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Und Freunde werden wir doch

Und Freunde werden wir doch

Titel: Und Freunde werden wir doch
Autoren: Sabine Jörg
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recht.
    »Ronni, ich muß mal telefonieren«, beginnt er.
    »Mit wem?« Ronni versteht nicht, worauf Felipe hinauswill.
    »Du weißt doch, die Sandra -«
    Das hat Ronni gerade noch gefehlt. In einwandfreiem Deutsch gibt er seinem Bruder Bescheid: »Laß mich bloß mit dieser Ziege in Ruh’.«
    Felipe zeigt sich unbeeindruckt, keineswegs läßt er seinen Bruder mit dieser »Ziege« in Ruh’. Wenn sie doch endlich käme, diese Ziege! »Ich will nur ihren Nachnamen wissen, verstehst du?« Felipe sieht Ronni herausfordernd an.
    Aber Ronni denkt nicht daran, Felipe diesen Gefallen zu tun: »Imposible!« Seine Stimme klingt entschieden. Felipe weiß, daß er die besseren Karten hat. Also wendet er sich zunächst anderen Dingen zu. Er nimmt ein Stück Würfelzucker in den Mund, er beobachtet, wie eine alte Italienerin und ihre Enkeltochter das Café betreten und sich mit Alberto unterhalten. Die Frau scheint in ihrem Leben viel gelacht zu haben, ihre Augen sind von zahllosen Fältchen umkränzt. Auch jetzt lacht sie mit tiefer heiserer Stimme. Dabei entblößt sie einen fast zahnlosen Gaumen.
    Großmutter und Enkeltochter setzen sich an einen der leeren Tische. Felipe sieht seinem Bruder in die Augen: »Ich weiß, daß du die Schule geschwänzt hast.«
    »Na und?« So schnell läßt sich Ronni von seinem kleinen Bruder nicht einschüchtern. »Was soll das?«
    Jetzt spielt Felipe seinen wichtigsten Trumpf aus: »Also, wenn du mir den Namen sagst, erzähl ich Mama nichts. Ich vergeß dann einfach, daß du die Schule geschwänzt hast. Ich hab ja gestern abend auch nichts verraten, obwohl ich es wußte!«
    Felipe sieht den Bruder erwartungsvoll an. Das Angebot hat seine Wirkung nicht verfehlt. Denn nichts wäre für Ronni schlimmer, als seiner Mutter Kummer zu machen, seiner lieben Mama, die ohnehin so viele Sorgen hat und dennoch die beste Mutter ist, die man sich nur vorstellen kann.
    »Körner«, sagt Ronni ganz beiläufig, so als hätte es nie eine Auseinandersetzung um diesen Namen gegeben. Er steht auf. »Ich muß jetzt gehen, muß die Küche aufräumen«, und er verläßt genauso hastig, wie er gekommen ist, Albertos Café.
    Kaum ist Ronni draußen, stürzt Felipe zur Theke: »Alberto, ich brauche das Telefonbuch! Ich brauch die Nummer von Sandra Körner!«
    Alberto sieht Felipe zweifelnd an, greift aber mit der Linken unter die Theke und zieht das dicke gelbe Buch hervor: »Meinst du, die steht da drin?«
    »Ja, klar, oder wenigstens ihre Eltern!«
    Alberto blättert: »Köke, Köls, Köpp, hier beginnt Körner, zwei lange Spalten voll von Körner.«
    Alberto beugt sich über das Telefonbuch. Felipe reckt den Hals. Das sieht ja irgendwie hoffnungslos aus, selbst für einen optimistischen Jungen wie Felipe. »Wo wohnt sie denn?« fragt Alberto.
    »Hier in der Nähe.« Felipe drückt sich ganz eng zu Alberto hin. Der fährt mit dem Mittelfinger Zeile für Zeile über die einzelnen Körners hinweg. Er nimmt den Bleistiftstummel, der auf der Theke liegt, und kreuzt etwas an. Drei Nummern unterstreicht er, und schließlich erklärt er Felipe:
    »Die drei, die wohnen in München siebzig. Da kannst du es versuchen.«
    Alberto rückt das alte Telefon, das auf einem noch älteren Küchentisch in der Ecke hinter der Theke steht, zurecht und reicht Felipe den Hörer. Felipe wählt. Am anderen Ende klingelt es. Felipe atmet tief ein, er hält den Hörer fest ans Ohr.
    Es klingelt und klingelt, achtmal, neunmal. Bei diesen Körners scheint niemand zu Hause zu sein. »Dann versuch es doch bei der nächsten Nummer.« Alberto spürt, wie aufgeregt Felipe ist, und zwinkert ihm aufmunternd zu.
    Unter der zweiten Nummer meldet sich eine Frau mit schriller Stimme: »Körner.« Als Felipe nach Sandra fragt, antwortet sie kurz: »Hier gibt es keine Sandra«, und legt auf.
    Besonders viel Spaß macht es nicht, so herumzutelefonieren. Felipe sieht hilfesuchend zur Tür. Aber nicht Sandra, sondern ein älterer Mann betritt das Café. Fast will den Jungen der Mut verlassen, da sagt Alberto: »Also weiter, jetzt kann es doch eigentlich nur noch diese Nummer sein.«
    Tatsächlich! Das ist die richtige Nummer. Und zum Glück ist Sandra selbst am Apparat. Felipe gewinnt seine Selbstsicherheit gleich zurück. Er poltert los: »Wo bist du? Seit zwei Stunden warte ich auf dich! Du hast mir gestern versprochen zu kommen! Das finde ich gemein!«
    Sandras Stimme klingt ziemlich dünn. Gut scheint es ihr nicht zu gehen, das spürt Felipe sogar durch das
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