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Gwydion 02 - Die Macht des Grals

Titel: Gwydion 02 - Die Macht des Grals
Autoren: Peter Schwindt
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Dann nahm er allen Mut zusammen und trat auf den Mann zu.
    Der Gestank, der von ihm ausging, war so stechend, dass Gwyn zurückzuckte. Schließlich überwand er seinen Ekel und beugte sich zu der leblosen Gestalt hinab, um sie näher zu untersuchen.
    Auf den ersten Blick sah der Mann wie einer dieser verwilderten, halb verrückten Einsiedler aus, die alleine im Wald lebten, die Menschen mieden und inmitten von Bäumen und wilden Tieren nach irgendeiner tiefen Wahrheit oder Gott suchten.
    Doch ein Eremit beherrschte nicht ein solches Kunststückchen, wie Gwyn es eben gesehen hatte.
    Er packte den Ohnmächtigen am Arm und drehte ihn auf den Rücken.
    „Das ist ja widerlich“, stöhnte Gwyn, als ihm der Geruch nach Exkrementen und altem Schweiß mit aller Macht entgegenschlug.
    Er hielt die Luft an und packte den Mann bei den Armen, um ihn aufzurichten.
    Zwecklos. Er brauchte Hilfe.
    So schnell er konnte, rannte er zurück zum Hof.
    Als Muriel sah, wie Gwyn atemlos den Weg hinaufgerannt kam, hielt sie in ihrer Arbeit inne.
    „Was ist los?“, fragte sie beunruhigt, denn der Angriff der Sachsen auf ihren Hof lag noch nicht lange zurück. „Du siehst aus, als hättest du den Leibhaftigen gesehen!“
    „Hilf mir, den Karren anzuspannen“, keuchte Gwyn und rannte zum Stall, um Pegasus zu holen. Muriel folgte ihm eilig mit gerafftem Rock.
    „Nun sag endlich, was geschehen ist“, sagte Muriel, als sie ihm half, das Zaumzeug anzulegen.
    „Dort oben im Wald liegt ein Mann“, antwortete Gwyn knapp.
    „Ein Sachse?“, fragte Muriel bestürzt.
    Gwyn schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube nicht.“
    „Aber wenn…“
    „Bitte“, unterbrach Gwyn sie. „Ich weiß nicht, wer er ist. Ich weiß nur, dass er schwer krank oder verletzt sein muss. Komm jetzt, wir müssen uns beeilen.“
    Als sie den Eichenhain erreicht hatten, lag der Mann noch immer reglos am Boden. Sein Atem ging schnell und flach. Das verschwitzte Haar klebte an seinem Kopf. Muriel, die jetzt auch den ungesunden Geruch wahrnahm, verzog das Gesicht.
    „Was ist mit ihm geschehen?“
    „Ich habe keine Ahnung. Er stand plötzlich vor mir, als wäre er aus dem Boden gewachsen. Und dann brach er einfach zusammen.“ Das war zwar nicht die ganze Wahrheit, doch mehr brauchte Muriel vorerst nicht zu wissen.
    Sie beugte sich zögernd zu dem Mann hinab.
    „Wenn er an einer ansteckenden Krankheit leidet, so habe ich sie jetzt auch“, sagte Gwyn leise.
    „Du hast ihn angefasst?“, fragte Muriel erschrocken.
    „Was sollte ich denn tun? Ich konnte ihn doch nicht einfach so liegen lassen!“
    Muriel stöhnte.
    „Manchmal bist du wirklich einfach dämlich.“ Sie musterte den Bewusstlosen genauer. „Er scheint keinerlei Ausschläge zu haben.“
    „Ist das ein gutes Zeichen?“
    Muriel antwortete nicht, sondern lüpfte mithilfe eines Stöckchens das zerschlissene Gewand.
    „Um Himmels willen!“, flüsterte sie, als sie einen Blick auf seine Brust warf, die mit schlecht verheilten, tiefen Narben übersät war.
    „So viel steht fest: Der Mann ist kein frommer Einsiedler“, murmelte Gwyn nachdenklich. „Die Wunden muss er sich im Kampf zugezogen haben.“
    „Also gut“, sagte Muriel. „Wir legen ihn auf den Karren und bringen ihn nach Hause.“
    „Wirst du ihm helfen können?“, fragte Gwyn vorsichtig.
    Muriel zuckte die Achseln.
    „Ich weiß es nicht, ich bin keine Heilerin, Vater kennt sich in solchen Dingen besser aus.“
    „Er wird bestimmt nicht begeistert sein, wenn er den Mann sieht.“
    „Nein“, antwortete Muriel finster. „Und ich kann es ihm nicht verdenken.“
    Die Bewusstlosigkeit des Fremden konnte nicht besonders tief sein, denn jedes Mal, wenn der Karren über eine Unebenheit rumpelte, stöhnte er vor Schmerzen auf.
    Glücklicherweise war der Weg nicht weit. Als sie den Hof erreicht hatten, hoben sie ihn mit vereinten Kräften vom Wagen und schleppten ihn in den Stall, wo sie ihn auf ein Strohlager betteten. Gwyn eilte zum Brunnen und holte Wasser, das er dem Fremden mit einer Schöpfkelle einflößte.
    „Er muss seit Tagen nichts mehr getrunken haben“, sagte Muriel, als sie sah, wie gierig der Mann schluckte. „Und er hat höllisches Fieber.“
    Muriel zögerte einen Moment, dann riss sie von ihrem Unterrock einen Streifen ab, tauchte ihn in den Eimer und legte dem Fremden das nasse Stück Stoff auf die glühende Stirn.
    Plötzlich öffnete der Mann die Augen und packte Muriel beim Handgelenk. Erschrocken fuhr sie zurück, doch
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