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Und die Toten laesst man ruhen

Und die Toten laesst man ruhen

Titel: Und die Toten laesst man ruhen
Autoren: Juergen Kehrer
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dass man dich beim nächsten Mal über den Haufen schießt.«
    Jede weitere Verhandlung schien zwecklos zu sein.
    »Gehn wir!«, kommandierte er.
    Die Elefanten trompeteten, das Federvieh kreischte und die Wildpferde zeigten uns ihre Hinterteile. Offensichtlich verlangten sie mehr Beachtung, als wir ihnen zu schenken bereit waren.
    »Wo war eigentlich Frau Hillerich, als es passierte?«, fragte ich.
    »Bei einer Freundin.«
    »Ach. Und was wollte sie da?«
    »Plaudern. Wir haben die übereinstimmenden Aussagen der beiden Damen. Außerdem, was ist daran so ungewöhnlich, wenn sich zwei ältere Frauen zum Kaffee treffen?«
    »Bist du so blöd oder tust du nur so? Alle Beteiligten haben sich abgesprochen, um mich hinter Gitter zu bringen. Inklusive Merschmann, der den Damen Hillerich und Pobradt noch von damals verbunden ist. Jedenfalls hat er an der Vertuschung der Todesumstände des alten Pobradt kräftig mitgewirkt.«
    »Hoho«, machte Stürzenbecher. »Kannst du das beweisen?«
    »Beweisen, beweisen.« Er ging einen halben Schritt hinter mir, deshalb musste ich mich umdrehen, um ihm meine Empörung ins Gesicht zu schleudern. »Wenn ich Staatsanwalt wäre, könnte ich es beweisen. Aber ich bin nur ein kleiner beschissener Privatdetektiv.«
    »Eben. Darum habe ich dich ja verhaftet.«
    »Hoffentlich bringt dir das eine Beförderung ein«, sagte ich höhnisch.
    »Als Hauptkommissar habe ich das Laufbahnende schon erreicht«, erwiderte er sachlich.
    »Dann weiß ich nicht, warum du dich so ins Zeug legst.«
    »Wie ich schon sagte: Es ist besser für dich.«
    Mit einem Pavian hätte ich mich besser unterhalten. Wortlos stapften wir an den Kassenhäuschen vorbei. Die rechte Hand behielt er in der Manteltasche, vermutlich an der Knarre. Immerhin war ich ein gefährlicher Verbrecher.
    Vor dem Tor blieb ich stehen. Er zeigte mit dem Kinn nach links zum großen Parkplatz. Wir schlenderten hinüber. Der Anblick meines Rennrades machte mich ganz wehmütig. Wann würde ich wohl das nächste Mal Fahrrad fahren?
    Stürzenbecher lotste mich zu einem grauen Audi, der so unauffällig aussah, dass man dreimal in den Rückspiegel gucken muss, bevor man ihn wahrnimmt.
    »Streck die Hände aus!«, sagte Stürzenbecher.
    »Willst du mir etwa Handschellen anlegen?«
    »Zu deiner und meiner Sicherheit. Du scheinst ein bisschen durcheinander zu sein, Georg.«
    Ich trat einen Schritt näher. Er nahm die rechte Hand aus der Manteltasche und griff sich an den hinteren Teil des Gürtels, dorthin, wo die Handschellen baumelten. In diesem Moment nahm ich seinen Kopf in beide Hände und donnerte ihn auf das Wagendach. Es war ein klassischer Knock-out. Sein Körper wurde schlaff und glitt zu Boden. Ich ließ ihn sanft aufplumpsen und lehnte den Oberkörper gegen den Kotflügel. Stürzenbechers Puls war den Umständen entsprechend ganz ordentlich. Also entfernte ich mich im Sprinttempo vom Tatort.
    Kurz vor dem Rennrad musste ich feststellen, dass ich seine Nehmerqualitäten unterschätzt hatte.
    »Bleib stehen oder ich schieße!«, brüllte eine Stimme, die eine entfernte Ähnlichkeit mit der des Hauptkommissars aufwies. Zurückblickend sah ich, dass er sich auf dem Wagendach abstützte und mit der Pistole ungefähr in meine Richtung zielte. Ich war ziemlich sicher, dass er nicht abdrücken würde.
    Während ich am Fahrradschloss nestelte, pfiff eine Kugel über meinen Kopf – weit über meinen Kopf. Ein Warnschuss. Drei kleine Jungen, jeder ein Eis in der Hand, kamen auf mich zu.
    »Sind Sie ein Gangster?«, fragte der Kleinste der drei.
    »Nein«, antwortete ich.
    »Sind Sie ein Fahrraddieb?«, fragte der Mittlere.
    »Auch nicht.« Endlich sprang das Schloss auf.
    »Geht zu eurer Mami zurück!« Ich beugte mich zu den dreien hinunter. »Der Mann da hinten ist ein Gangster.«
    »Bleib stehen, du Idiot!«, brüllte Stürzenbecher.
    »Kommt sofort zurück!«, kreischte eine Frauenstimme.
    Drei leuchtende Augenpaare verfolgten, wie ich mich aufs Rad schwang und losstrampelte. Das wirkliche Leben ist halt doch interessanter als Fernsehen. Irgendwo weit hinten sprang ein Audi-Motor an.
    Die Stadt Münster ist stolz auf ihre vielen Fahrradwege. Und zum ersten Mal war ich ihr dafür dankbar. Auf Wegen, die kein Auto befahren kann, preschte ich in die Innenstadt zurück. Unterwegs nahm ich mir vor, in den Allgemeinen Deutschen Fahrradklub einzutreten, sobald ich den ganzen Schlamassel hinter mir hatte.
    Bei Thomas angekommen, verfrachtete ich das Rad in
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