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Und die Toten laesst man ruhen

Und die Toten laesst man ruhen

Titel: Und die Toten laesst man ruhen
Autoren: Juergen Kehrer
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irgendwie ahnte er wohl, dass ich ihn in die Pfanne hauen würde.«
    Mit zehn Schweigesekunden gedachten wir des Toten. Dann nahm Stürzenbecher den Brief wieder in die Hand. »Das Datum ist doch …«
    »… der Todestag von Karl Pobradt«, bestätigte ich. »Karl muss ihn unmittelbar vor seinem Tod geschrieben haben. Und Merschmann hat ihn gefunden. Der einzig echte Abschiedsbrief übrigens. Die beiden anderen hat Wilma Pobradt geschrieben.«
    »Das würde ja bedeuten …«
    »… dass Wilma Pobradt die Wahrheit gesagt hat«, versuchte ich die Gedanken des Kriminalhauptkommissars in die richtige Richtung zu lenken. »Hillerich hat Pobradt umgebracht. Merschmann roch den Braten und deckte seinen Jugendfreund Hillerich. Nicht ganz uneigennützig, wie du herausgefunden hast. Der Brief gehörte zum Geschäft zwischen den beiden. Und weil Hillerich die Selbstmordthese nicht gefährden wollte, bezahlte er auch Runze. Denn wäre der Verdacht auf Werner Meyer gefallen, hätte das Hillerich in eine schwierige Lage gebracht. Schließlich mochte die Witwe nach ihrem Mann nicht auch noch ihren Geliebten verlieren.«
    Das war meine kleine, schlüssige Geschichte. Mit einigen Haken, wie ich wusste. Stürzenbecher kaute eine Weile an ihr herum, dann schluckte er sie. Entweder übersah er die winzigen Ungereimtheiten oder er war mit der Lösung, die ich ihm angeboten hatte, zufrieden. Vielleicht auch beides.
    »Immerhin haben wir Merschmann abgeschossen. Und das ist auch was wert«, sagte er, als er mich zur Tür brachte.
    Wie konnte ich ihm da widersprechen?

XVIII
     
     
    Als ich das Haus in Nordwalde verließ, atmete ich erleichtert auf. Vor dem Treffen mit Hermann Pobradt und seiner Mutter hatte ich einigen Bammel gehabt. Würde mir der misstrauische Hermann die Geschichte abkaufen? Immerhin war er kein Bürokrat wie Stürzenbecher, der eine Lösung akzeptierte, solange sie nur aktentauglich war. Hermann hatte sich die Aufklärung der Todesumstände seines Bruders zur Lebensaufgabe gemacht. Sein Verständnis von Wahrheit war ungleich kritischer.
    Doch meine Befürchtungen erwiesen sich als grundlos. Was ich ihm präsentierte, entsprach ja auch in groben Zügen seinen Vorurteilen. Zwar hatte er sich die Rolle von Wilma Pobradt etwas größer gewünscht, aber Kurt Hillerich stand ebenfalls auf seiner Rechnung. Also nahm er die Bestätigung, dass sein Bruder ermordet worden war, als späten Triumph. Mutter und Sohn waren glücklich, so glücklich wie zwei Racheengel am offenen Grab ihres Opfers.
    Sobald ich konnte, und das war hart am Rand der Unhöflichkeit, machte ich mich aus dem Staub. Meine Party war das nicht, die da abging, ich hatte etwas Besseres vor.
     
    Als es um acht Uhr abends klingelte, spürte ich jenes Kribbeln im Bauch, das manchmal angenehm und meistens unangenehm ist. Diesmal war es eins der angenehmen Sorte.
    Katharina hatte ihr Haar zu einem Hauch von Dutt aufgesteckt, eine Betörung in Blond über einem zarten Make-up, umgeben von einer unaufdringlichen Duftwolke.
    Ich küsste sie auf die Wange.
    »Das riecht ja gut. Was ist das?«, fragte sie.
    »Polynesisches Huhn«, sagte ich. »Hähnchenkeulen mit Pfirsichen in Ingwersirup und Weinbrand.«
    »Klingt gut. Ich habe auch einen Bärenhunger. Als du sagtest, du wolltest etwas kochen, habe ich das Mittagessen ausfallen lassen.«
    Ich führte sie ins Wohnzimmer und ließ sie einen Blick auf meinen verwilderten Garten werfen. Im Abendlicht sieht er ziemlich romantisch aus. Dann zündete ich die Kerzen an, warf eine CD von Tanita Tikaram ein und servierte Martini als Aperitif.
    Nach dem Small Talk folgte auf einem Silbertablett das Hauptgericht. Um das polynesische Huhn hatte ich eine Garnitur aus Tomatenröschen, Röschen aus Orangenschalen, Pfirsichhälften und Lychees drapiert. Es sah genauso aus wie in meinem Kochbuch und ich war mächtig stolz auf mich.
    Der Geschmack der Hähnchenkeulen entsprach in etwa ihrer Kostümierung und wir legten mehrfach nach, während die erste Flasche kalifornischen Rotweins ihrem seligen Ende entgegenging.
    Anschließend brachte ich gerade so viel Mousse au Chocolat in zwei Schälchen, dass jegliches Hungergefühl bis zum nächsten Morgen eliminiert wurde, die Sattheit aber nicht in ein Völlegefühl umzuschlagen drohte.
    Zum Espresso stopfte ich mir eine Pfeife.
    »Schade, dass wir auf verschiedenen Seiten gekämpft haben«, sagte sie.
    Ich stieß die ersten Wolken aus. »Das kann man auch positiv formulieren.«
    »Und
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