Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
vor der Zelle.« Er sagte zu Gerda: »Und Sie rufen gleich hierher zurück und melden, ob es geklappt hat.«
    »Ja.«
    »Hat es geklappt, sagen Sie es Parker. Der fährt zum Grab und erledigt alles wie besprochen.«
    »Wenn dieses Wetter aber zu lange so weitergeht«, sagte Parker, »dann kann Gerda nicht in den Friedhof hineinmarschieren. Und was geschieht dann mit den beiden?«
    »Das Wetter wird gut sein«, sagte Grant, etwas ruhiger. »Wir haben Wagen auf der Autobahn bei Sankt Valentin und bei Preßbaum. Sankt Valentin ist schon klar. In Preßbaum regnet es nur noch schwach. Das Gewitter zieht genügend schnell über den Wienerwald und die Stadt nach Nordosten.«
    »Na schön, mir soll’s recht sein.«
    »Alle Wagen sind im Einsatz rund um den Friedhof. Wenn du die geringsten Schwierigkeiten hast, melde dich sofort über Funk. Wir bleiben dauernd auf Empfang.«
    Nun, es waren keine Schwierigkeiten aufgetreten, dachte Parker. Gerda hatte die Telefonzelle verlassen – da tobte das Gewitter noch mit größter Stärke – und ihm gesagt, er solle losfahren.
    Also hat sie die Stimme dieser Barry offenbar gut nachgemacht und damit erreicht, daß die beiden, um die ich mich kümmern muß, nun herkommen, dachte Parker. Zum Abschied haben wir uns noch Glück gewünscht. Gerda hat gesagt: »Ich gehe beim Haupteingang hinein und dann gleich wieder durch das dritte Tor hinaus. Sie fahren durch das dritte Tor.«
    »Okay.«
    Im Rückspiegel hatte Parker diese Gerda noch einmal betrachtet. Kaum geschminkt, schlank, bestens gebaut. Sicherlich noch keine vierzig. Meine Kragenweite, hatte er gedacht. Sah prima aus in dem hellen Nerz und den hellen Stiefeln. Mit beiden Händen hielt sie einen Regenschirm fest, der umzuklappen drohte.
    Diese Bianca Barry muß auch einen solchen Nerz und solche Stiefel haben, überlegte Parker. Gerda soll meine Kunden doch hierherlocken. Bevor sie in den Friedhof hineingeht, wird sie mit dem Portier ein wenig quatschen und sagen, daß die beiden zum Grab kommen mögen. Da könnten die dann fragen, wie die Dame gekleidet war. Gute Organisation. Was dieses versoffene Wrack von einem Grant noch fertigbringt. Ohne den Russen wäre er natürlich verloren …
    Ein dumpfes Brausen ertönte. Drüben am Flughafen in Schwechat startet eine Maschine, dachte Parker.
    Im nächsten Moment sah er über die Allee einen blauen Mercedes näherkommen. Parker blickte durch das Zielfernrohr. Die Nummerntafel stimmte. Na also, dachte er. Geht ja großartig. Zart hob er die Waffe an. Millimeter um Millimeter wanderte der Lauf der ›Springfield‹ nun so, daß Parker den linken vorderen Schlag des Mercedes stets im Fadenkreuz des Fernrohres hatte. Mit der Engelszehe als Drehpunkt ließ die Waffe sich ganz leicht führen.

82
    »Ich sehe Frau Barry nicht«, sagte Manuel, der den Wagen zwischen dem vierten und fünften Weg in die Gruppe 74 hinein ausrollen ließ. Er blickte flüchtig zu dem entfernten Kreuz aus Gußeisen auf einem Grabhügel in der Abteilung F 74, das er, gemeinsam mit Irene, vor zwölf Tagen – vor zwölf Tagen erst! – in die hartgefrorene Erde gerammt hatte.
    »Ich sehe sie auch nicht«, sagte Irene. »Was bedeutet das nun wieder? Verstehst du das?«
    Manuel hatte den fünften Seitenweg erreicht und hielt an.
    »Vielleicht wird sie von einem Baum verdeckt«, sagte er. »Warte einen Moment.« Damit öffnete er den Schlag an seiner Seite und stieg aus. Das Geräusch der anfliegenden Maschine war sehr laut geworden. Die kreischenden Krähen verstummten, die Luft begann zu zittern.
    »Frau Barry!« schrie Manuel, vortretend und sich umblickend. Die Pelzmütze hatte er im Wagen liegen lassen. Näher und näher kam die Boeing. Nun fielen schon Schneeklumpen von Ästen und Grabsteinen.
    »Frau Barry! Frau Barry!«
    Das waren seine letzten Worte. Im nächsten Augenblick sah Irene, die im Wagen geblieben war, Manuel zwei Schritte nach vorn stolpern und dann fallen. Von jähem Entsetzen gepackt beobachtete sie, daß aus der rechten Schläfe seines Kopfes plötzlich Blut über die Eiskruste der Allee schoß, über den Schnee.
    »Manuel!« schrie Irene.
    Sie sprang ins Freie und rannte zu ihm. Die Blutlache um seinen Schädel wurde rasend schnell größer. Irene kniete neben dem Gestürzten nieder. Ihre Stiefel, ihr Mantel, ihre Hände färbten sich rot, als sie sich verzweifelt bemühte, Manuel auf den Rücken zu drehen. Aus einer großen Wunde an der rechten Stirnseite des Leblosen strömte Blut, Blut,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher