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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld
Autoren: James Sallis
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waren, zurückgelassen die gebrochene, fast stumme Mutter und die Väter, sanftmütig, aber schon lange fort in Billys Fall, gewalttätig in Henry Lees. Billy Roark war mit neunzehn Jahren nach Memphis gegangen und hatte sich einen Job als Möbelverkäufer bei Lowenstein’s erschummelt. An seinem dritten Arbeitstag verkaufte er ein ganzes Haus voll Möbel, ein ganzes, gottverdammtes Haus voll, ausnahmslos erstklassige Ware, an einen älteren, kahl werdenden Mann und eine junge Blondine, die prächtig was unter der Bluse hatte. Ein Laufbursche wurde mit dem Scheck zur Bank geschickt und kam mit der
Meldung zurück, dass er in Ordnung sei. »Einen Mann wie dich könnte ich gebrauchen«, sagte der Kunde zu ihm. Eine Woche später fand Billy sich in einem knallroten Ford Fairlane wieder, pendelte zwischen El Paso und Dallas, vertickte Filme an Drive-ins und Innenstadt-Kinos mit Namen wie Malco und Paramount. Er war ein Naturtalent, konnte sich blitzschnell auf jemanden einstellen, konnte werden, was der Kunde von ihm zu erwarten schien. Kinobesitzer liebten ihn und nahmen ab, was immer er anzubieten hatte. Schon bald wurde der Fairlane durch einen Cadillac ersetzt - einen gebrauchten Cadillac, und eines Tages blieb er ausgerechnet in einer Stadt namens Fate, Texas, 1400 Einwohner, liegen. Es gab nicht viel zu tun in Fate. Er frühstückte in Mindy’s Diner, aß einige Stunden später dort zu Mittag. Dann fand er sich im Palace wieder und sah einen Film über ein Frauengefängnis. Mein Gott, dachte er, so was hab ich die ganze Zeit verkauft? Es war fürchterlich. Er saß da und schaute zu, ließ sich Zahlen durch den Kopf gehen. Ganz offensichtlich befand er sich am falschen Ende des Geschäfts. Als er um sechs Uhr abends mit neuer Verteilerkappe und Benzinpumpe Fate verließ und in einen blutroten Sonnenuntergang fuhr, hatte er in groben Zügen skizziert, was er tun würde. Er fand eine Firma, wo er Kameras, Beleuchtung, das ganze Drum und Dran eben, mieten konnte, dann ein paar Kids von einem College am Ort, die schon mal Theater gespielt hatten und meinten, so anders könne es ja nicht sein. Überredete seine aktuelle Freundin, Sally Ann mit den dirigierbaren, der Schwerkraft trotzenden Brüsten, dazu, die Hauptrolle zu übernehmen. Im Verlauf eines Wochenendes in einem Motel in New Braunfels, Zigarettenstangen, Tüten
mit Hamburgern und jede Menge Scotch immer griffbereit, ganz zu schweigen von Sally Ann, schrieb er den Entwurf des Drehbuchs. Die Teufelsweiber vom Mars. Und der Film hatte, bei Gott, alles. Szenen aus dem amerikanischen Kleinstadtleben. Lange Einstellungen des weiten Himmels über Arizona. Spannung. Eine Botschaft. Dekolleté. Von extrem hochhackigen silbernen Stiefeln hochgeschobene Arschbacken. Als Billy an diesem Montag New Braunfels verließ, verkatert in einem Leihwagen, da er den Cad verkauft hatte, um das Geld für die Miete für die Ausrüstung zusammenzubekommen, Sally Ann friedlich schlummernd neben ihm, war er ein neuer Mensch. Jeder auf seinem Weg, El Paso, Las Cruces, Midland-Odessa, Midlothian, Cockrel Hill, Duncanville, bestellte Die Teufelsweiber vom Mars. Am darauffolgenden Wochenende drehten sie das Ding in einem verlassenen Flugzeughangar außerhalb von Fort Worth ab.
    »Der bringt’s selbst heute noch«, sagte Sammy Cash. »Ich bin der Typ, der den Tank füllt, als die Kids bei der Spur-Tankstelle halten. Ich sehe dieses Ding hinten auf dem Pick-up und weiche zurück. Das Publikum bekommt es nicht zu sehen, die haben lediglich meine Reaktion darauf. Der Zapfhahn rutscht aus dem Tankstutzen. Eines der Kids steckt sich eine Zigarette an. Ich war in seinem ersten, ich war in seinem letzten Film. Er ist ein Genie, wissen Sie.«
    Und Billy fing an, die Dinger zu produzieren wie verrückt. Er nahm sich ein Wochenende ein Motelzimmer und kam mit einem Drehbuch wieder raus, dann wurde von Montag bis Mittwoch abgedreht, in der gleichen Nacht und am Tag darauf geschnitten, am späten Donnerstagnachmittag war das Ding im Kopierwerk, und die Welt
bekam es in der Woche darauf zu sehen. Science-Fiction, Horror, Krimis, Gefängnisfilme, Teenie-Filme. Nach Die Teufelsweiber vom Mars erschien Sally Ann weder auf der Leinwand, noch blieb sie lange in Billys Leben. Die meisten Schauspieler waren Amateure, für ein oder zwei Tage von College-oder Gemeindetheaterproduktionen oder von Pornofilmen abgeworben, wobei es nur eine Ausnahme gab, und das war Sammy Cash (wirklicher Name Gordie Ratliff). Er
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