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Liebe Unerwuenscht

Liebe Unerwuenscht

Titel: Liebe Unerwuenscht
Autoren: Julia Arden
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1.
    O bwohl allein im Büro, saß die Frau in aufrechter, steifer Haltung hinter dem Schreibtisch. Lediglich der Kopf war nach unten geneigt, während sie die Unterlagen vor sich studierte. Einige der blonden Haare fielen vom Scheitel ins Gesicht, verdeckten Stirn und Augen. Jetzt schob sie die Haare zur Seite und blickte auf. Zwei grüne Augen dominierten das ebenmäßige, längliche Gesicht.
    Der Blick der Frau lag auf der Tür zum Vorzimmer, wo sich ungewöhnlicher Lärm erhob, der ihre Konzentration störte. Stirnrunzelnd stand sie auf, um der Ursache der Störung auf den Grund zu gehen. Auf halbem Weg zur Tür blieb sie abrupt stehen, denn jemand stieß diese lautstark auf.
    »Ich bin stinksauer! Und ich lasse mich nicht länger von Ihrer Sekretärin abwimmeln! Ich habe Ihnen etwas zu sagen. Ob Sie es nun hören wollen oder nicht!«
    Der Mann, der derart aufgebracht ins Zimmer stürmte, war nicht älter als fünfunddreißig. Sein kurzes, blondes Haar im Bürstenschnitt, die kleinen, runden Gläser der schwarzen Nickelbrille und vor allem seine schlaksige Gestalt gaben ihm ein jungenhaftes Aussehen. Trotz der Lautstärke, derer er sich bediente, wirkte seine Wut eher verzweifelt als bedrohlich.
    »Herr Bühler. Guten Tag. Was kann ich für Sie tun, wenn Sie nun schon mal hier sind?«
    Die Frau lächelte verbindlich und völlig unbeeindruckt. Sie wies auf einen der Sessel der kleinen Sitzgruppe neben der Tür. »Setzen Sie sich doch.«
    »Ich will mich nicht setzen. Ich bin nicht hier, um nett mit Ihnen zu plaudern. Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass wir einen Vertrag haben, Frau Feiler. Und in dem steht, dass ich bis zum Ende des Quartals mit meiner Rückzahlung Zeit habe. Warum schicken Sie mir Ihren aufgeplusterten Banker auf den Hals, der mit mir das Insolvenzverfahren besprechen will?«
    Jennifer Feiler wandte Bühler den Rücken zu und ging zurück zu ihrem Schreibtisch. »Soweit ich informiert bin, können Sie die fehlenden hunderttausend Euro nicht aufbringen«, sagte sie dabei gelassen, ging um den Schreibtisch herum, setzte sich in ihren Sessel und sah Bühler offen an. »Mein Angebot, mir für diesen Betrag die Teilhaberschaft zu überlassen, lehnen Sie ab. Was wollen Sie anderes tun als Insolvenz anzumelden? Ich mache Ihnen die Sache nur einfacher.«
    »Sie und meine Teilhaberin? Vergessen Sie’s!« Bühler fuchtelte wild mit den Händen herum. »Ich gehe keine Partnerschaft mit einer Klapperschlange ein.«
    Jennifer zeigte sich unberührt von Bühlers Beschimpfung. »Als Sie zu mir kamen, um sich Geld zu leihen, war meine Firma Ihnen gut genug«, erwiderte sie kühl. »Überlegen Sie es sich. Entweder treten Sie mir die Hälfte Ihrer Firma ab, oder Sie müssen schließen.«
    Bühler starrte die Frau hinterm Schreibtisch an. »Warum?« fragte er kopfschüttelnd. »Verraten Sie mir, was Sie mit einer unbedeutenden Webdesignfirma wollen?«
    »Ich weiß es noch nicht«, sagte Jennifer ohne eine Regung im Gesicht. »Das findet sich dann schon. Im Moment zählt nur, dass sie billig zu bekommen ist. Warum soll ich mir das entgehen lassen?«
    »Sie ist nicht zu bekommen. Lieber schließe ich«, stellte Bühler klar.
    »Das ist nicht sehr verantwortungsvoll gegenüber Ihren Angestellten. Vielleicht fragen Sie die mal, was sie von Ihrem Starrsinn halten. Wenn Sie wollen, kann ich das auch für Sie tun.«
    »Sie werden Ihren Hochmut noch bereuen. Das sage ich Ihnen.« Mit wenigen ausholenden Schritten kam Bühler vor Jennifers Schreibtisch zum Stehen, stützte sich mit den Händen darauf ab und beugte sich vor. »Auch Sie sind verwundbar. Lassen Sie mich in Ruhe, oder Sie werden Ihr blaues Wunder erleben!«
    Jennifer lächelte herablassend. »Wollen Sie mir etwa drohen?«
    »Und wenn?«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich.«
    Bühler schnaubte wütend, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand durch die immer noch offenstehende Tür.
    »Frau Hanke?« rief Jennifer. »Ich möchte nicht noch mal auf ähnliche Weise gestört werden. Passen Sie gefälligst ein bisschen besser auf.«
    Die Sekretärin zeigte sich in der Tür. Sie zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie mir ein Maschinengewehr zur Abschreckung besorgen«, sagte sie trocken. »Unter dem, fürchte ich, geht es in solchen Fällen nicht.«
    Jennifer setzte zu einer Erwiderung an, winkte dann aber ab. Die Sekretärin schloss die Tür.
    Damit war Jennifer wieder allein. Sie dachte noch zwei Sekunden darüber nach, inwieweit sie Bühlers Drohung
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