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Und die Toten laesst man ruhen

Und die Toten laesst man ruhen

Titel: Und die Toten laesst man ruhen
Autoren: Juergen Kehrer
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fünfzehn oder zwanzig Jahre her.«
    »Die Verjährungsfrist für Mord ist aufgehoben worden.«
    »Mord?«
    »Mein Klient geht davon aus, dass es sich um Mord handelt, und ich soll ihm für diese Hypothese die nötigen Beweise liefern.«
    Stürzenbecher starrte mich entgeistert an. Dann ging ihm ein Licht auf. »Hermann Pobradt.«
    »Diskretion gehört zu meinem Geschäft.«
    Ein explosionsartiges Lachen, das in Gegenwart einer herzkranken älteren Dame eine ernste Bedrohung dargestellt hätte, erschütterte den Raum. »Hast du nicht gemerkt, dass der verrückt ist?«
    »Jeder hat seine kleinen Macken. Der eine glaubt an Astrologie, der andere, dass ein Mord passiert ist. Manchmal haben beide recht.«
    »Ich meine, er war in der Klapse, Psychiatrie.«
    Es gelang mir nur schwer, meine Verblüffung zu verbergen. Andererseits, wenn er frei herumlief, war er, hoffentlich, voll geschäftsfähig und konnte den besten Detektiv der Welt engagieren. Das Vorleben meiner Klienten geht mich einen Dreck an. Schließlich hat jeder ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.
    »Habt ihr mal daran gedacht, dass er recht haben könnte, ich meine, dass es tatsächlich kein Selbstmord war?«
    Stürzenbecher stützte den Kopf auf die rechte Hand und rieb sich mit der linken die Tränensäcke unter den Augen. »Ich war damals nicht an den Ermittlungen beteiligt. Ich arbeitete als junger Kommissar im Betrugsdezernat. Aber die Geschichte wurde wochenlang als Dauerbrenner in der Kantine aufgewärmt. Deshalb ist sie mir noch ganz gut in Erinnerung. Falls du allerdings Details wissen willst …«
    »Du hast es erraten.«
    »… muss ich passen.«
    »Oder du lässt dir die Akte kommen und liest nach, was deine Kollegen ermittelt haben.«
    »Wann sind wir denn endlich quitt?«, stöhnte Stürzenbecher.
    In diesem Moment ging die Tür auf und Kriminalrat Merschmann steckte seine unsympathische Visage durch den Spalt. »Stürzenbecher, wenn Sie mir mal eben …« Sein Blick fiel auf mich und er verschluckte den Rest. »Ach so, Sie haben Besuch. Dann kommen Sie doch bitte gleich in mein Büro!«
    Die Tür war wieder zu. Stürzenbecher verlor etwas Blut aus seinem Alkoholikergesicht. »Hör mal, ich habe zu tun. Wenn du noch mehr wissen willst …«
    »Danke«, wehrte ich ab, »das reicht fürs Erste. Ich besuche dich morgen früh. Zu Hause.« Wir standen beide auf und versuchten, die Peinlichkeit zu überspielen.
     
    Unter dem Scheibenwischer klebte kein Strafzettel. Man muss seinen Wagen nur dicht genug an einer Polizeiwache parken, um von derlei Unannehmlichkeiten verschont zu bleiben.
    Wo ich als Nächstes hinfahren würde, wusste ich auch schon. Vor allen anderen Dingen hatte ich zu klären, ob die Unterschrift auf dem Scheck, den ich in der Tasche trug, rechtsverbindlich war.
    Das Haus stand in Nordwalde, einem kleinen Kaff in der Nähe von Altenberge. Ich rollte an einem Zementwerk vorbei, das sich irgendwie in diese Gegend verirrt hatte, und stand Schnauze an Schnauze vor einem kläffenden Schäferhund. Gott sei Dank gehörte die eine Schnauze meinem Wagen, sodass ich in Ruhe abwarten konnte, was passieren würde.
    Nach fünfminütigem Kläffen passierte nichts und ich drückte ein paarmal auf die Hupe. Endlich öffnete sich die Tür und heraus kam im Zeitlupentempo eine uralte Frau. Die Alte rief den Hund, der prompt fünf Schritte zurückging. Ich stieg mit einem Bein aus und stützte mich auf die Wagentür.
    »Ich möchte zu Hermann Pobradt. Bin ich hier richtig?«
    »Der Hermann ist in der Stadt«, krächzte eine gebrochene Stimme. »Ich weiß nicht, wann er wiederkommt.«
    »Sind Sie Frau Pobradt?«
    Der Hund trat wieder einen Schritt vor und knurrte bösartig.
    »Ich bin die Mutter. Was wollen Sie denn?«
    »Mein Name ist Georg Wilsberg«, rief ich, den Hund im Auge behaltend. »Ich bin Privatdetektiv. Ihr Sohn hat mich engagiert.«
    »Ach, Sie sind das.«
    Wir drei blieben auf unseren Plätzen und es entstand eine kleine, mit Knurren unterlegte Pause.
    »Könnte ich Sie vielleicht einen Moment sprechen?«, machte ich den Versuch, das unselige Arrangement zu beenden.
    Die Alte überlegte kurz. »Kommen Sie doch rein!«, sagte sie anschließend.
    Leichter gesagt, als getan. Einerseits wollte ich meine Berufsehre nicht aufs Spiel setzen und öffentlich die Angst vor dem Hund zugeben, andererseits hatte ich keine Lust, mir ein Bein zerfetzen zu lassen.
    Als ob sie meine Befürchtung gerochen hätte, wies sie mit einem kräftigen
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