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Und Freunde werden wir doch

Und Freunde werden wir doch

Titel: Und Freunde werden wir doch
Autoren: Sabine Jörg
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Ronnis Lieblingsspeise, Patricio hat eine Überraschung: Tangram, das Spiel, aus dessen Dreiecken und Vierecken zahllose Formen gelegt werden können. Und sogar Felipe bemüht sich, der beste aller kleineren Brüder zu sein.
    Dennoch entgeht es Ronni nicht, daß zwischen Salvador und Marie wieder Spannungen herrschen. Der Vater trinkt viel mehr, während sich Marie in Formulare und Papiere vergräbt und sie mit Patricios Unterstützung ausfüllt. Ronni fragt nicht, worum es geht. Er will seinen freien Kopf bewahren, das schöne Gefühl, sich auf etwas zu freuen, auf ein Eis bei Alberto oder das nächste Treffen mit Sandra, am besten auf beides zugleich.

    Tatsächlich trifft er sich, sooft er nur kann, mit Sandra bei Alberto. Noch vor zwei Wochen hätte er sich das nicht träumen lassen: er zusammen mit Sandra bei Alberto, als sei dies das natürlichste auf der Welt.
    Er redet und spricht so viel, wie in dem ganzen letzten Jahr nicht. Und Sandra lacht ihn an, hört geduldig zu, fragt alles mögliche und erzählt von sich:
    »Als ich erfahren habe, daß du die Schule schwänzt, dachte ich, du erfindest irgendwelche tollen Sachen in einer geheimen Bude.«
    »Mensch, wenn ich gewußt hätte, daß sich jemand so viele Gedanken über mich macht! Da, bei Alberto in der Küche, habe ich gehockt und vor mich hin gestarrt.« Ronni schluckt. Seine Stimme wird leiser: »Schlecht ist es mir gegangen. Nirgends habe ich dazugehört. Aus Chile war ich weg, aber in Deutschland bin ich nie richtig angekommen. So als Ausländer. Ich bin immer die Straßen auf und ab gelaufen, wie ein Tier hinter Gittern. Schlimm war das, und mit niemandem konnte ich reden. Und dann sieht ja jeder gleich, daß ich nicht von hier bin .. «
    »Mensch, Ronni, warum hast du nie was gesagt?« Sandra fährt mit ihrem Zeigefinger ganz vorsichtig über seinen Handrücken. »Deine Haut hat eine schöne Farbe!«
    Ronni zieht seine Hand langsam weg. Er hat noch etwas auf dem Herzen: »Als du mir die Hausaufgaben bringen wolltest... Ich meine, es tut mir leid, daß ich so gemein zu dir war. Ich hab mich irgendwie ertappt gefühlt. Tut mir wirklich leid.« Er sieht sie mit seinen dunklen Augen an, und Sandra wird ganz warm. »Macht nichts«, antwortet sie tapfer, »das ist ja schon vorbei.«
    »Jetzt hab ich nicht mehr nötig zu schwänzen. Sagst du mir in Deutsch ein bißchen vor?«
    »Mit Vergnügen. Aber dein Deutsch ist neuerdings so gut, daß ich da wohl kaum was zu tun habe.«
    »Ja, plötzlich geht alles leichter. Ich habe auch noch nie so offen mit jemandem gesprochen.«
    »Das denke ich mir. Hätte ich dir auch nie zugetraut. Irgendwie hatte man ja immer Angst, dich überhaupt anzusprechen...«
    »Weißt du, ich hab gedacht, mich mag hier sowieso niemand.«
    »Ronni!« Es klingt fast vorwurfsvoll.
    Aber Ronni achtet nicht darauf: »Das ist ein Gefühl -ich kann das nicht beschreiben -, wenn man so fremd ist. Wie allein auf dem Mond, aber bei Nacht.«
    Ronni macht eine kleine Pause. Dann fährt er fort: »Meiner Mama wollte ich davon nichts sagen, sie ist selbst oft traurig. Mit meinem Vater kann ich sowieso nicht reden. Jeder versucht, irgendwie allein mit seinen Problernen fertig zu werden. In unserer Familie sind alle Schauspieler: Keiner gibt zu, daß es ihm schlechtgeht, nur Felipe ist, wie er wirklich ist.«
    »Was erzählst du da von mir?« Felipe steht hinter Ronni und hält seinem Bruder die Augen zu.
    Ronni zieht Felipes Finger weg. »Nichts Besonderes.«
    »Au, nicht so fest!« Felipe beschwert sich: »Warum habt ihr mir nicht gesagt, daß ihr hier seid? Sandra ist meine Freundin!«
    »Bin ich!« bestätigt Sandra und lacht ihren kleinen Freund an: »Das erste Eis bei Alberto habe ich dir zu verdanken.« Zu Ronni gewandt fährt sie fort: »Und überhaupt hat mir Felipe ziemlich viel klargemacht.«
    »Siehst du!« Felipe schlägt sich auf die Brust und sieht seinen Bruder stolz an. Aber Ronni wechselt plötzlich ins Spanische, redet auf seinen Bruder ein. Sandra versteht kein einziges Wort. Felipe verabschiedet sich jedoch überraschend schnell: »Also, macht’s gut!« Sandra ist versucht zu fragen, wie Ronni denn seinen kleinen Bruder abgewimmelt hat, aber sie läßt es. Sie denkt noch einmal an das Gespräch von vorhin zurück, daran, daß auch sie Schwierigkeiten hat, über sich zu sprechen, und plötzlich geht es doch. Sie versteht Ronnis Verhalten, sie fühlt sich ihm fast verwandt.
    Gerade als sie zum Sprechen ansetzt, kommt Alberto an den
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