Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Freunde werden wir doch

Und Freunde werden wir doch

Titel: Und Freunde werden wir doch
Autoren: Sabine Jörg
Vom Netzwerk:
die nicht unbedingt jeder wissen muß, um kleine Geheimnisse.
    Sandra mampft ihr Butterbrot und starrt auf den Boden. Sie weiß nicht, was sie Hanna antworten soll. Zu sagen, wie es wirklich war, schämt sie sich, sogar vor Hanna. Jetzt, nachdem Ronni ihr diese Abfuhr erteilt hat, kann sie das sowieso nicht mehr. Sandra sucht nach Ausflüchten: »Mensch, Hanna, ich hatte gestern zu Hause Ärger. Da bin ich abgehauen.«
    Hanna sieht ihre Freundin von der Seite an. Halb ungläubig, halb bewundernd fragt sie: »Wie, du bist richtig abgehauen?«
    Sandra schwächt ab: »Na ja, als du anriefst, war ich gerade erst wieder zur Tür herein, und meine Mutter ließ ihre Beschimpfungen auf mich niederprasseln.«
    Hanna weiß, daß es bei den Körners anders zugeht als bei ihr zu Hause. Darum hat ihre Mutter auch gesagt, daß Sandra immer mitkommen darf. Hannas Mutter ist es egal, ob mal das Radio etwas laut spielt oder im Wohnzimmer ein paar Sachen herumliegen.
    Sandras Eltern sind wirklich »ziemlich beknackt« (das hat Hannas kleiner Bruder Tobias gesagt). Trotzdem oder gerade deswegen kommt Hanna die Geschichte, die Sandra ihr erzählt, etwas merkwürdig vor. Sie macht noch einen Anlauf: »Sandra, hast du irgendeinen Mist gebaut? Wo warst du denn wirklich?«
    Sandra ist froh, daß in diesem Augenblick Uschi auf sie zukommt, obwohl Uschi normalerweise nicht gerade ihr Fall ist. Sie sieht nicht aus wie dreizehn, sondern wie achtzehn, sie hat gefärbte Haare und trägt ein Glitzertuch lässig um die Schultern geschlungen. Und als ob Sandra heute morgen nicht schon genug Ärger gehabt hätte, fällt sie mit der Tür ins Haus:
    »Bist wohl verknallt, was?«
    Schief lächelnd sieht sie Sandra an.
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Quatschkopf!«
    Unterstützt von Hanna setzt sich Sandra zur Wehr, aber Uschi fährt ungerührt fort:
    »Ich dachte nur. Sonst bist du doch immer so gut in der Schule. Hast in letzter Zeit erstaunlich viele Ausraster. Na ja, lassen wir das.«
    Noch immer grinsend, schlendert Uschi weiter, und Sandra steht da wie ein Trottel. Wenigstens fragt Hanna jetzt nicht mehr weiter. Sie wechselt einfach das Thema. Das schätzt Sandra an Hanna auch so sehr, daß Hanna einen auch mal in Ruhe lassen kann. »Samstag nachmittag komme ich zu dir, vergiß das ja nicht!« sagt Hanna halb lachend, halb drohend.
    »Ja, ich freu mich«, antwortet Sandra.

5

    Der schwarze Zeiger hat sich gerade bewegt. Jetzt sieht er senkrecht nach unten auf den kalten Steinfußboden. Zurückdrehen wird er sich nicht mehr, sondern unbeirrt voranschreiten, immer im Uhrzeigersinn den nächsten Stunden entgegen.
    Drei Uhr ist es nun schon seit einer halben Stunde nicht mehr. Bis Viertel nach drei hat Felipe an eine ganz normale Verspätung geglaubt. Seit zwanzig nach drei wächst die Befürchtung, Sandra werde gar nicht kommen.
    Felipe sitzt seit einer Stunde bei Alberto. Erst hat er noch seine Hausaufgaben zu Ende gemacht, dann hat er zwei Limo getrunken, und jetzt starrt er abwechselnd auf die Uhr und auf die Tür. Felipe ist nervös. Mit den Füßen stößt er immer wieder an das Stahlrohrbein des leeren Stuhles gegenüber. Mit den Fingern kratzt er auf der Tischplatte herum. Mit den Augen sucht er Alberto. Aber Alberto zuckt nur die Schultern. Da kann er wohl auch nichts machen.
    Alberto hat seine Lieblingsschnulzenkassette laufen. Von Rocco Granata bis Milva ist alles drauf, was ihm Freude macht, komischerweise nur in Deutschland Freude macht. In Italien hört er ganz andere Sachen. Aber hier liebt er sogar die Caprifischer, sogar auf deutsch, und schämt sich kein bißchen dafür.
    Alberto trocknet Gläser ab und schaut aus dem Fenster. Was er draußen sieht, das weiß nur er allein. Auf jeden Fall ist es weder die graue Straße noch der blaue Laster, der da parkt, oder die zersprungene Straßenlaterne. Alberto schaut wohl durch die Dinge hindurch bis in seine kalabrische Heimat.
    Ronni kommt in das Café hereingestürmt. Er begrüßt Alberto nur kurz und wendet sich gleich an seinen Bruder:
    »Felipe, hast du mein rotes T-Shirt genommen?«
    Als gäbe es jetzt nichts Wichtigeres als rote T-Shirts! »Nein, ich hab’s nicht, kannst es ja selbst sehen«, antwortet Felipe und zieht seinen Pullover etwas hoch. Ronni ist ungehalten, doch Felipe macht nicht die geringsten Anstalten, sich für das rote T-Shirt seines Bruders zu interessieren. Er hat vielmehr eine Idee, eine gute Idee, wie er findet, und da kommt ihm der Bruder gerade
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher