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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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entnehmen konnte, noch zwei Beerdigungen statt, darunter die eines hohen Offiziers des österreichischen Bundesheeres. So hartgefroren war die Erde, daß man beim Ausschachten neuer Grabstätten Preßluftbohrer einsetzte.
    Obwohl zum erstenmal hier, wußte Clairon praktisch alles über die phantastische Anlage. Er hatte sich mit Hilfe einer Broschüre und eines Taschenplans des Friedhofs, des geschwätzigen Verkäufers der beiden, nach Hinweisschildern und vor allem durch persönliche Inspektion informiert. Da er seinen eitlen, ins eigene Genie verliebten Auftraggebern stets mißtraute, informierte er sich vor jedem Unternehmen persönlich so genau wie möglich. Früher war Clairon Lehrer (Mathematik und Latein) gewesen. Er besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis für Menschen, Namen und Zahlen.
    Daß Manuel Aranda an diesem Nachmittag das Grab besuchen wollte, wußte Clairon schon seit gestern. Um 16 Uhr 55 war da der Lautsprecher des Kurzwellensenders munter geworden, der sich in einem der zahlreichen Hinterzimmer des französischen Reisebüros ›Bon Voyage‹ befand. Das französische Reisebüro befand sich am unteren Ende des Schwarzenbergplatzes.
    »J’appelle Olymp … j’appelle Olymp … Ici le numéro onze …«
    »Je vous entends, numéro onze. Parlez!«
    Also hatte Nummer Elf zu sprechen begonnen, der Funkverkehr lief ausgezeichnet: »Aranda ist in das Hotel zurückgekommen. Er hat Nummer Null gesagt, daß er morgen zum Zentralfriedhof fahren will, und gebeten, ihm den Weg zu erklären.«
    Sie hatten sich schnuckelig eingerichtet da in Wien. Sie besaßen ein gutes Hauptquartier hinter dem Reisebüro, eine erstaunliche Anzahl von Agenten und fünf Autos, in die gleichfalls Sender eingebaut worden waren. Alle Sender hatten Zerhacker und Entzerrer, für jeden Dritten war der Sprechverkehr nur unverständliches Gestammel. Der Wagen, den sie Clairon geben wollten, besaß ebenfalls eine solche Anlage.
    »Und der Schlüsselbund?«
hatte jener, der gerade den Sender der Zentrale bediente, aufgeregt gefragt. Es waren fünf Männer in dem fensterlosen Raum versammelt gewesen, auch der Chef, Jean Mercier, der das Reisebüro leitete, und er, Clairon. Mit Ausnahme von Clairon, der nicht wußte, um welchen Schlüsselbund es ging, hatten alle rechte Nervosität erkennen lassen.
    »Der ist im Karton.«
    »Idiot!
Wo ist der Karton?«
    »Na, im Leichenschauhaus natürlich … in diesem Institut meine ich.«
    »Seid ihr ganz sicher?«
    Der Chef persönlich sprach jetzt ins Mikrophon. Jean Mercier war ein großer Mann mit blassem Gesicht, umschatteten Augen, langen Wimpern und graumeliertem Haar. Er führte die Wiener Zentrale seit fünf Jahren. Sein Hobby waren schöne Frauen, und was Clairon so gehört hatte in der kurzen Zeit, bekam der Fünfundfünfzigjährige immer noch jede, die er wollte.
    »Vollkommen sicher. Aranda hat sich bei Nummer Null eben noch darüber beschwert, daß sie den Karton nicht freigegeben haben. Er bekommt ihn nur zusammen mit dem Leichnam, und den Leichnam bekommt er erst morgen um zehn.« Die Männerstimme klang deutlich und klar aus dem Lautsprecher, in dem es leise knisterte. Komplizierter geht es nicht, dachte Clairon. Nummer Null, vermutlich ein Portier, kann nicht von seinem Arbeitsplatz fort. Also muß er alles, was er über Aranda erfährt, einem anderen Mann im Hotel sagen, der sich frei zu bewegen vermag. Wer ist das? Clairon wußte es nicht. Sie machten ein Mysterium aus allem. Dieser zweite Mann jedenfalls durfte nicht wagen, das Reisebüro einfach anzurufen. Er mußte in eine öffentliche Telefonzelle gehen und von dort einen dritten Mann verständigen. Der besaß einen Sender in seiner Wohnung und trat dann mit der Zentrale in Verbindung, die anders zu informieren strengstens verboten war.
    »Aranda kann nicht Verdacht geschöpft und Nummer Null
belogen
haben?«
    »
Chef!
Aranda wurde den ganzen Tag verfolgt. Jede Minute! Er kam
ohne
Karton aus dem Institut!«
    »Und daß er den Schlüsselbund allein mitnahm und in der Tasche hat?«
    »Unmöglich!«
    »Sie wissen, was davon abhängt! Wenn er
jetzt
mit dem Schlüssel auftaucht, ist alles verloren.«
    »Beruhigen Sie sich endlich, Chef. Bitte! Wir haben uns doch erkundigt! Die arbeiten nach Vorschrift dort. Nicht ein Stück, nicht einen Schnürsenkel hat Aranda mitnehmen dürfen. Schließlich basiert der ganze Plan auf dieser Vorschrift, oder?«
    »Ja, das stimmt.« Mercier hatte seine Krawatte herabgezerrt.
    »Also! Aranda
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