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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung
Autoren: L. E. Modesitt
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Lydiar?«
    »Was geschieht wohl mit jemandem, der sich den Weißen Magiern widersetzt? Und dem Chaos … und der Zerstörung?« Der Spielmann nimmt noch einen kleinen Schluck und greift nach einer Scheibe weißen Käses vor sich.
    »Und was ist mit denjenigen, die angeblich die Ordnung verehren? Die Schwarzen?«
    Rokelle zuckt mit den Schultern. »Wer weiß das schon? Zerstörung ist nun mal viel einfacher als Ordnung.«
    Einige ältere Wachen haben die Tische unten verlassen, doch die jüngeren Frauen schenken weiterhin Wein aus den Karaffen ein. Creslin lässt die Augen über die Tische schweifen und hofft, Fieras Blondschopf zu erspähen, doch sie ist nicht in der Halle. Die nächsten Sätze überhört er. Dann lauscht er wieder.
    »Ah, ja … die Magier und der Herzog von Montgren scheinen sich geeinigt zu haben, nachdem der Herzog seine Verteidigungsanlagen von Vergren und Landende fertig gestellt hat.«
    »Landende? Auf Recluce?« fragt die Marschallin.
    »Montgren erhebt seit Generationen Anspruch auf Recluce, Euer Gnaden.«
    »Der Anspruch ist bedeutungslos«, erklärt Aemris verächtlich. »Eine große, trockene und öde Insel. Gerade recht für ein paar Fischerdörfer an der Küste.«
    »Es ist gewiss zehnmal so groß wie Montgren«, wirft die Marschallin ein. »Doch weder die Nordlaner noch die Hamoraner haben es geschafft, dass die Kolonien Gewinn abwerfen. Montgrens Anspruch wurde nie bestritten, weil niemand die Insel haben wollte. Der Herzog hat …«
    »Ich dachte, der Herzog von Montgren war mit der Tyrannin von Sarronnyn verbündet«, unterbricht Creslin.
    Aemris und die Marschallin blicken ihn mit eiskalten Augen an.
    »Ist er auch, junger Herr«, erklärt der Spielmann. »Doch Sarronnyn blickte auf ihn herab, weil er ein Mann mit einem ›Tischplatten-Königreich‹ ist. Er ist verärgert, weil die Sarronneser ihn gegen Fairhaven nur symbolisch unterstützen. Er behauptet, als einziger nicht eingebrochen zu sein und mit den Weißen Magiern gemeinsame Sache zu machen.«
    »Stimmt das?« fragt Creslin.
    »Nun.« Der Spielmann lächelt schief. »Er ist auch nur ein Mensch, und wer vermag zu sagen, was wirklich wahr ist? Gewiss ist, dass er Sarronnyn keinen Tribut entrichtet und dass er sein Heer so verstärkt und die Steuern so erhöht hat, dass seine Bauern ihr Land verlassen und nach Spidlar und Gallos ziehen.«
    »Ist es so schlimm?« fragt Aemris.
    Der Spielmann antwortet nicht sofort, sondern trinkt einen großen Schluck lauwarmen Wein.
    Llyse füllt sein leeres Glas.
    »Ihr wisst, was ich weiß«, erklärt Rokelle.
    Die Marschallin nickt bedächtig und blickt Aemris an.
    »Was ist mit Jellico?« fragt Llyse. »Im vorigen Jahr hat ein Reisender berichtet, die Stadt würde wieder aufgebaut.«
    »Sie ist nicht so prächtig wie Fairhaven, aber weit freundlicher zu fahrenden Sängern«, antwortet Rokelle und steckt sich ein Stück Käse in den Mund. »Ihr solltet die Steinmetzarbeiten sehen …«
    Creslin lässt die Worte an sich vorbeigleiten und denkt an das, was er im Laufe des Abends gehört hat: die Wachen, die über die Torheiten der Menschen lachen. Der Herzog von Montgren steht ganz allein gegen die Weißen Magier, von seinen weiblichen Verwandten verspottet. Das Schweigen der Schwarzen Magier. Das Missfallen der Marschallin und Aemris’ über seine Fragen. Unter dem Tisch umklammert er die geschnitzten Armlehnen des Stuhls, doch für alle sichtbar lächelt er freundlich.
    Langsam verebbt die Unterhaltung, und Creslin lehnt sich zurück. Die Marschallin ist gegangen. Ihr Gesicht erschien so ausdruckslos, wie Creslin es noch nie gesehen hat.
    »Morgen beginnst du mit der Schwertübung mit Heldra«, sagt Aemris und steht auf. »Du hast es nötig.«
    Llyse blickt ihren Bruder verblüfft an.
    »Schön, dass ich das erfahre«, sagt Creslin. »Aber schließlich bin ich nur ein Mann.«
    Dann erhebt er sich und sucht sein Zimmer auf. Die Frage, wo der Spielmann übernachtet, überlässt er seiner Schwester.

 
VIII
     
    D ie rothaarige Frau mit den schweren eisernen Armreifen blickt mit zusammengepressten Lippen in den Spiegel. Die Oberfläche verschwimmt, doch kein Bild erscheint. Sie verliert die Konzentration und steckt die Arme in den Eimer neben ihrem Stuhl.
    Das Zischen von Dampf vermengt sich mit ihrem Seufzen.
    Später zieht sie die Kämme aus dem langen roten Haar und blickt auf das Miniaturporträt von sich, das auf dem prachtvoll geschnitzten Schreibtisch steht. Ryessa hatte darauf
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