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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld
Autoren: James Sallis
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Weile dauern, bis er wieder genesen ist.«
    »Und Billy Roark?«
    »Die andere Schussverletzung? Was, gehören Sie auch zu dem?«
    »Ich habe mit Sheriff Bates an einem Mordfall gearbeitet. Es hängt alles zusammen.«
    »Oh. Ich verstehe …« Er schaute zum Fenster, zu einer Bahre, die den Korridor hinuntergeschoben wurde, auf der eine Sauerstoffflasche, elektronische Monitore, Infusionspumpen und der deformierte Körper eines jungen Mädchens lagen. Dann sah er mich wieder an. »Mr. Roark ist vor über einer Stunde verstorben.« Er erzählte mir von der Luftröhre, als würde man einen Gartenschlauch in zwei Stücke hacken, dass trotz all unserer Bemühungen am Tatort Roark zu lange keinen Sauerstoff bekommen hätte. Sein Herz war in der Notaufnahme zweimal stehen geblieben. Beim zweiten Herzstillstand war es ihnen nicht mehr gelungen, ihn zu reanimieren. »Tut mir leid. Wir haben getan, was wir konnten.«

    »So merkwürdig es auch immer aussah - wenn man sich in diesem Haus umschaute, ich meine die Art, wie Bill und Sammy zusammenlebten, waren sie doch nur Partner. Enge Partner, aber kein Liebespaar. Manchmal kam es mir fast so vor, als wären sie ein einziges Wesen. Über Jahre. Wie kann etwas nur so schnell völlig aus den Fugen geraten?«
    »Es tut mir leid, Herr Bürgermeister.«
    »Lonnie wird wieder, haben sie gesagt.«
    »Er wird eine Weile aus dem Verkehr gezogen sein. Aber er wird bald genug wieder arbeiten.«
    »Gut. Das ist gut. Ich hätte etwas sagen sollen. Ich wusste es nicht. Ich habe etwas vermutet. Vor allen Dingen …«
    »Vor allen Dingen hofften Sie, dass Ihr Bruder es nicht getan hatte.«
    »Ich wollte ihn nicht verlieren.«
    »Ich verstehe.«
    »Oder dass er sich selbst wieder verlor - was ja mehr oder weniger das ist, was damals passierte. Bevor er ins Krankenhaus ging, meine ich. Er schien in Ordnung zu sein. Ein bisschen still. Dann ist er einfach … abgedriftet. Er war immer ein Energiebündel, hatte ständig fünf oder sechs Projekte gleichzeitig laufen. Der Nervenzusammenbruch oder die Medikamente oder die Elektroschocks, es veränderte ihn. Er kam zurück. Aber er war zu diesem kleinlauten, lammfrommen, herzigen Mann geworden - dem Mann, den Sie kennengelernt haben.«
    Alles, was er sagte, dass sein Film ihnen allen den Stinkefinger gezeigt hätte, erzählte Sammy Cash mir, das stimmt alles nicht. Er hat versucht, einen guten Film zu machen. In seinem Kopf, glaube ich, einen großen Film. Etwas, wegen
dem man sich an ihn erinnern würde. Nachdem er jahrelang am Fließband produziert hatte, hatte ihn der Ehrgeiz, echte Ambition gepackt.
    Und? Hatte er Erfolg?
Schwer zu sagen. Sicher wissen wir nur, dass er da
nach nie wieder einen drehte - weil er exakt das
fertigbrachte, was er mit diesem einen erreichen
wollte, oder weil er begriff, dass es wirklich das Beste
war, was er tun konnte? Ehrgeiz ist ein merkwürdiger
Reiter. Manchmal kann ihn das Pferd, das er sich aus
sucht, nicht tragen.
    Unser Haus?, fragte er plötzlich.
     
    Ja.
     
    Die Inneneinrichtung geht auf mich zurück. Alles andere in unserem Leben ist Billy. Sie haben ja überhaupt keine Vorstellung, wie viel ich für ihn getan habe. Alles. Er war so lieb … Dieser Mann, Hazelwood, er hätte niemals kommen dürfen. Nachdem er gegangen war, war Billy völlig durcheinander. Es gibt nichts, was mich aufhalten kann, sagte er immer und immer wieder, ich könnte zurückgehen, ich könnte wieder arbeiten. Der Ausdruck in seinen Augen war schrecklich. Hazelwood hatte mir gesagt, wo er abgestiegen war. Ich bin dorthin gegangen und habe versucht, mit ihm zu reden. Habe ihm gesagt, wenn Billy ihm wirklich am Herzen läge, dann würde er ihn in Ruhe lassen, doch er wollte nicht zuhören. Was hätte ich denn sonst tun können?
Ich musste ihn aufhalten. Ich konnte nicht zulassen, dass Billy wieder verletzt wurde. Und jetzt … jetzt habe ich Billy unsterblich gemacht, wenigstens ein kleines bisschen, oder nicht? Niemand wird je vergessen, wie Hazelwood gestorben ist. Und wann immer sie daran denken, wird man sich auch an Billys Film erinnern.
    Eine ganze Weile sagte er nichts mehr.
    Es ist schwerer als man denkt, einen Menschen umzubringen.
    Ich nickte, erinnerte mich.
    Sie sterben nicht einfach so. Er schaute auf. Man muss sie immer weiter töten.

    Ich erinnere mich, wie ich im Gefängnis auf meiner Pritsche lag und darauf wartete zu sterben. Ganz klar war ich keiner der bösen alten Jungs. Vom ersten Tag an hatte es verbale
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