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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette
Autoren: Deborah Ellis
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bestimmt nicht in die Westbank!
    Ich kenne keine palästinensischen oder arabischen Jugendlichen. Ich habe keine Ahnung, ob palästinensische Jugendliche so sind wie ich oder nicht. Ich weiß nichts über sie, nicht mal darüber, wie sie leben, außer, dass ihre
Lebensbedingungen
nicht gut sind.
    Ich bin israelische Staatsbürgerin, mit den gleichen Rechten wie andere israelische Staatsbürger. Die Palästinenser gehören nicht dazu. Sie haben ihre eigene Regierung, aber Israel steht über allem. Die Palästinenser dürfen viele Dinge nicht tun, die ich darf, zum Beispiel kann ich mich frei durchs Land bewegen.
    Wir haben Sperren rund um unsere Schule, damit niemand hineinkann, der nicht hineindarf. Rund um die Schule herrscht Parkverbot. Wenn ich auf der Straße an einem geparkten Auto vorbeigehe, denke ich oft, ob es wohl neben mir in die Luft fliegen wird. Ich kenne viele Menschen, die in diesem Krieg umgekommen sind. Ein Mädchen aus meiner Tanzschule wurde getötet, als eine |33| Bombe in dem Bus explodierte, in dem sie saß. Wir waren in derselben Volkstanzgruppe. Ich habe sie oft gesehen. Nach dem Bombenattentat haben wir einen Tanzabend in einem Jerusalemer Theater veranstaltet und ihn ihr gewidmet.
    Ich kenne noch jemanden, einen Mann, der ging zur Bank, hob Geld ab und ging dann wieder die Straße hinunter, und hinter ihm flog die ganze Straße in die Luft. Die Freundin meines Bruders trug ein Medaillon aus Indien um den Hals. Ein Splitter von einer Bombe traf sie genau an dem Medaillon und sie blieb unverletzt. Man weiß nie, wann eine Bombe hochgeht. Man kann gerade gut oder schlecht gelaunt sein, in Schwierigkeiten stecken oder das tun, was man tun soll. Es hilft nicht, wenn man ein gutes Leben führt. Na ja, es ist schon wichtig, ein gutes Leben zu führen, aber gut zu sein schützt einen nicht vor den Bomben.
    Am meisten macht mir der Gedanke Angst, dass irgendjemandem, der mir oder meiner Familie nahesteht, etwas Schlimmes passieren könnte. Wenn unsere ganze Familie zusammenkommt, dann bin ich am glücklichsten. Mein Bruder lebt in New York und meine Schwester in Miami. Ich bin sehr gern mit ihnen zusammen, auch wenn mein Bruder mir häufig auf die Nerven gegangen ist, als er noch hier wohnte. Er hat mich immer aus dem Zimmer geworfen, wenn seine Freunde vorbeikamen.
    Früher sind wir in den Ferien immer auf den Sinai gefahren. Das war unser Urlaub. Wir sind mit der ganzen Familie und Freunden dort hingereist, aber jetzt fahren wir |34| nicht mehr. Es ist nicht sicher da. Nirgendwo ist es mehr sicher.
    Hier hat jeder ein Handy dabei. Ich rufe Mama häufig an, einfach nur um zu sagen, dass alles in Ordnung ist, dass ich noch lebe. Wenn sie eine Weile nichts von mir hört, macht sie sich Sorgen, mir könnte irgendetwas passiert sein. Wenn es einen großen Terroranschlag gegeben hat, bricht immer das Telefonnetz zusammen, weil jeder versucht, alle anzurufen, um zu hören, ob es ihnen gut geht.
    Ich war gerade drei Tage lang mit den Pfadfindern im Süden Israels zelten, um mal von all dem wegzukommen. Wir haben in der Wüste gezeltet. Meine Freundinnen und ich sind viel spazieren gegangen. Alles war ruhig. Der Sand war erstaunlich bunt. Es tat gut, mal ganz entspannt zu sein und ohne Druck. Der Norden von Israel ist auch schön. Da gibt es viel Grün und viel Wasser.
    Es wäre schon ganz gut, wenn ich ein paar Palästinenser kennenlernen würde. Jugendliche sind überall gleich. Es fällt mir allerdings schwer, mir vorzustellen, dass sie genauso sind wie ich, weil ich einen Freund in der Armee habe. Er erzählt mir fürchterliche Sachen. Ein Freund von ihm wurde getötet, als er eine jüdische Siedlung beschützt hat.
    Damit dieser Krieg aufhört, werden alle ein bisschen nachgeben müssen. Niemand wird komplett als Sieger daraus hervorgehen. Eines Tages muss der Krieg enden, aber beide Seiden werden irgendetwas aufgeben müssen.
    Die Welt ist nicht perfekt. Wir hätten mehr aus dem Holocaust lernen sollen – die Welt, meine ich. Wir haben nicht |35| genug daraus gelernt, sonst wäre die Welt besser, als sie ist. Ich habe nur einen Wunsch. Ich möchte, dass der Krieg aufhört, damit ich weiter in Israel leben und hier meine Kinder großziehen kann.
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|36|
    Michael, 11
    J erusalem ist eine der ältesten durchgängig bewohnten Städte der Welt. Seit 3000 vor Christus wohnen dort Menschen. Im Lauf der Jahrhunderte herrschten immer wieder andere Völker in der Region, darunter Juden (Israeliten),
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