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TS 72: Das Erbe von Hiroshima

TS 72: Das Erbe von Hiroshima

Titel: TS 72: Das Erbe von Hiroshima
Autoren: Clark Darlton
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gemacht, als wolle er danach greifen, aber dann begriff sein Verstand erst, was seine Augen sahen.
    Mit offenem Mund sah er dem plötzlich gewichtslos gewordenen Gegenstand nach, der eine kleine Runde durch das Zimmer flog und dann gehorsam auf den Tisch zurückkehrte. Mit einem harten Ruck landete er.
    Der Präsident war blaß geworden.
    „Was ist das für ein Trick, Herr Professor?“ Er zwinkerte und bemühte sich, sein Erschrecken zu verbergen. „Schwerelosigkeit, nicht wahr?“
    „Telekinese!“ schüttelte Oberhauser den Kopf. „Sehen Sie dort, die zweite Kostprobe …“
    Der in der Ecke stehende Safe, ein wuchtiger Stahlblock, stand nicht mehr fest auf dem Boden, sondern schwebte zehn Zentimeter darüber. Jetzt zwanzig und dann dreißig Zentimeter. Er glitt, scheinbar ohne ein Gewicht zu besitzen, auf die geöffneten Fensterflügel zu, machte kurz davor halt und kehrte dann an seinen Platz zurück. Das alles dauerte keine Minute.
    „Phantastisch!“ hauchte der Präsident – und stieß plötzlich einen erschreckten Schrei aus. Oberhauser sah zu seinem Erstaunen, daß der Herr des Weißen Hauses aus seinem Sessel gehoben wurde und der Decke entgegenschwebte. Aber nur einen halben Meter dauerte dieser unfreiwillige Flug, dann setzte die unsichtbare Hand ihn wieder wohlbehalten in den Sessel zurück.
    Fast gleichzeitig machte sich der goldene Schreibstift selbständig, ebenso ein weißes Blatt mit dem Kopf des Regierungsoberhauptes. Mit tödlicher Sicherheit fanden beide Gegenstände zueinander – und der Schreibstift zauberte Buchstaben auf das Papier.
    Das kam selbst für Oberhauser überraschend.
    Beide Männer starrten auf die ungelenken Blockbuchstaben, die zu Worten wurden. Die Botschaft aus dem Nichts lautete:
    „Sorgen Sie dafür, daß ich das einzige Exemplar meiner Rasse bleibe, oder Ihre Zivilisation hat nur eine kurze Galgenfrist. Um exakt zu sein: knapp fünfzig Jahre!“
    Der Präsident starrte mit bleichem Gesicht auf die Geisterschrift. Oberhauser beobachtete ihn aufmerksam.
    „Ahnen Sie die Gefahr, Herr Präsident? Es gibt keine Geheimnisse mehr, die Sie vor den Augen Neugieriger verbergen können. Sie selbst – und damit jeder Mensch – kann Hunderte von Metern emporgehoben werden, ohne daß es eine Gegenwehr gibt. Ein Sturz aus dieser Höhe bedeutet den Tod. Sämtliche Atombomben der Welt können in einer einzigen Sekunde zur Detonation gebracht werden.
    Ich hoffe sehr, daß Sie die notwendigen Konsequenzen aus dieser Erkenntnis ziehen werden.“
    Es war, als erwache der Präsident aus einem Traum. Er nickte geistesabwesend, aber dann kam der harte Glanz in seine Augen zurück. Er verkrampfte die Hände, die Knöchel wurden weiß.
    „Es kann keine einseitige Aufgabe der atomaren Bewaffnung geben, Professor Oberhauser. Das würde Selbstmord bedeuten. Sie wissen das genauso gut wie ich.“
    „Ich werde dafür sorgen, daß der Ministerpräsident der Sowjetunion auf gleiche Weise Kenntnis von den Dingen erhält, wie es bei Ihnen geschah. Sie sollten sich noch morgen mit ihm in Verbindung setzen. Die Mächte dieser Welt haben einen gemeinsamen Feind erhalten: ihre Nachkommen!“
    „Ich werde alles tun, was Sie für richtig halten“, sagte der Präsident leise. In seiner Stimme jedoch lag nur wenig Hoffnung.
     
    *
     
    Sie saßen in Bob Brittens Wohnung beisammen: Professor Oberhauser, Lex Harnahan, Professor Prexler, Ann und ihr Vater. Marry Britten erfüllte still ihre Pflicht als Gastgeberin.
    Oberhauser sagte dumpf:
    „Wir haben verloren.“
    „Vielleicht sollten wir feststellen: die anderen haben verloren“, machte Lex den Versuch, optimistischer zu sein. „Die Sowjetunion behauptet, die mysteriöse Miß Smith sei ein Trick der USA, um die überlegene Stellung der UdSSR zu erschüttern. Die USA hingegen glauben, das Phänomen der Telekinese sei einmalig und werde sich kaum wiederholen. Kurz: die Versuche werden weitergeführt.“
    „Wir sollten drastischer werden“, empfahl Bob Britten wütend. „Ann sollte ihnen zeigen, wozu sie fähig ist.“
    „Gewalt widerstrebt mir, Dad. Mit Gewalt ist kein Friede zu erreichen. Wir können es nicht verhindern, daß im Laufe der kommenden Generationen neue Mutationen entstehen, neue Übermenschen, darunter auch solche, die ihre Überlegenheit zu ihrem eigenen Nutzen verwerten werden.“
    „Noch wissen wir nicht, ob es sich um Mutationen handelt“, warf Prexler in die Diskussion. „Zwar hat sich die Zunahme an Telepathen in den
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