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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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doch!«
    »Sie sagen es. Aber Sie kamen dennoch zu mir und Grant gelaufen in Ihrer panischen Angst, die Polizei könnte Ihnen nicht glauben. Und Grant und ich verschafften Ihnen ein erstklassiges Alibi und ließen die Tatwaffe verschwinden – daran erinnern Sie sich hoffentlich auch noch, Madame.«
    Nora Hill sah zornig und zugleich hilflos zum Fenster. Draußen wurde es immer dunkler. Ein Windstoß traf die Glasscheiben.
    »Antworten Sie!«
    »Ja! Ja! Ja! Sie haben mir damals geholfen.«
    »Sehr geholfen.
Wiederholen Sie, bitte.«
    »Sehr geholfen.«
    »Dank unserer Hilfe hat die Polizei Sie, obwohl zuerst alles gegen Sie sprach, nicht verhaftet. Man konnte Ihnen nichts nachweisen – dank unserer Hilfe. Der Mord blieb unaufgeklärt – bis heute. Und er wird es bleiben, solange wir so hervorragend kooperieren wie bisher. Sollten wir das einmal nicht mehr tun – ich würde es zutiefst bedauern –, dann geht diese Pistole an die österreichische Polizei. Und Grant und ich werden nicht zögern, das Alibi, das wir damals für Sie schufen, zu zerstören. Dann wird man Sie wegen Mordes anklagen können, immer noch. Es ist noch keine zwanzig Jahre her, Madame, bedenken Sie. Ich hasse es, so zu sprechen, aber von Zeit zu Zeit, scheint es, muß ich daran erinnern …« Ein Telefon auf einem anderen Tischchen läutete. »Verzeihen Sie bitte.« Santarin ging durch das Zimmer und hob den Hörer ab.
    Nora blickte ihm haßerfüllt nach.
    »Santarin!« Der Russe meldete sich. »Aus Paris? Wer will mich …
Mercier!
Was machen Sie in …« Santarin brach ab. Nora sah ihn an. Sie bemerkte, daß der Russe sich auf die Lippe biß, während er lauschte. Nora beobachtete ihn genau. Sie kannte Santarin gut. Hier war etwas geschehen. Hier war etwas Schlimmes geschehen.
Was?
Ihr Herz klopfte plötzlich stürmisch. Mercier in Paris?
    »Moment …« Santarins Stimme klang stockend. »Ich kann hier nicht sprechen. Ich schalte nur um. Bleiben Sie am Apparat!« Er stöpselte die Telefonschnur aus und ging schnell zu einer Tür, an Nora vorbei. Er lächelte, aber es war ein sehr verzerrtes Lächeln: »Ich bin gleich wieder da, Madame.«
    »Aber natürlich«, sagte Nora, tief in Gedanken versunken …
    Santarin eilte einen Gang entlang bis zu einer tapetenbespannten Stahltür, die er mit zwei Schlüsseln öffnete. Schnell trat er in den großen, indirekt beleuchteten Raum. Hier befand sich der Kurzwellensender, über den Kontakt zu den Funkwagen gehalten wurde. Zwei junge Männer saßen vor dem Gerät. Einer sprach gerade russisch mit einem Einsatzwagen. Auch hier waren die Möbel antik, die Wände von Seidentapeten bedeckt. Über einem Wandbord, direkt unter einem alten Stich, befand sich eine Telefonsteckdose. Santarin stöpselte den Apparat, den er abstellte, ein und hob den Hörer ans Ohr. Er sprach Französisch.
    »Mercier? Da bin ich wieder. Was war das? Wieso rufen Sie
diese
Nummer? Woher kennen Sie die überhaupt?« Das Gespräch war zu einem Apparat gekommen, der einen Zerhacker besaß.
    »Ich kenne sie eben.« Merciers Stimme klang an Santarins Ohr, ganz nah, aber völlig verändert – nicht länger bedrückt, nein, triumphierend. »Ich kenne sie schon eine ganze Weile. Wir besitzen hier in Paris einen Apparat mit gleichem Zerhacker. Es kann niemand mithören. Also, Santarin, um es kurz zu machen: Ich habe den Tresor dieses Anwalts knacken lassen. Heute nacht. Mit der ersten Frühmaschine bin ich nach Paris geflogen. Ich komme nicht zurück. Das gesamte Material, das ich im Tresor fand, ist bereits bei meinen Vorgesetzten. Wir kennen AP Sieben nun auch.«
    »Sie lügen«, sagte Santarin heiser.
    »Ich lüge nicht. Der Anwalt heißt Rudolf Stein. Kohlmarkt elf. Ich fand nicht nur den Film und das chiffrierte Manuskript von Doktor Aranda, sondern auch den Klartext, den die Staatspolizei entschlüsselt hat. Er ist auf Papier der Trans geschrieben. Ich lese Ihnen ein Stück vor, damit Sie mir glauben …«
    Santarin lauschte reglos. Ein Muskel zuckte unter seinem rechten Auge. Nach einer Weile sagte er: »Das genügt. Sie haben es also geschafft, Mercier. Gratuliere.«
    »Danke. Sie sind mir doch nicht etwa böse?«
    »Böse? Keine Spur! Wie kommen Sie auf eine solche Idee?«
    »Dann bin ich beruhigt.« Mercier räusperte sich. »Das heißt … ganz beruhigt nicht. Wenn dieser Anwalt Stein seinen Tresor öffnet – ich habe ihn wieder ordentlich verschließen lassen –, dann wird er natürlich entdecken, daß das
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