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Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Titel: Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)
Autoren: Courtney Milan
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Kapitel eins

    London, Oktober 1835
    I M OBEREN S TOCKWERK WURDE DIE T ÜR zur Bibliothek wütend zugeknallt, sodass der ganze Türrahmen schepperte. Schwere Schritte durchquerten den Raum, kamen zu Hugos Schreibtisch. Jemand schlug mit der Faust auf die Holzplatte.
    „Verdammt, Marshall. Sie müssen das hier in Ordnung bringen.“
    Trotz des dramatischen Auftritts blickte Hugo Marshall nicht von seinen Büchern auf. Stattdessen wartete er schweigend, lauschte, wie die Stiefel eine Spur in den Teppich liefen. Er war kein Diener; er weigerte sich, sich wie einer behandeln zu lassen.
    Nach einem Augenblick wurde seine Geduld belohnt. „Bringen Sie es bitte in Ordnung“, stieß der Duke of Clermont hervor.
    Hugo hob den Kopf. Ein uneingeweihter Beobachter würde sich unweigerlich zuerst dem Duke of Clermont zuwenden, der offensichtlich der Herr der Lage war, prächtig anzusehen in einer Weste, die derart üppig mit Goldfäden durchwirkt war, dass es einem schier in den Augen wehtat. Dieser Beobachter würde den unauffällig gekleideten Mr. Marshall als unbedeutend abtun, dessen Aufmachung sich in dem Spektrum zwischen Braun und Dunkelbraun bewegte.
    Der Vergleich würde nicht bei der Kleidung enden. Der Herzog war von stattlichem Körperbau, ohne Gefahr zu laufen, als fett bezeichnet zu werden; seine Züge waren scharf und aristokratisch. Er hatte nimmermüde eisblaue Augen, denen nichts zu entgehen schien. Verglichen mit Hugos unscheinbarem Gesicht und seinem sandbraunen Haar hätte dieser uneingeweihte Beobachter den Schluss gezogen, dass der Herzog es war, der hier die Befehle gab.
    Der uneingeweihte Beobachter, entschied Hugo, war ein Dummkopf.
    Hugo legte seinen Stift hin. „Ich war mir nicht bewusst, dass es irgendetwas gibt, was in Ordnung gebracht werden müsste.“ Höchstens die Sache mit Ihrer Gnaden. „Irgendetwas, was in meinen Aufgabenbereich fällt, meine ich.“
    Clermont verströmte nervöse Gereiztheit. Er rieb sich die Nase auf eine Weise, die entschieden unmanierlich war. „Da ist noch etwas. Es hat sich erst heute Morgen ergeben.“ Er blickte aus dem Fenster, und sein Stirnrunzeln vertiefte sich.
    Die Bibliothek in Clermonts Londoner Stadthaus befand sich im zweiten Stock des Gebäudes und verfügte über eine wenig anregende Aussicht. Aus dem Fenster gab es nichts, mit Ausnahme eines ganz gewöhnlichen Platzes in Mayfair zu sehen. Der Herbst hatte die grünen Blätter braun und gelb gefärbt. Ein schmaler Streifen verblassten Rasens und ein paar dürre Sträucher um eine gusseiserne Parkbank, auf der eine Frau saß. Ihr Gesicht war unter einem breitkrempigen Hut verborgen, der mit einem rosa Band verziert war.
    Clermont ballte eine Hand zur Faust. Hugo konnte fast hören, wie er mit den Zähnen knirschte.
    Aber seine Worte klangen nonchalant. „Also, falls ich mich weigere, mich den albernen Wünschen der Herzogin zu fügen, würden Sie dennoch alles wieder einrenken können, nicht wahr?“
    Hugo bedachte ihn mit einem strengen Blick. „Denken Sie nicht einmal daran, Eure Gnaden. Sie wissen, was auf dem Spiel steht.“
    Der andere Mann verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. Seine Gnaden begriff seine derzeitige Lage wohl tatsächlich nicht; das war das Hauptproblem. Er war Herzog, und Herzöge hatten keine Ahnung von Wirtschaften. Gäbe es Hugo nicht, wären Clermonts ausgedehnte Besitzungen schon vor Jahren unter der Last seiner Schulden eingebrochen. Gegenwärtig waren die Bücher gerade so ausgeglichen – allerdings nur wegen der kürzlich erfolgten Heirat des Mannes.
    „Aber sie ist so wenig amüsant“, wandte Clermont ein.
    „Ja, und es wird ein feiner Witz sein, wenn das von Ihrem Besitz, was nicht unverbrüchlich zum Erbe gehört, gepfändet wird. Bringen Sie Ihre Herzogin dazu, dass sie Sie wirklich und wahrhaftig wieder in ihrem Leben haben will. Danach können Sie so viel lachen, wie Sie nur wollen, Euer Gnaden.“
    Im Ehevertrag war eine Vorauszahlung in stattlicher Höhe vereinbart worden, aber das Geld war rasch verschwunden, war dazu verwendet worden, schon länger laufende Hypotheken und besorgniserregend hohe Schulden zu bedienen. Der Rest der beträchtlichen Mitgift der jungen Herzogin war von dem Vater des Mädchens treuhänderisch angelegt worden – es wurden in regelmäßigen Abständen Beträge ausgezahlt, solange der Herzog dafür sorgte, dass die Herzogin glücklich war.
    Leider, denn die Herzogin war vor vier Monaten ausgezogen.
    Clermont schmollte. Es
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