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Gwydion 02 - Die Macht des Grals

Titel: Gwydion 02 - Die Macht des Grals
Autoren: Peter Schwindt
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    Heimkehr
     
     
    Der See breitete sich wie ein dunkler Spiegel vor ihm aus, und obwohl die Bäume im Wind rauschten, waren seine tiefblauen Wasser glatt und unbewegt. Gwyn betrachtete reglos sein Ebenbild und es war ihm, als würde er in das Antlitz eines Fremden blicken.
    Er hatte sich verändert. Sein Gesicht war schmal, seine Gesichtszüge schärfer geworden, die Augen blickten ernst und nachdenklich. Die Ereignisse der vergangenen Wochen hatten deutliche Spuren hinterlassen.
    Gwyn, der einfache Bauernjunge aus Cornwall, hatte seinen Traum erfüllt und war auf Camelot aufgenommen worden. Doch was war aus diesem Traum geworden? Gwyn lachte bitter auf. Gewiss, er hatte gute Freunde dort gefunden, hatte den Umgang mit Schwert und Bogen erlernt, war zuletzt sogar zum Knappen des Königs berufen worden. Doch er hatte auch Machtgier, Verrat und Tod kennen gelernt. Vor drei Tagen hatte Gwyn Camelot verlassen und war auf dem Weg nach Redruth, seinem Heimatdorf.
    Plötzlich begann Pegasus nervös mit den Hufen zu scharren und leise zu wiehern. Der weiße Hengst war Gwyns treuester Freund geworden und zwischen den beiden bestand eine ganz besondere Beziehung, die Gwyn selbst nicht ganz verstand. Manchmal schien es ihm, als würde das Tier spüren, was er dachte, und sogar den Sinn seiner Worte verstehen.
    Gwyn duckte sich in das Schilf und sah sich vorsichtig um. Er hatte schon seit einiger Zeit das Gefühl gehabt, beobachtet zu werden. Ihn fröstelte. Waren ihm Mordreds Schergen auf der Spur? Nach der verlorenen Schlacht um Camelot war der finstere Prinz zwar verschwunden, jedoch würde er seine Niederlage wohl kaum ungesühnt lassen.
    Es war Gwyn gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass Mordreds Truppen in einen Hinterhalt geraten waren, und Gwyn war es auch, der Mordreds Tochter, Prinzessin Aileen, aus den Klauen ihres wahnsinnigen Vaters befreit hatte.
    Mordred hatte damals Gwyns Medaillon mit dem Einhorn entdeckt und ihn in namenloser Wut beinahe ermordet. Oder war es Angst gewesen, die Mordred zu dieser Wahnsinnstat getrieben hatte?
    Das Einhorn. Unwillkürlich tastete Gwyn nach dem Amulett, das er stets um den Hals trug. Das einzige Erbe seiner verstorbenen Mutter und der einzige Hinweis auf seine rätselhafte Herkunft.
    Er hört Pegasus leise schnauben.
    „Still“, flüsterte Gwyn. „Ich glaube, wir sind nicht alleine hier.“ Er versuchte zwischen den raschelnden Schilfhalmen etwas zu erkennen – vergebens.
    Nachdem er einige Zeit so verharrt hatte und auch Pegasus kein weiteres Zeichen von Aufregung mehr zeigte, beruhigte sich Gwyn wieder. Vielleicht war es nur die Magie dieses Ortes, die den Schimmel nervös machte. Auch Gwyn fühlte sich seltsam angespannt, seit sie das Ufer des geheimnisvollen Sees erreicht hatten.
    Er ließ sich zurück ins Gras fallen, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und blinzelte in die Sonne.
    Gwyn war auf der Suche nach Antworten. Deshalb hatte er Camelot verlassen und sich nach Cornwall aufgemacht, zum Hof seines Vaters. Gwyn musste das Rätsel um seine unbekannte Mutter lösen. Er wollte endlich wissen, wo er hingehörte. Und er wollte verstehen, welche Rolle ihm das Schicksal zugedacht hatte.
    Diese Suche hatte ihn zum See gebracht, wo er der geheimnisvollen Herrin vom See, einer mächtigen Zauberin, vor einiger Zeit begegnet war. Sie hatte das Medaillon mit dem Einhorn erkannt und sie hatte ihn auch bei dem Namen genannt, den ihm seine Mutter gegeben hatte: Gwydion.
    Vielleicht würde er hier Antworten finden.
    Doch Gwyn hatte bereits eine ganze Nacht und einen halben Tag hier verbracht und nichts war passiert. Er hatte keine Stimme gehört, keine Gestalt war aus dem Wasser emporgestiegen – der See lag unbeweglich da und nichts rührte sich. Dennoch spürte Gwyn, dass dieser Ort einen eigenartigen Zauber verströmte.
    Mücken tanzten im Schein der Mittagssonne, die durch das hellgrüne Blattwerk der Bäume schien und wechselnde Muster von Licht und Schatten auf den Boden warf. Der Geruch von satter Erde mischte sich mit dem Duft von Frühlingsblumen. Es war für Gwyn immer ein Gefühl der Befreiung, wenn der Winter endgültig zu Ende ging und neues Leben die kalte Finsternis vertrieb.
    Bei diesem Gedanken spürte Gwyn einen schmerzlichen Stich. Humbert von Llanwick war nun ewig in der Dunkelheit gefangen.
    Der alte Ritter war nicht nur sein väterlicher Freund gewesen – er hatte ihn als Knappen aufgenommen und ihm letztlich den Weg nach Camelot gewiesen. Humbert
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