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und der verrueckte Maler

und der verrueckte Maler

Titel: und der verrueckte Maler
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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hingefallen.
    »Schön ruhig bleiben. Keine Bewegung«, sagte der Kamelhaarmann. Jetzt sahen sie den anderen. Er ging an ihnen vorbei und baute sich vor ihnen auf. Sein eleganter grauer Anzug mit weißem Hemd und Krawatte in bunten Farben war modisch der letzte Schrei. Am Handgelenk baumelte ein Goldkettchen. Ein typischer Neureicher, dachte Bob, wie aus dem Bilderbuch. Noch weniger als die Kleidung gefiel ihm dieses Gesicht, mit seinem vorspringenden Kinn und den schwarzen Augenbrauen. In Gangsterfilmen sahen so die halbseidenen Bosse von irgendwelchen Schieberbanden aus. »Glotz mich nicht so an!«, blaffte der Fiesling. »Was habt ihr hier verloren? Wer seid ihr überhaupt? Wie kommt ihr hierher?«
    Viele Fragen auf einmal. Peter und Bob blinzelten sich an und beschlossen stumm, sie fürs Erste unbeantwortet zu lassen.
    »Seit wann spioniert ihr hier herum?« Der Fremde ließ nicht locker.
    Bob und Peter schwiegen weiter. Mit einer wahrheitsgemäßen Auskunft würden sie ihre ohnehin schlechte Lage bestimmt nicht verbessern. Nicht zu übersehen war die Zornesader an der Stirn des Mannes. »Kennen Sie die Burschen?« Die Frage ging an den Kamelhaarmann.
    Trotz der Waffe in seiner rechten Hand wirkte der neben seinem um einen Kopf größeren, aufgebrachten Komplizen ein wenig hilflos. Trotzdem hatte er eine Überraschung für die beiden parat. »Nie gesehen.« Er schüttelte seinen kahlen Quadratschädel.
    Verstohlen stieß Bob Peter mit dem Fuß an. Natürlich hat er mich erkannt, durchfuhr es ihn. Vielleicht weiß er nicht gleich, wo er mich schon gesehen hat. Aber es wird ihm bald einfallen. Schließlich war es erst ein paar Tage her, seit Bob ihm und Silberhaar als potenzieller Kunde, der dem Vater zum 50. Geburtstag einen Safe für seine wertvollen Münzen schenken wollte, mit langatmigen Reden auf die Nerven gegangen war. Und Peter hatte das deutliche Gefühl, dass der Kamelhaarmann sich sehr wohl an ihn als den Begleiter des spleenigen Millionärs Hillary erinnerte.
    »Nie gesehen«, wiederholte ihr sonderbarer Beschützer mit seiner angenehmen Stimme. Am liebsten wäre Bob ihm um den Hals gefallen.
    Peter stach der Hafer. »Weißt du, mit wem wir die Ehre haben?«, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Keine Ahnung«, sagte Bob frech. »Ich hab andere Bekannte.«
    »Maul halten!«, fauchte der Fiesling.
    »Wohin mit den beiden?« Der Kamelhaarmann stand unschlüssig da.
    Der andere hatte eine Idee. Er nahm ihm die Browning aus der Hand und zeigte damit in den Flur. »Na los, vorwärts!«, sagte er und trieb Bob und Peter vor sich her. Endstation war das WC. Er schubste die beiden hinein und schloss von außen ab.
    »Ihr Klugscheißer dürft euch melden, wenn euch etwas eingefallen ist«, rief er wütend.
    Bob wollte ein ironisches Lächeln aufsetzen, aber es wurde eine Grimasse daraus. »Na dann«, sagte Peter und ließ sich nieder. Bob folgte seinem Beispiel. Aber sehr bequem war es nicht, zu zweit auf der Klobrille zu sitzen und die Wände anzustarren, die an diesem Örtchen verdammt nahe waren. Einalter Kunstkalender und ein Plakat vom Los Angeles Children’s Museum of Art waren der einzige Schmuck. »Das ist eine klasse Sache«, sagte Bob etwas geistesabwesend und deutete auf die windschiefe Kinderzeichnung. »Ich war auch dort. Die geben den Kids Unterricht im Malen und im Formen.«
    »Hhm«, brummte Peter. Sie schwiegen missmutig.
    »Andererseits«, sagte Bob bedächtig, als hätte er Peters Gedanken erraten, »es gab schon Situationen, die waren kritischer.« Peter nickte, glitt von seiner Brillenhälfte herunter und begab sich zwecks Meditation in den Schneidersitz. Dafür war William Ashleys Atelier-WC gerade geräumig genug. Aber bevor er in Trance versinken konnte, sagte Bob von oben herab: »Jetzt will ich nur noch wissen, was für eine Eingebung du vorhin hattest. Warum sind wir blöd?«
    »Erinnerst du dich an das«, erwiderte Peter, »was Lys über die Stimme des Anrufers sagte?«
    »Ist dir das auch schon eingefallen?«, spottete Bob. »Hart, barsch, Fiesling. So, wie er auch aussieht.« Er machte eine Pause und stützte das Kinn in eine Hand. »Und dann lass uns noch raten, wie unser Gefängniswärter wohl heißt.«
    »Ist doch klar«, entgegnete Peter. Er hatte, wie sich das bei Meditationsübungen gehörte, die Augen geschlossen und drehte jetzt die Hände auf seinen Knien mit den Innenflächen nach oben. »Arthur Hayles.«
    »Das ist höchstens die halbe Wahrheit«, sagte Bob leise.
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