eis, aber jetzt standen sie darauf und wußten, daß es kein Eis war. Sie konnten hindurchblicken und sahen die verschwommenen Umrisse der Türme, die tiefer und tiefer in die Dunkelheit vorstießen.
    Donal schrie: »Sie haben uns in die Irre geführt, Arflane!«
    Diese plötzliche Erkenntnis erschütterte Arflane so sehr wie die anderen. Betäubt schüttelte er den Kopf.
    Ulsenn ritt an Arflane heran, drohte ihm mit der Faust und schrie: »Sie haben uns in eine Falle gelockt! Ich wußte es doch!« »Ich bin dem Kurs auf Pyotr Rorsefnes Karte gefolgt, das ist alles.«
    »Dies ist ein Ort des Unheils«, sagte der dicke Priester mit fester Stimme. »Wir spüren es alle. Es ist jetzt unwichtig, ob wir getäuscht wurden, aber wir sollten umkehren, solange noch Zeit ist.«
    Arflane teilte die Gefühle des Priesters. Er haßte die Atmosphäre der Stadt. Er hatte gehofft, die Mutter des Eises zu finden, und nun fand er alles vor, was ein Feind der Mutter des Eises war.
    »Nun gut«, sagte er, »kehren wir um.« Aber noch während er sprach, begann sich die ganze Fläche langsam zu senken. Einige Barbaren rissen ihre Reittiere herum und entkamen, aber die meisten sanken mit nach unten. Es schien eine riesige Platte zu sein, die in einem Schacht versank.
    Arflane sah die Blicke Donais und Ulsenns auf sich gerichtet und wußte, daß sie in ihm den Sündenbock sahen.
    »Ulrica!« rief er, riß sein Reittier herum und galoppierte in die Masse der Türme hinein. Ulrica folgte ihm dichtauf. Das Licht wurde schwächer, hinter ihnen schrien die sie verfolgenden Barbaren, angeführt von Ulsenn und Donal. Arflane wußte instinktiv, daß die Leute ihn in ihrer Panik, vielleicht auch Ulrica, umbringen würden. Er stand zwei Gefahren gegenüber, beide schienen unüberwindlich zu sein. Er hatte keine Hoffnung, die Barbaren abzuwehren und der Stadt zu entkommen. Da war ein Eingang in einem der Türme. Er sah warmes Licht. Verzweifelt lenkte er sein Reittier in den Eingang hinein. Ulrica folgte seinem Beispiel.
    Er sah sich in einer Galerie mit Rampen, die abwärts und auf die Plattform des Turms unter ihnen führten. Auf den tieferen Absätzen der Rampen sah er Gestalten, die von Kopf bis Fuß rote, enganliegende Kleidung trugen. Ihre Gesichter waren völlig von Masken bedeckt. Sie blickten auf, als sie die Schritte der Reittiere hörten. Einer von ihnen lachte und deutete nach oben.
    Grimmig lenkte Arflane das Reittier die Rampe hinunter. Zurückblickend sah er, daß Ulrica zwar zögerte, aber ihm letzten Endes folgte. Die Rampe war steil und gefährlich. Zweimal wäre das Tier beinahe über die Begrenzung hinausgerutscht, und dreimal hätte es ihn fast abgeworfen. Als sie unten ankamen, waren die maskierten Männer verschwunden.
    Ulrica holte ihn ein. Er blickte auf die seltsamen Vorrichtungen an den Wänden. Es waren Instrumente, die an Chronometer und Kompasse erinnerten. Auf einigen flackerten Buchstaben, mit denen Arflane überhaupt nichts anzufangen wußte. Sein Hauptinteresse galt im Augenblick einer Tür. Er sah nirgendwo eine Öffnung. Waren diese rotgekleideten Kreaturen Geister? Gehörten sie zum Hof der Mutter des Eises? Von irgendwoher kam leises Gelächter, dann von oben ein laut widerhallender Schrei. Er sah Ulsenn die Rampe herunter auf sich zureiten. Er schwang ein Walmesser, während Arflane nur einen Speer hatte.
    Arflane drehte sich nach Ulrica um. Sie starrte ihn wie zustimmend an. Er ritt Ulsenn entgegen und fing den Hieb des Walmessers mit der Spitze seines Speers auf. Doch das Walmesser kappte die Speerspitze, so daß Arflane so gut wie waffenlos war. Ulsenn holte nach Arflanes Kehle aus, schlug aber vorbei und verlor das Gleichgewicht, als Arflane ihm die abgebrochene Speerspitze in den Hals stieß.
    Ulrica ritt näher heran und beobachtete schweigend, wie Ulsenn sich seine Halswunde hielt und langsam rücklings von seinem Reittier kippte. »Jetzt ist es endgültig zu Ende«, sagte Ulrica.
    »Er hat dir das Leben gerettet«, murmelte Arflane.
    Sie nickte und wiederholte schluchzend: »Jetzt ist es endgültig zu Ende …«
    Arflane war elend zumute. Er fragte sich, weshalb er Ulsenn nicht schon zu einem früheren
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