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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette
Autoren: Deborah Ellis
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    Vorwort
    D as vorliegende Buch versammelt Interviews von Kindern, die, räumlich gesehen, nicht weit voneinander entfernt leben, und doch durch Welten aus Hass und Misstrauen getrennt sind, israelische Kinder und palästinensische Kinder. Kinder, die in einem Gebiet leben, auf das zwei Völker Anspruch erheben, Juden und Palästinenser. Ein Vorwort ist sicher nicht der Ort, um auf historisch mehr oder weniger begründete Ansprüche, auf politische Bedingungen, auf Ursache und Wirkung, Aktion und Gegenaktion hinzuweisen, auf Schuld und Gegenschuld. Außerdem glaube ich auch nicht, dass es in einer solch verfahrenen Situation so etwas wie eine unparteiische Position gibt. Man sollte aufhören, nach Schuld zu suchen, sondern den Blick darauf richten, welche Auswege es aus dieser Situation geben könnte.
    Auch dieses Buch kann keine abschließende Antwort auf die vielen offenen Fragen geben, vor allem kann und will es auch nicht erklären, wie Hass entsteht. Aber eines muss man sich klar machen: Kinder hassen nicht von Natur aus. Wenn Kinder darüber sprechen, andere Kinder zu hassen, dann sprechen aus ihrem Mund Erwachsene, die Eltern und die Erzieher. Sie selbst kennen die »anderen« nämlich |8| gar nicht. Darin sehe ich das Erschreckende an diesen Interviews: Alle palästinensischen Kinder geben an, kein israelisches Kind zu kennen, und die israelischen kennen keine palästinensischen. Da ist es kein Wunder, dass sie dem Teufelskreis der Hilflosigkeit kaum entkommen können und die Entwicklung, die sie im Lauf ihres Erwachsenwerdens nehmen werden, so gut wie vorprogrammiert ist.
    Auf beiden Seiten leben Kinder, die nur das wollen, was alle Kinder auf der Welt wollen: in Sicherheit leben und ihren Spaß haben.
    Aber im Nahen Osten gibt es keine Sicherheit. Ein
palästinensisches
Mädchen drückt aus, was für die Kinder beider Seiten gilt. »Ich weiß, dass anderswo das Leben für Kinder leichter ist«, sagt sie, »und ich wünschte, es wäre auch für uns leichter, wenigstens eine Zeit lang.«
    Alle Kinder werden zwar nicht gleich geboren, aber ein Säugling des einen Landes unterscheidet sich nicht so sehr von dem eines anderen. Jedes Kleinkind wird, wenn es ein anderes Kind sieht, ihm entgegenlaufen. Kinder streben
natürlicherweise
zueinander.
    Was passiert in der Zeit dazwischen, zwischen Geburt und Erwachsensein, wie wird aus einem spielenden Kind ein hassender Mann oder eine hassende Frau?
    Man wünscht sich, wenn man die Interviews liest, viele Projekte, die das gegenseitige Kennenlernen fördern, wie zum Beispiel das von Daniel Barenboim gegründete West-Eastern Divan Orchestra, dem junge Musiker aus Israel und den arabischen Ländern des Nahen Ostens angehören. Es gibt also Ansätze zu gemeinsamen Aktionen, aber nicht |9| genug, lange nicht genug. Vielleicht sollten die vielen Gutwilligen außerhalb des Nahen Ostens ihren Blick stärker auf die Kinder richten. Sie brauchen eine Chance, sich gegenseitig kennenzulernen, um vielleicht eines Tages ein eigenes Bild des Fremden, des Anderen entwickeln zu können. Einander zu kennen ist die Voraussetzung dafür, dass vorhandene und tradierte Vorurteile und übernommene Bilder revidiert werden. Erst dann können persönliche Beziehungen entstehen, die zu einem Ausgleich und zur Versöhnung im Nahen Osten führen. Sicher wird das anfangs nur zähneknirschend geschehen, aber es bleibt nichts anderes übrig. Mit der zunehmenden Globalisierung wird es sowieso darauf hinauslaufen, dass Menschen
unterschiedlicher
Herkunft und unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit zusammen leben und arbeiten werden.
    Übrigens, während ich dies schreibe, kommt im Radio eine Meldung: Ein palästinensisches Mitglied des West-Eastern Divan Orchestra hat in Nazareth eine Musikschule gegründet. Zwei seiner Schüler haben ein Stipendium in Tel Aviv gewonnen. Das bestärkt mich in der Meinung, dass Frieden weder durch Besatzung noch durch Intifada erreicht werden kann.
    Mirjam Pressler
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    Einleitung
    D ie Kinder und Jugendlichen, die in diesem Buch zu Wort kommen, wohnen alle in einem kleinen Landstrich am Rande des Mittelmeers. Dieses Land, das früher Palästina hieß, ist den Juden, den Muslimen und den Christen heilig. Aber die Region befindet sich seit mehr als 50 Jahren im Krieg.
    Der Völkermord während des Zweiten Weltkriegs führte dazu, dass viele Juden nicht länger auf den Schutz durch ihre Regierungen vertrauten. Sie wollten sich selbst schützen und in
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