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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Valerie hat nichts gewußt von Friedjung vorher! Nicht das Geringste! Nachdem Meerswald zum letztenmal bei mir war, flog er nach Südamerika. Er wurde ermordet – vielleicht weil er dem Geheimnis auf die Spur gekommen war. Er hat Valerie nie wiedergesehen …«
    »Auf dem Tonband, das da von der Polizei aufgenommen wurde, sagte Valerie, daß sie ein Leben lang auf den Moment gewartet hat … daß der Mann sie nicht wiedererkannte … erinnerst du dich, Manuel?« fragte Irene.
    »Ich erinnere mich«, sagte Manuel Aranda und griff nach der Hand, die auf seiner Schulter lag. »Wenn mein Vater nicht in diese Buchhandlung gegangen wäre, sondern in eine andere … in keine … wenn Frau Steinfeld gerade nicht dagewesen wäre an diesem Tag … mein Vater würde noch leben, nichts wäre geschehen …«
    Daniel Steinfeld sagte: »Er
ist
aber in die Buchhandlung Landau gegangen und in keine andere. Und Valerie war nicht gerade fort, sie war
da.
«
    Langsam mit dem Kopf nickend, sprach der alte, kranke Jude, der unterwegs war, gejagt, vertrieben, auf der Suche nach einer neuen Heimat:
    »Man soll keinen Menschen verurteilen und keine Sache für unmöglich halten. Denn es gibt keinen Menschen, der nicht seine Zukunft hätte, und es gibt keine Sache, die nicht ihre Stunde bekäme …«

76
    Um 2 Uhr 14 in dieser Nacht richtete der Professor, der vor der Tresortür gekniet und an der Öffnung des unteren Schlosses gearbeitet hatte, sich auf. Mercier betrachtete ihn wie hypnotisiert. Der Professor ergriff das verchromte Rad der Tresorwand und drehte es langsam nach rechts. Dann zog er fest an ihm. Ein leises Pfeifen von einströmender Luft ertönte, als die gewaltige, zwanzig Zentimeter dicke Stahltür aufschwang. Im Innern des Tresorraums schalteten sich an der Decke eines ein mal ein Meter umfassenden, zwei Meter hohen Raumes Neonlichtröhren ein. Regale standen an den Wänden des Tresors, ein Tisch stand in seiner Mitte. Pakete, Akten, Papiere und verschiedene Schachteln lagen auf den Regalen und auf dem Tisch.
    Gebannt trat Mercier vorwärts. Einen Schritt. Noch einen Schritt. Als er in den Tresorraum stieg, dachte er, daß dies wohl der feierlichste Augenblick seines Lebens war. Anton Sirus dachte an Claude Monets Gemälde ›Die Mohnblumen‹, das noch im Musée des l’Impressionisme hing, aber nun für ihn zu haben war. Beide Männer fühlten sich sehr glücklich.

77
    Gegen 11 Uhr vormittags am 28. Januar 1969 hörte das Schneetreiben über Wien mit überraschender Plötzlichkeit auf, und der graue Himmel begann sich von Westen her mehr und mehr zu verdüstern. Das Licht verfiel langsam.
    In dem kostbar eingerichteten Empfangszimmer der ›Vereinigung für österreichisch-sowjetische Studentenfreundschaft‹ in dem alten Barockpalais an der Wollzeile brannten viele Kerzen eines Lüsters. Ein tadellos wie stets gekleideter Fedor Santarin saß an einem Besuchertischchen Nora Hill gegenüber, die einen dunkelroten Hosenanzug trug. Ihr Nerzmantel lag über der Lehne des tiefen Fauteuils. Georg hatte seine Herrin in die Stadt gefahren.
    Fedor Santarin war von erlesener Höflichkeit.
    »Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet, Madame. Wir sind sehr zufrieden mit Ihnen. Es ist anzunehmen, daß wir den Fall Aranda in den nächsten beiden Tagen abschließen können. Der junge Herr war heute bis lange nach Mitternacht bei Fräulein Waldegg. Ich nehme an, Daniel Steinfeld hatte viel zu erzählen. Herr Aranda dürfte nun vollständig orientiert sein. Sie rufen ihn an und bitten ihn, Sie heute abend zu besuchen. Grant und ich werden auch da sein, wie immer. Ich denke, der Moment ist gekommen, Ihren kleinen Wunsch zu äußern.«
    Nora runzelte die Stirn.
    »Weshalb haben Sie mich hergebeten? Doch nicht, um mir zu sagen, daß ich Manuel Aranda einladen soll. Das hätten Sie auch telefonisch erledigen können.«
    »Gewiß.« Santarin offerierte die Konfekttüte aus Goldkarton. »Darf ich mir erlauben?«
    »Nein, danke.«
    Der Russe wählte ein Stück Marzipan und aß mit Genuß.
    »Nun!« Nora hatte ein unangenehmes Gefühl.
    »Ich erkläre es Ihnen gleich. Vorher sagen Sie mir bitte, wie Sie Ihren kleinen Wunsch vorbringen werden.«
    »Das wissen Sie doch! Das haben Sie mir selber eingebleut, es war Ihr Plan!«
    Santarin kreuzte die Beine und legte die Spitzen der Finger aneinander. Er lächelte höflich.
    »Erzählen Sie es mir trotzdem noch einmal, Madame. Ich möchte sichergehen, daß nicht im letzten Moment etwas
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