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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette
Autoren: Deborah Ellis
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Babylonier, Perser, Griechen, Römer, Ägypter, Kreuzritter, Araber, Türken und Briten.
    Die Altstadt von Jerusalem ist eine Welt für sich. Sie ist von einer hohen Steinmauer umgeben, auf der ein Wehrgang verläuft, den man immer noch entlanggehen kann. In die Altstadt gelangt man durch sehr große Tore oder Eingänge. Sie hat enge, kreuz und quer verlaufende Straßen wie ein Labyrinth. Ein herrlicher Ort, um sich darin zu verirren. Die offenen Auslagen von Läden, die Obst, Gebäck, Spielzeug, Kleider, Medizin und alles Mögliche andere verkaufen, drängen auf die Straßen hinaus. Eine Fülle von Sinneseindrücken stürmt auf den Besucher ein. Man riecht, wie Brot gebacken, Kebab gegrillt und warmes Gebäck mit Honig bestrichen wird. Obst und Gemüse bilden leuchtende Farbkleckse vor den alten Steinmauern. Stoffe fließen auf die Wege hinab, Musik plärrt aus den
CD-Verkaufsständen, und Souvenirläden verkaufen alles von Holzkamelen bis zu Stickarbeiten. Und an jeder Ecke begegnet man der Geschichte.
    Die Altstadt ist in vier Stadtviertel unterteilt – das christliche, |37| das armenische, das jüdische und das muslimische Viertel. Sie steckt voller Orte und Erinnerungen, die dem Judentum, dem Christentum und dem Islam heilig sind, und alle drei Religionen betrachten Jerusalem als eine heilige Stätte. Drei der meistverehrten heiligen Orte der Welt befinden sich innerhalb der alten Stadtmauern – die Grabeskirche, wo Jesus gekreuzigt und beigesetzt wurde; die Westliche Mauer (auch Klagemauer genannt), die Stätte des Heiligen Jüdischen Tempels, wohin Juden aus der ganzen Welt kommen, um zu beten; und der Felsendom, von dem aus Mohammed in den Himmel aufgefahren ist.
    Michael, ein palästinensischer Christ, lebt in einem Waisenhaus im Christenviertel.
     
    Ich bin ein palästinensischer Christ. Viele Palästinenser sind Muslime, und viele von uns sind Christen. Es ist egal, welche Religion wir haben. Wir sind alle Palästinenser.
    Ich wohne im Terra-Sancta-Jungenheim in der Altstadt von Jerusalem, in der Nähe des Neuen Tores. Es heißt zwar Neues Tor, ist aber sehr alt. Allerdings nicht so alt wie das Damaskustor, das auch nicht weit ist. Unser Heim befindet sich im oberen Stockwerk eines Hauses, das zu einer großen katholischen Kirche gehört. Wenn man den Weg kennt, kann man von dort aus in die Kirche gehen, ohne nach draußen zu müssen.
    Das Terra-Sancta-Jungenheim wird von Mönchen geleitet. Es ist ein Heim für Jungen, die keine Eltern mehr haben oder Eltern, die nicht für sie sorgen können. Meine Mutter lebt nicht mehr, aber mein Vater schon. Er ist in Amerika und kann sich im Augenblick nicht um mich und meine |38| Geschwister kümmern. Ich vermisse ihn. Vielleicht kommt er mich Weihnachten besuchen.
    Nicht alle Jungen hier sind Palästinenser, aber wir sind alle Christen. Einer der Jungen kommt aus Russland. Er redet nicht viel. Ich glaube, er hat Heimweh.
    Ich habe kurze Zeit in Amerika gewohnt. Es hat mir da gefallen, vor allem der Schnee. Ich würde gern an einem Ort leben, wo es viel schneit. In Jerusalem haben wir auch manchmal Schnee, aber nicht so wie in Amerika. Hier geht der Schnee weg, sobald er auf den Boden fällt.
    Ich bin seit zweieinhalb Jahren in diesem Heim. Ich habe drei Brüder und eine Schwester, die alle jünger sind als ich. Sie wohnen bei den Nonnen in einem Kinderheim auf dem Ölberg, außerhalb der Altstadt-Mauern. Wenn meine Brüder größer sind, kommen sie hierher zu mir. Meine Schwester bleibt dann bei den Nonnen oder kommt in ein anderes Heim, das nur für Mädchen ist. Manchmal darf ich hinfahren und meine Geschwister besuchen.
    Der Ölberg ist ein sehr heiliger Ort für Christen. Der Garten von Gethsemane, in dem Jesus betete, bevor die Römer ihn gekreuzigt haben, liegt dort. Jerusalem ist voll von heiligen Stätten, zum Beispiel die, wo Maria geboren wurde, und die, wo Jesus das Kreuz getragen hat und gekreuzigt wurde. Manchmal machen wir mit den Mönchen Ausflüge dorthin. Da können wir zu Fuß hingehen. Die Altstadt ist nicht besonders groß, und die Straßen sind für die meisten Autos zu schmal.
    Jeden Freitag gibt es eine Prozession durch die Altstadt, die Via Dolorosa entlang; das heißt Straße der Schmerzen. |39| Sie führt an allen Stationen des Kreuzwegs vorbei, da, wo Jesus zum Tode verurteilt und ausgepeitscht wurde, wo er hingefallen ist und wo eine Frau ihm Wasser angeboten hat. Manchmal gehen wir zusammen mit den Mönchen bei dieser Prozession mit,
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