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Und die Toten laesst man ruhen

Und die Toten laesst man ruhen

Titel: Und die Toten laesst man ruhen
Autoren: Juergen Kehrer
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Privatdetektiv und arbeite für – Ihren Onkel.«
    Das rundliche, offene Gesicht zeigte Überraschung und Neugierde.
    »Meinen Sie den mit der Macke?«
    »Ich schätze, wir meinen denselben. Hermann Pobradt, der Bruder Ihres Vaters.«
    »Oh! Ist er wieder draußen?«
    »Ja. Hören Sie«, ich trat einen halben Schritt näher und senkte meine Stimme, »vielleicht können wir uns drinnen etwas ungestörter unterhalten. Falls Sie an der Sache interessiert sind.«
    »Entschuldigen Sie! Kommen Sie doch rein!«
    Sie führte mich durch einen dunklen Flur in ein weitläufiges Wohnzimmer. Das Panoramafenster bot einen Ausblick auf die letzten fünf Weihnachtsbäume, die nach dem Fest im Garten angepflanzt worden waren. Ich ließ mich in einen dieser Sessel fallen, in denen man das Gefühl hat, man müsse sich vor dem Ertrinken retten.
    Sie bot mir keinen Drink an, sondern setzte sich auf die Sofakante. Mit der Geschwindigkeit, die Kettenrauchern eigen ist, fischte sie eine Zigarette aus der in ihrer Bluse versteckten Schachtel und paffte in meine Richtung. Ich überlegte, ob ich es wagen dürfte, die Luft mit einem Zigarillo zu verpesten. Offensichtlich hatte sie meinen Gedanken erraten, denn plötzlich hielt sie mir die Schachtel vor die Nase. Ich entschied mich für Höflich- und Sauberkeit.
    »Ich habe meinen Onkel nie kennengelernt. Ich weiß nur, dass er glaubt, Vater sei ermordet worden.«
    Ich nickte. »So ist es.« Dass er ihre Mutter im Verdacht hatte, mochte ich nicht so direkt sagen. »Seit zwanzig Jahren ist er davon überzeugt, dass es sich nicht um einen Selbstmord handelte. Und jetzt hat er mich engagiert, um einen Beweis dafür zu finden.«
    »Das ist doch verrückt.« Sie war nicht empört. Ihre spöttischen Augen drückten aus, dass nur ein armer Irrer wie ich einen solchen Auftrag annehmen konnte.
    »Schon möglich. Der Geisteszustand meiner Klienten interessiert mich nicht. Hauptsache, sie zahlen und verlangen keine ungesetzlichen Dinge von mir. Wenn sich herausstellt, dass Hermann Pobradt einer fixen Idee nachgelaufen ist, werde ich ihm das mitteilen. Und die Sache ist für mich erledigt.«
    »Ach, so einer sind Sie.«
    Mir war nicht ganz klar, was für einer ich war.
    »So ein eiskalter Typ, der über Leichen geht, wenn nur die Kasse stimmt.«
    Mit gespieltem Entsetzen hob ich beide Arme. »Da haben Sie mich falsch verstanden. Ich bin nur kein Psychologe, Psychiater oder sonst wie auf diesem Gebiet kompetent. Es kann sein, dass Ihr Onkel geistesgestört ist. Es kann aber auch sein, dass er siebzehn Jahre lang eingesperrt war, weil er einigen wichtigen Leuten in die Quere gekommen ist. So was soll in den besten Rechtsstaaten vorkommen.«
    »Mit Leuten meinen Sie meine Mutter?«
    »Vor allem meine ich die Polizei und die Justiz. Die haben es nicht gerne, wenn man ihnen vorwirft, sie würden etwas vertuschen.«
    »Haben sie denn etwas vertuscht?«
    Himmel, konnte die Frau nervig sein. Dabei sah sie ansonsten ausgesprochen nett aus. Irgendwie war ich mal wieder auf der falschen Seite.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß noch gar nichts. Deswegen bin ich ja hier.«
    Ich nahm einen heftigen Zug und merkte am Geschmack, dass ich den Filter angekokelt hatte. Lächelnd beobachtete sie, wie ich einen Hustenanfall bekam.
    »Ich bin kein Schwein, wenn Sie das meinen«, sagte ich und wurde etwas rot. »Ich versuche, mit allen Leuten fair umzugehen. Aber natürlich bin ich in erster Linie meinen Klienten verpflichtet.«
    »Machen Sie das schon lange?«
    »Was?«
    »Als Detektiv arbeiten. Sie machen gar keinen so professionellen Eindruck.«
    »Ich rauche normalerweise keine Zigaretten.«
    »Das meine ich nicht. Detektive stelle ich mir abgebrühter vor. Aber Sie sind sofort beleidigt, wenn man Sie mal antippt.«
    »Gerade war ich der eiskalte Killer, jetzt bin ich das Sensibelchen. Vielleicht sollten Sie sich mal entscheiden!«
    Sie lachte ein freundliches Lachen, das mich wieder etwas beruhigte. »Wenn Sie sich aufregen, find ich Sie echt in Ordnung.«
    »Danke. Sie brauchen nur die richtigen Worte wählen, und es könnte leicht zu einem Dauerzustand werden.«
    »Ich weiß, ich bin ein bisschen schnippisch. Sie sind nicht der Erste, der mir das sagt.«
    Das Telefon klingelte und sie ging hinaus. In Ermangelung anderer Beschäftigung betrachtete ich die Inneneinrichtung. An den Wänden hingen ein paar Aquarelle, die dem Impressionismus nachempfunden waren. Häuseransichten in Pastelltönen. Das übrige Mobiliar war teuer
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