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und der verrueckte Maler

und der verrueckte Maler

Titel: und der verrueckte Maler
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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anderes.« Er richtete sich in seinem Sessel ein wenig auf. Justus spürte seinen hoffnungsvollen Blick.
    »Mal was anderes?«, fauchte Tante Mathilda. »Dir sind meine Aquarelle also nicht mehr gut genug. Und außerdem, was heißt schon: ›Mal was anderes‹? Dann hängt also eines schönen Tages auch ein Klodeckel an meiner Wohnzimmerwand, wie?«
    Onkel Titus sah seine Frau erschrocken an. Justus hatte Mühe, sich ein Grinsen zu verbeißen.
    »Würdest du bitte nicht ordinär werden?«, sagte Onkel Titus würdevoll.
    »Ach was.« Mit einer Handbewegung verscheuchte Tante Mathilda den lästigen Einwand. »Du hast noch drei Minuten.« Sie nickte ihrem Mann zu und ging hinaus.
    »Na schön. Der Klügere gibt nach.« Onkel Titus stemmte sich ächzend aus seinem Sessel. »Hilfst du mir?«
    »Na klar«, sagte Justus und zwinkerte seinem Onkel aufmunternd zu. Mit vereinten Kräften schoben die beiden das Sofa von der Wand. Dann reckte sich Titus hinauf zu dem Bild und hob es sachte herunter. Sie wickelten es in eine alte Decke und trugen es über den Schrottplatz zum Lagerhaus.
    »So kenne ich Tante Mathilda gar nicht«, begann Justus vorsichtig ein Gespräch.
    »So ist sie ja, Gott sei Dank, auch nur selten«, seufzte Onkel Titus, »aber sie wird sich schon wieder beruhigen.« Er sperrte die Tür zum Schuppen auf und knipste das Licht an. Im fahlen Schein der Deckenlampe betrachteten sie das Gemälde. Justus fand es jetzt noch trostloser als drüben im Wohnzimmer.
    »Gefällt’s dir auch nicht?«, fragte Onkel Titus leise.
    »Also, wenn ich ehrlich sein soll –«
    »Natürlich sollst du!«
    »Also, so ganz mein Stil ist es nicht …«
    »… aber es wäre mal was anderes gewesen«, vollendete Onkel Titus den Satz. »Schade.« Er zuckte mit den Schultern und schob Justus aus dem Schuppen.
    »Hängst du jetzt die Aquarelle wieder auf?« fragte Justus.
    »Mal sehen«, brummte Onkel Titus. Er verschloss die Tür des Schuppens und stapfte ärgerlich davon.
    Nachdenklich ging Justus hinüber zu dem Campingwagen, in dem die drei ??? ihr Labor, das Telefon und all die anderen Dinge untergebracht hatten, die man in einem gut ausgestatteten Detektiv-Büro brauchte. Sein Magen knurrte mächtig und bestimmt war Tante Mathilda in ihrem Zorn nicht zum Kochen gekommen. Er kramte im Schrank nach der Essensration für Notfälle. Zwei halbe Tafeln Schokolade kamen zumVorschein, zwei Kaugummipäckchen und eine Dose Bohneneintopf.
    Eine knappe halbe Stunde später saß er am Tisch und löffelte den Eintopf in sich hinein. Er hätte gern mit jemandem geredet, aber Bob und Peter waren auf einem zweitägigen Sportlehrgang und Lys ging einfach nicht ans Telefon. Justus stellte das Radio an. Ob Tante Mathildas Zorn wohl verraucht war?
    Justus beschloss, sich erst am nächsten Tag beim Frühstück um eine Antwort auf diese Frage zu kümmern.
    Er putzte sich mit Mineralwasser die Zähne, rollte seinen Schlafsack aus und stellte das Radio ab. Im Fenster des Campingwagens stand der Mond, voll und silberhell. Wie ein Lampion bei einem Kinderfest, dachte Justus noch und schlief ein. Bei Vollmond träumte Justus Jonas immer wirr. Auch diesmal wälzte er sich herum und konnte sich, als er wach wurde, kaum an seinen Traum erinnern. Mit verschränkten Armen lag er da und starrte an die Decke.
    Plötzlich schrak er hoch. Das Geräusch von draußen hatte er nicht geträumt. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war kurz nach zwei. Justus rieb sich gähnend die Augen. Er sah durch das Fenster des Campingwagens. Der Mond hatte das ganze Gelände in milchig-weißes Licht getaucht, wie Flutlicht im Stadion. Der Schrottplatz, der Bretterzaun, der Schuppen am Ende – alles war wie sonst und lag ruhig und friedlich da.
    Justus fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, kniff die Augen zusammen und hätte um ein Haar die beiden dunklen Gestalten übersehen, die sich im Halbschatten am Schuppentor zu schaffen machten. Aber im letzten Moment, als er sich gähnend wieder abwenden wollte, hob einer der beiden den Arm und der helle Handrücken entging Justus nicht.
    »Hey, was treibt ihr denn da?«, rief Justus halblaut. Er drehte sich um und wollte zur Tür. Allerdings kam er nicht weit. Noch benommen von seinen wirren Träumen, taumelte er beim zweiten Schritt ein wenig und fegte, als er sich irgendwo festhalten wollte, den Topf mit den Bohnenresten vom Herd. Scheppernd fiel er zu Boden.
    »So ein Mist!«, fluchte Justus. Unwillkürlich bückte er
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