Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Freunde werden wir doch

Und Freunde werden wir doch

Titel: Und Freunde werden wir doch
Autoren: Sabine Jörg
Vom Netzwerk:
Tisch, sichtlich zufrieden mit seinen jungen Gästen.
    »Na? Zu zweit ist doch besser als allein, hmm?« Er zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich zu den beiden. »Warum machen die Menschen es sich so schwer? Ich sehe es jeden Tag: Der eine sitzt an dem Tisch und schweigt vor sich hin, der andere sitzt an dem anderen Tisch und schweigt vor sich hin. Warum das? Kann man nicht zusammen ein bißchen lustig sein, zusammen weinen oder Ärger loswerden? Ist doch viel leichter, oder?«
    Sandra nickt, Ronni strahlt Alberto an: »Ach, Itaker, wenn wir dich nicht hätten!«
    Schmunzelnd kehrt Alberto zur Theke zurück. »Sandra?« Ronni sieht sie mit einemmal ganz ernst an. »Ja?«
    »Meine Mutter war bei Radio Rahm. Du weißt doch, die Schaufensterscheibe muß ersetzt werden.«
    »Ja und?«
    »Herr Rahm wollte nicht mit meiner Mutter reden.«
    »Unverschämt! Wieso nicht?«
    »Nein, er hat gesagt, das würde schon geregelt.«
    Nun muß Sandra lachen: »Das ist doch toll, freu dich doch!«
    »Meine Mutter hat Angst, daß die Polizei zu uns kommt, weil ich doch...«
    »Pscht!« Energisch unterbricht Sandra ihn und zwinkert ihm zu: »Weil du doch in Ohnmacht gefallen bist und dabei die Scheibe kaputtgegangen ist?«
    »Ja, aber wer zahlt das dann?«
    »Ronni, du denkst zuviel!« Sandra lacht ihn breit an.

19

    Die Hiobsbotschaft kommt am Montag in der letzten Stunde. Schon das ganze Wochenende über hatte Sandra ein ungutes Gefühl. Plötzlich begann sie zu zweifeln. Gibt es das wirklich? Ein richtiges Glück? Ich habe es ja! Aber anstatt wie sonst Luftsprünge zu machen, war sie beunruhigt.
    Als sie Ronni in die Klasse kommen sieht, weiß sie, daß etwas nicht stimmt. Er spricht wieder schlecht Deutsch. Er ist fahrig, wirkt abwesend. Es fällt ihr schwer, aber sie läßt ihn zufrieden. In der Schule kann man sowieso nicht richtig reden.
    Schon in Mathe stellt er sich an wie bekloppt, ausgerechnet in Mathe, wo er sonst immer so gut ist. Dr. Rudolf ist ganz verzweifelt, so kennt er Ronni gar nicht. Während der Geschichtsstunde starrt Ronni die ganze Zeit vor sich hin, bohrt mit seinen Blicken Löcher in die Bank. Sandra sieht nur seinen Rücken, aber sie spürt, wie ihm zumute ist. Sie kriegt Magenweh. Was hat er nur?
    In der Deutschstunde kommt es schließlich heraus. Frau Wimmer teilt die korrigierten Aufsätze aus. Sie ist schlecht gelaunt. Das Niveau der Klasse sei »unter aller Sau« sagt sie, sie habe bald keine Lust mehr, sich mit diesen »dummen Lümmels« abzugeben; die Mädchen nimmt sie offenbar aus der Schelte aus. Aber wenn sie erst einmal am Schimpfen ist, dann steigert sie sich mehr und mehr in ihren Ärger hinein. Sie scheut sich nicht, die »haarsträubenden Beispiele von Dummheit und Faulheit« vor der ganzen Klasse auszubreiten und die betreffenden Schüler zu blamieren.
    Nachdem sie Peter deutlich gesagt hat, was sie von seinem Aufsatz hält, nämlich nichts, findet sie ihr nächstes Opfer in Ronni. Sie liest aus seinem Heft vor: »Der Himmel war schwarz umwölkt. - Die Bäume wehten im Wind.« Frau Wimmer knallt das Heft aufs Pult: »Vielleicht sind deine Gedanken umwölkt oder umnebelt, der Himmel ist immer noch bewölkt, und wehende Bäume gibt es bei uns auch nicht!« Normalerweise werden Frau Wimmers bissige Kommentare mit Gelächter beantwortet. Es ist schwer, sich ihrer Gemeinheit zu entziehen. Doch heute herrscht eisiges Schweigen. In dieses Schweigen hinein sagt Ronni: »Bald Sie brauchen meine Aufsätze nicht mehr sehen. Wir gehen zurück nach Chile!«
    Sandra trifft es wie eine Bombe. Was hat er gesagt? Das kann nicht wahr sein! Fassungslos sieht sie Hanna an. Die legt ihren Arm um Sandras Schulter und versucht, die Freundin zu trösten.
    Den Rest der Stunde verbringt Sandra in einer Art Lähmung. Sie hört nicht mehr, was Frau Wimmer sagt. Sie sieht nicht, wie Uschi sich zu ihr umdreht. Sie spürt nicht, daß Hanna ihr über den Arm streicht. Sie sitzt da und starrt vor sich hin.
    Es läutet. Ronni hat seine Sachen bereits zusammengepackt. Als erster rennt er aus der Klasse. Er läuft, als wäre ein Löwe hinter ihm her. Weg ist er, einfach weg.
    Bleich sieht Sandra ihm nach. Mit brüchiger Stimme sagt sie: »Jetzt ist alles aus.«
    »Mensch, Sandra, laß dich nicht gleich hängen!« Hanna packt Sandras Schulsachen zusammen. »Wart doch erst mal ab, ob das überhaupt stimmt. Vielleicht wollte er nur die Wimmer ärgern!«
    Aber Sandra weiß, daß es ernst ist, und eigentlich weiß es auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher