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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung
Autoren: L. E. Modesitt
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nicht zu erwähnen. Die Armwunde wirkt nur wie ein Nadelstich. Seine Sinne teilen ihm mit, dass kein Gift im Spiel war.
    Die Soldatin, die am Eingang Wache hält, schüttelt ebenso den Kopf wie die Marschallin Westwinds, bis Creslin in ihre Richtung blickt.

 
VII
     
    F rag nicht, was ein Mann ist,
    dass nur nach Schmeicheleien er strebe
    oder seine Seele dem Wunsch der Frau sich stets ergebe …
    Schließlich ist er nur ein Mann.
    Frag nicht, wie ein Mann sein sollte,
    dass er die Klinge gleich einem Fächer trägt
    und nur das sieht, was seine Herzensdame verlangt.
    Schließlich ist er nur ein Mann …
     
    Das Gelächter der Wachen unten an den Tischen zerrt an Creslins Nerven, doch der fahrende Spielmann fährt mit der weitschweifigen Parodie menschlicher Schwächen fort. Mit jedem Vers knirscht Creslin mehr mit den Zähnen.
    Das Gesicht der Marschallin bleibt ungerührt. Llyse dagegen lächelt, als wäre sie nicht sicher, ob die Darbietung wirklich belustigend sei.
    Der Spielmann, in glänzenden hellbraunen Hosen und einem königsblauen Seidenhemd, springt über das Podium und schwenkt seinen langen Fächer, der einem Schwert gleicht.
    »… aber schließlich ist er nur ein Mann!«
    Tobender Applaus. Der Spielmann verneigt sich in alle Richtungen, ehe er den Fächer beiseite legt, wieder zur Gitarre greift und sich der klatschenden und pfeifenden Menge stellt.
    Creslin hört zu, sieht, dass die silbernen Töne von den Gitarrensaiten aufsteigen. Ihm entgeht auch nicht, wie die Garde auf die traditionelle Ballade von Fenardre dem Großen reagiert. Der junge Mann mit den silberblonden Haaren erinnert sich, diese Worte von einem ebenfalls silberblonden Mann gehört zu haben.
    Der Spielmann ist gut, doch nicht überragend. Creslin wäre beinahe ebenso gut, doch er strebt nicht danach, ein Spielmann zu werden. Auf die Ballade folgt der Applaus eher bescheiden. Der Spielmann neigt den Kopf und lächelt, dann schlägt er einen mitreißenderen Rhythmus an.
    Etliche Wachsoldaten schlagen den Takt mit den Fäusten auf die Tische, als er sie durch die Marschklänge Westwinds führt.
    Creslin genießt die bekannten Weisen, doch fühlt er sich nicht wohl. Immer noch hallt der Refrain des Spottliedes in ihm nach: ›… schließlich ist er nur ein Mann …‹ Ihm wird bewusst, dass die Marschallin ihn beobachtet. Er blickt in ihre dunkelblauen Augen. Doch dann schlägt Creslin den Blick nieder.
    Wieder überkommt ihn der Gedanke, dass er Westwind verlassen muss, um für sich einen eigenen Platz in der Welt zu finden. Aber wie? Und wo? Seine Augen wandern zurück zum Spielmann.
    Dieser verbeugt sich vor der Marschallin, vor Llyse, dem Prinzen und Aemris, der Kommandantin der Garde.
    Als sich das Pfeifkonzert legt, beugt sich die Marschallin nach links und sagt etwas zu Aemris. Diese blickt zu Creslin und dann zum Spielmann. Sie schüttelt kaum sichtbar den Kopf.
    Creslin bemüht sich, die Worte über den Luftstrom, der durch das Feuer im Kamin entstanden ist, herzuholen, aber er vermag nur wenige Worte der Marschallin zu verstehen.
    »… nach Sarronnyn muss er ständig mit dem Risiko einer Herausforderung rechnen. Er wird sein ganzes Können einsetzen müssen.«
    »Wie Ihr wünscht«, sagt Aemris, doch sie klingt nicht freundlich.
    Creslin wünscht, er hätte den ersten Worten zwischen den beiden mehr Aufmerksamkeit geschenkt.
    Die Marschallin steht auf, als sich der Spielmann nähert. »Setz dich zu uns, Rokelle von Hydlen.«
    »Es ist mir eine Ehre.« Rokelle verneigt sich. Er ist älter, als man bei der jugendlichen Figur und Stimme annehmen könnte. Seine Schläfen sind ergraut, und feine Linien umgeben die braunen ausdruckslosen Augen.
    Creslin stören diese falschen Augen, dennoch lächelt er.
    Rokelle setzt sich auf den leeren Stuhl zwischen Llyse und Aemris und greift nach dem Glas, das Llyse für ihn gefüllt hat. »Ah … Singen macht durstig, auch wenn man Erfolg hat.«
    »Und wenn du keinen Erfolg hast?« fragt Aemris.
    »Dann hat man keine Zeit, durstig zu sein.« Rokelle nimmt einen großen Schluck des warmen gewürzten Weins.
    »Gibt es irgendwelche reizvollen Neuigkeiten?« fragt die Marschallin.
    »Es gibt immer Neuigkeiten, Euer Gnaden. Doch wo anfangen? Vielleicht mit den Weißen Magiern. Die große Straße reicht weiter als der Mittelpunkt der Osthörner, und jetzt bauen sie eine Hafenstadt an der Großen Nordbucht, wo sich einst die Stadt Lydiar befand.«
    »Was geschah mit dem Herzog von
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